182 Mal hat Ulf Kirsten in der Bundesliga getroffen. In der ewigen Torjägerliste belegt der frühere Leverkusener den 5. Platz
182 Mal hat Ulf Kirsten in der Bundesliga getroffen. In der ewigen Torjägerliste belegt der frühere Leverkusener den 5. Platz

Ulf Kirsten: "Die Enttäuschung saß tief"

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Köln - Neben dem WM-Finale gibt es wohl keine Partie, die die Fußballfans rund um den Globus mehr in ihren Bann zieht als das Finale der Champions League. Ulf Kirsten weiß, wie es sich anfühlt, wenn alle Augen auf einen gerichtet sind, 2002 stand er mit Bayer Leverkusen im Finale gegen Real Madrid.

Bei bundesliga.de erinnert sich Bayers Rekordtorschütze an die Niederlage in Glasgow, "das letzte große Spiel" seiner Karriere, das auch erheblichen Einfluss auf die nachfolgende Saison hatte.

Ulf Kirsten: Die Situation damals war anders als heute. Wir haben am Wochenende das DFB-Pokalfinale gegen Schalke mit 2:4 verloren und sind erst am Montag nach Glasgow geflogen. Damals war das Finale noch mittwochs. Es blieb also kaum Zeit zur Vorbereitung auf Real Madrid.

bundesliga.de: Nach einer starken Saison und der Chance aufs Triple waren vor dem Spiel die Titel in Meisterschaft und Pokal schon verpasst. Wie zuversichtlich war die Mannschaft, es gegen Real dennoch zu packen?

Kirsten: Real Madrid war der klare Favorit. Wir hatten im Verlauf der Champions-League-Saison aber schon einige große Mannschaften bezwingen können. Im Viertelfinale gegen Liverpool oder im Halbfinale gegen Manchester United waren wir auch schon der Außenseiter. Wir wussten: An einem guten Tag können wir jedes Team schlagen. Deshalb waren wir uns sicher, dass wir auch gegen Real unsere Chancen bekommen würden.

bundesliga.de: Sie standen in Glasgow nicht in der Startelf. Wann haben sie erfahren, dass Sie nicht von Beginn an dabei sind?

Kirsten: Ich hatte ehrlich gesagt schon damit gerechnet. Ich war vier Tage zuvor in Berlin auch nur eingewechselt worden. Im Olympiastadion traf ich zum 2:4-Endstand. Große Hoffnungen machte ich mir für Glasgow trotzdem nicht. Schlechte Stimmung habe ich deswegen aber nicht verbreitet. Bei so einem Spiel zählt nur der Erfolg der Mannschaft. Ich wurde in der 65. Minute eingewechselt und war genauso motiviert, als wenn ich in der Startelf gestanden hätte. Leider traf ich diesmal nicht als Joker.

bundesliga.de: Leverkusen unterlag in dem großartigen Endspiel mit 1:2. Wie haben Sie den Spielverlauf erlebt?

Kirsten: Wir waren die gesamten 90 Minuten ebenbürtig, vielleicht sogar einen Tick besser. Wir haben nur unsere Chancen nicht genutzt und dieser unglaubliche Seitfallzieher von Zinedine Zidane hat letztendlich das Finale entschieden. Vielleicht wäre es anders ausgegangen, wenn sich Reals Torhüter Cesar Sanchez nicht verletzt hätte. Für ihn wurde Iker Casillas eingewechselt, der damals bei Madrid nur die Nummer 2 war. Casillas hielt überragend. Bei Sanchez wäre vielleicht eher noch einer reingegangen.

bundesliga.de: Wie haben Sie die Niederlage verarbeitet?

Kirsten: Die Enttäuschung über die drei verpassten Titel saß tief. Das hatte auch große Auswirkung auf die nächste Saison, als wir fast abgestiegen wären. Wir hatten zwar einige wichtige Spieler abgegeben, aber für einen Platz im oberen Drittel hätte es trotzdem reichen müssen. Für mich war die Spielzeit doppelt bitter, denn ich machte aufgrund einer Borreliose nach einem Zeckenbiss nur noch drei Bundesliga-Spiele und musste meine Karriere beenden.

bundesliga.de: Haben Sie noch ein Andenken an das Finale, vielleicht ein Trikot?

Kirsten: Nein, nach so einer Niederlage war mir nicht nach einem Trikottausch zumute. Auch meine Ehrenmedaille habe ich sofort abgenommen und verschenkt. Die hat mein Sohn bekommen, der damals auf der Tribüne saß. Die Partie in Glasgow war das letzte große Spiel meiner Karriere. Leider ohne Happy End.

Das Gespräch führte Florian Reinecke