Torwart Frank Rost war gegen Werder der mit Abstand beste HSV-Spieler
Torwart Frank Rost war gegen Werder der mit Abstand beste HSV-Spieler

Viel Frust und eine Kampfansage

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Es war schon ein imposantes Bild, als die Fans des Hamburger SV vor dem Anpfiff der Partie gegen Werder Bremen ein überdimensionales HSV-Logo über die gesamte Nordkurve entrollten. "22 Jahre ließen uns nicht aufhören zu träumen", stand darunter in englischer Sprache auf einem Spruchband. So lange warten die Hamburger nun schon auf ein großes Finale.

Während manch ein Spieler vor dem Anpfiff respektvoll auf die blau-weiß-schwarze Wand schaute, dürften sich viele Fans auf den Rängen über die Startaufstellung der "Rothosen" für das DFB-Pokal-Halbfinale die Augen gerieben haben.

"Da haben wir gewonnen"

Denn Trainer Martin Jol ließ seine drei Paradestürmer Mladen Petric, Ivica Olic und Paolo Guerrero zusammen auflaufen, wobei letztgenannter als hängende Spitze, als eine Art Spielmacher, agierte.

"Wir haben das gegen Bremen auch so bei unserem Bundesliga-Heimspiel gemacht. Da haben wir gewonnen", erklärte Jol die Maßnahme, zu der er in dieser Saison bislang recht selten gegriffen hatte.

Der Traum ist geplatzt

Nationalspieler Piotr Trochowski war Opfer dieser Taktik und musste sich mit einem Platz auf der Reservebank begnügen. Doch die Taktik ging nicht auf. Der Traum vom ersten großen Finale seit 22 Jahren zerplatzte erst im Elfmeterschießen, entsprechend groß war die Enttäuschung.

"Werder Bremen war gerade im Mittelfeld überlegen und in der ersten Halbzeit konnten wir diese Spielweise kaum unterbinden. Dann kam noch die Rote Karte von Jarolim dazu, das hat uns doppelt hart getroffen. Mit zehn Mann haben wir dann tapfer dagegen gehalten und die Jungs haben noch einmal alles aus sich herausgeholt, aber es sollte am Ende nicht sein", analysierte Jol.

"Wir haben einen großen Aufwand betrieben und sind dafür nicht belohnt worden. Über dieses Ausscheiden müssen wir jetzt erst einmal eine Nacht schlafen. Wir waren knapp dran und es tut mir für unsere Fans besonders leid. Unser Traum vom Finale in Berlin ist in diesem Jahr leider geplatzt", sagte Trochowski nach dem Spiel.

Kampfansage an Werder

Die erste von drei Titelchancen ist also vertan, jetzt bleiben die Meisterschaft und der UEFA-Pokal. Dort kommt es schon in der kommenden Woche im Halbfinal-Hinspiel erneut zum Nordderby gegen Werder.

Guy Demel gibt nach dem Krimi am Mittwoch schon einmal eine Kampfansage an den Nachbarn aus. "Wir brauchen uns jetzt nicht vor Werder verstecken und müssen im UEFA-Pokal gewinnen", forderte der Rechtsverteidiger.

Petric fällt aus

Dass sich die Niederlage im ersten Derby für das UEFA-Pokal-Hinspiel in der kommenden Woche auf die Psyche der Spieler auswirken könnte, daran glaubt Jol nicht: "Die Situation ist dieselbe. Es ändert sich nichts. Ich finde nicht, dass wir jetzt einen Nachteil haben."

Doch für die Revanche wird den Hamburgern ein ganz wichtiger Spieler fehlen: Mladen Petric. Bei einem Schussversuch des Stürmers im Bremer Strafraum traf ihn Naldo unglücklich am linken Schienbein. Die Folge war eine lange Risswunde, die später im Krankenhaus mit acht Stichen genäht werden musste. Laut Trainer Jol "fällt Petric jetzt zwei bis drei Wochen aus."

Jol verliert den Humor nicht

Der Aufreger des Spiels war aber der Platzverweis von David Jarolim, der Mesut Özil direkt vor der Bremer Bank von den Beinen geholt hatte. Es kam zu einer Rudelbildung, weil Werder-Trainer Thomas Schaaf angeblich die Rote Karte gefordert haben soll.

"Das Foul passierte sehr nahe an der Außenlinie, da hätte ich keine Rote Karte gegeben, denn Jonathan Pitroipa war mitgelaufen und hätte Özil noch bremsen können", sagte HSV-Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer.

So schlichen die HSV-Spieler am Ende frustriert in die Kabine, kein Lächeln huschte über die gezeichneten Gesichter. Bei all dem Frust verlor Trainer Jol aber nicht seinen Humor. "Im Elfmeterschießen waren die Spezialisten wie Petric, Jarolim und Guerrero schon draußen. Vielleicht hätte ich einen Elfmeter schießen sollen", sagte der sympathische Niederländer.

Aus Hamburg berichtet Michael Reis