Hängende Köpfe: Bei Borussia Mönchengladbach um Martin Stranzl (r.) herrscht nach dem 1:3 im Playoff-Hinspiel zur Champions League gegen Dynamo Kiev Katerstimmung
Hängende Köpfe: Bei Borussia Mönchengladbach um Martin Stranzl (r.) herrscht nach dem 1:3 im Playoff-Hinspiel zur Champions League gegen Dynamo Kiev Katerstimmung

"Vielleicht sind wir noch nicht so weit"

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Mönchengladbach - Der große Traum von der erstmaligen Teilnahme an der Champions League droht zu platzen. Nach der 1:3-Heimniederlage gegen Dynamo Kiev im ersten Playoff-Spiel sind die Chancen von Borussia Mönchengladbach auf das Erreichen der Gruppenphase deutlich gesunken. Nach dem Spiel stellte sich Innenverteidiger Martin Stranzl zum Interview.

Frage: Herr Stranzl, die Borussia hat das Champions-League-Playoff gegen Dynamo Kiev mit 1:3 verloren. Wie groß ist die Enttäuschung?

Martin Stranzl: Natürlich ist die Enttäuschung groß. Wir hatten das große Ziel Qualifikation für die Gruppenphase Champions League. Auf der anderen Seite wussten wir auch um die Schwere der Aufgabe. Jetzt müssen wir das Ergebnis verarbeiten und in der Bundesliga den Rhythmus finden und die Punkte holen.

Frage: Was ist schief gelaufen?

Stranzl: Es ist passiert, wovor ich immer gewarnt habe. Wir haben das Spiel im Griff, führen 1:0, haben die Möglichkeit zum 2:0. Dann bekommen wir unglücklich den Ausgleich. Danach ist der ein oder andere nervös geworden. Und dann machen wir Fehler, die international eiskalt ausgenutzt werden und liegen 1:2 hinten. So ist der Fußball auf diesem Niveau. Dann wird es schwierig.

Frage: Der Spielverlauf hätte ja aus einem Drehbuch stammen können, wie es laufen muss. Gut angefangen, geführt. Dann kam der Bruch. Was war die Ursache dafür?

Stranzl: Im Fußball gibt es kein Drehbuch. Wir haben wie gesagt ein unglückliches Gegentor bekommen. Das ist uns auch schon in der Bundesliga passiert. Vielleicht ist der eine oder andere danach zu hektisch geworden und wollte das zweite Tor erzwingen. Dadurch haben wir dem Gegner die Bälle unnötig in den Fuß gespielt. Wir hätten ruhig bleiben müssen, schließlich hatten wir noch 45 Minuten. Das darf man nie vergessen.

Frage: Hat es daran gelegen, dass die neuen Spieler noch nicht so integriert und mit Borussias System vertraut sind, wie es auf dem Niveau sein müsste?

Stranzl: Bis die neuen Spieler richtig integriert sind, braucht es seine Zeit. Wir haben jetzt vor dem Bundesliga-Start bereits Pokal und Champions-League-Qualifikation gespielt. Normalerweise braucht man seine fünf, sechs Spiele, um seinen Rhythmus zu finden. Aber diese Zeit haben wir nicht. Phasenweise hat es ganz gut geklappt. Aber wenn Du dann auf dem Niveau Fehler in der Vorwärtsbewegung machst, wird es schwierig und Du wirst bestraft. Wir werden das Spiel aufarbeiten und daraus lernen.

Frage: Braucht es jetzt nach dem 1:3 ein Wunder in Kiev?

Stranzl: Unmöglich ist es nicht, wenn Dir ein schnelles Tor gelingt. Dann hast Du noch Möglichkeiten. Aber man hat gesehen, dass Kiev sehr massiv steht. Sie haben die Qualität, im entscheidenden Moment den Rhythmus zu unterbrechen und den Spielfluss rauszunehmen. Dann spielen sie hintenrum und beruhigen das Spiel. Im nächsten Moment geht es dann wieder schnell nach vorne. Das machen sie gut. Deswegen haben wir 1:3 verloren, auch wenn man sagen muss, dass alle drei Tore vermeidbar waren.

Frage: Was nehmen Sie dennoch Positives aus dem Spiel mit?

Stranzl: Wir haben gesehen, dass wir auch gegen solche Mannschaften unsere Möglichkeiten bekommen, wenn man die Räume richtig anläuft und sie dementsprechend unter Druck setzt. Man kann solche Situationen erzwingen. Und uns dürfen solche Fehler wie vor dem zweiten Tor einfach nicht passieren. Das müssen wir noch lernen. Dann sind wir wieder einen Schritt weiter.

Frage: Hat die Borussia gegen Kiev Lehrgeld bezahlen müssen?

Stranzl: Ich weiß nicht, was der ein oder andere erwartet oder sich vorgestellt hat, was heute hier los ist. Wir hatten eine Superstimmung und eine tolle Atmosphäre. Alles war angerichtet. Jeder Spieler hat sein Bestes versucht und gegeben. Der ein oder andere hat sich dann wie gesagt vielleicht nach dem Gegentor in etwas hineingesteigert und wollte es erzwingen. Wir hätten da clever sein und abgebrühter reagieren müssen. Aber das haben wir nicht, weil wir diese Erfahrung als Mannschaft noch nicht gesammelt haben, wie man in so einer Situation spielen muss. Das haben uns andere Mannschaften voraus. Deswegen müssen wir dazulernen und die Fehler abstellen.

Frage: Wie haben Sie Luuk de Jong gesehen, dem das Eigentor zum 1:3 unterlaufen ist? Wie tragisch war das?

Stranzl: Das ist im Sport so. Es gibt Höhen und Tiefen. Er hat sich das auch sicher anders vorgestellt. Wir haben als Mannschaft 1:3 verloren, es ist kein Einzelner auf dem Platz, der die Tore schießt oder die Siege holt. Er wird schon noch seine Tore machen.

Frage: Hätte die Borussia-Elf der vergangenen Saison besser gegen Kiev abgeschnitten?

Stranzl: Das ist hypothetisch. Wir hatten einige wichtige Abgänge. Die neuen Spieler brauchen eine gewisse Zeit. Wir müssen jetzt schnell in die Spur finden, die Basis ist ja da.

Frage: Würden Sie sich auch auf die Europa League freuen?

Stranzl: Wichtig ist, dass wir international dabei sind. Champions League wäre das I-Tüpfelchen. Europa League ist auch schön. Vielleicht ist es auch noch zu früh für die Champions League, vielleicht sind wir als Mannschaft noch nicht so weit, auch wenn sich das der Verein und die Fans wünschen.

Frage: Am Samstag wartet zum Bundesliga-Start Hoffenheim auf die Borussia. Wird es eine schwierige Aufgabe, den Kopf am Samstag wieder freizubekommen?

Stranzl: Nein. Wir müssen es einfach. Das Spiel ist vorbei. Das sagt der Trainer auch immer wieder: Egal, wie das Spiel ausgeht. Wir müssen es schnell aufarbeiten und abhaken. Am Samstag ist schon wieder Bundesliga. Das internationale Spiel ist vorbei, das können wir nicht mehr zurückholen. Auch wenn das Ergebnis gegen Kiev sehr enttäuschend ist, müssen wir das Spiel abhaken und versuchen, ein positives Ergebnis in der Bundesliga zu erzielen. Die Bundesliga ist das Hauptgeschäft. Darauf liegt unser Augenmerk. Darüber qualifizierst Du Dich für die kommende Saison. Am Samstag müssen wir Gas geben. Wir müssen schnell die Birne freikriegen, damit wir gegen Hoffenheim ein gutes Ergebnis erzielen können.

Aufgezeichnet von Tobias Gonscherowski