Dieter Hoeneß arbeitet seit 1997 als Manager bei Hertha
Dieter Hoeneß arbeitet seit 1997 als Manager bei Hertha

"Viele reiben sich die Augen"

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Die jüngere Geschichte von Hertha BSC ist auch die Geschichte von Dieter Hoeneß. 1997 hat er in der Hauptstadt als Manager angefangen. Und in all den Jahren hat Hoeneß oft davon gesprochen, dass es sich bei der Hertha um einen schlafenden Riesen handele und die Meisterschaft mit den Berlinern ein Traum wäre.

Nun, eineinhalb Jahre vor Hoeneß' Dienstende bei der Hertha, schickt sich der Riese an, so richtig wach zu werden. Sogar Träume könnten 2009 wahr werden. Aber langsam. Die Hertha ist zwar zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in der Rückrunde Tabellenführer, doch Hoeneß neigt nicht dazu, die Euphorie weiter zu schüren.

"Wir werden alles probieren, und am Ende wird man sehen, was dabei herauskommt", sagt er, "wenn wir das durchhalten, können wir oben dranbleiben. Aber man muss realistisch sein und erkennen, dass andere Teams individuell besser besetzt sind."

Weiter im Windschatten

Hoeneß sieht sein Team "nach wie vor als Verfolger, und in dieser Rolle fühlen wir uns wohl. Der Windschatten der anderen ist noch da". Auch wenn die Tabelle momentan etwas anderes aussagt. Die aktuelle Lage ist auch für Hoeneß selbst Bestätigung seiner Arbeit in der Hauptstadt. "Viele wundern sich jetzt und reiben sich die Augen" - was ja irgendwie auch kein Wunder ist.

Jahrelang gehörte die Hertha zu den Clubs mit Potenzial, die am Ende aber eigentlich immer im Mittelfeld landeten. Nun hat sich allem Anschein nach der Wind gedreht. Und das hat sehr viel mit Lucien Favre zu tun. Vor eineinhalb Jahren hat Hoeneß den Schweizer nach Berlin gelotst und ihm als Antrittsgeschenk viel Zeit mit auf den Weg gegeben. Zeit, um eine Mannschaft nach seinen Vorstellungen aufzubauen.

"Wir haben den Charakter der Mannschaft geändert"

Das ist ein hehrer Plan, der nicht selten daran scheitert, dass sich langfristige Pläne und kurzfristige Erfordernisse - positive Ergebnisse - manchmal nicht in Einklang bringen lassen. In Berlin scheint die Sache mit der Geduld aber aufzugehen. Der Trainer hat viele Köpfe der Mannschaft ausgetauscht und unter anderem damit auch einen bemerkenswerten Gesamteffekt bewirkt. "Wir haben den Charakter der Mannschaft ändern können", resümiert Hoeneß heute.

Zugegeben, die Hertha spielt nicht den mitreißendsten Fußball der Liga. Favre hat ihr andere Stärken eingebläut: Teamgeist, taktische Disziplin, Effektivität. Und - auch das ist Favre hoch anzurechnen - der Coach hat es geschafft, einzelne, auch altgediente Spieler weiterzuentwickeln. Diese Komponenten haben die Hertha nach 20 Spieltagen an die Spitze der Liga gebracht.

"Exzellenter Trainer"

"Wir haben einen exzellenten Trainer geholt. Es ist einmalig, wie sich die Mannschaft Woche um Woche entwickelt und zusammenhält", erklärt Hoeneß.

Der Manager und der Trainer passen ganz offensichtlich gut zusammen. In Favre hat Hoeneß endlich den Mann gefunden, der seine Vision umsetzen kann. Die Idee, wie Hertha nach vorn kommen könne, sei schon vor Favre da gewesen, sagt Hoeneß. "Es ging nur darum, die Idee mit Personen zu besetzen."

Erfüllte und offene Ziele

Bis zum Sommer 2010 bleibt Hoeneß noch Zeit, sein Lebenswerk als Manager bei der Hertha abzurunden. Dann wird er seinen Posten räumen. Er hat den Verein wie kein anderer geprägt in den zurückliegenden zwölf Jahren und aus einem mäßig interessanten Zweitligisten einen etablierten Erstligisten gemacht.

"Einstelliger Tabellenplatz, Uefa-Cup-Teilnahme, Champions League", so lauten die Zielsetzungen im Drei-Jahresplan für Favre. Könnte klappen. Wenn mehr daraus wird, wird es keinen stören in Berlin. Dieter Hoeneß am allerwenigsten.

Michael Gerhäußer