Der späte Ausgleich: FC Augsburgs Jan-Ingwer Callsen-Bracker verwandelt den Elfmeter gegen 96-Schlussmann Ron-Robert Zieler zum 2:2-Endstand
Der späte Ausgleich: FC Augsburgs Jan-Ingwer Callsen-Bracker verwandelt den Elfmeter gegen 96-Schlussmann Ron-Robert Zieler zum 2:2-Endstand

Über die Kür die Pflicht vergessen?

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Hannover - Die Kür im Kopf und die Pflicht vor der Brust - eine Situation wie diese birgt Gefahren. Mithin stellt sich die Frage: Lag's daran, dass Hannover 96 - am Donnerstag in Lüttich als Tänzer auf europäischer Bühne gefordert - gegen Bundesliga-Kellerkind FC Augsburg darauf verzichtete, eine kesse Sohle auf den Rasen zu legen?

Vertraten Jan Schlaudraff, Mame Diouf & Co. etwa die Auffassung, dass ein langsamer Walzer genügen würde, um beim abstiegsbedrohten Gast aus Schwaben Schwindelgefühle zu erzeugen?

Hadern mit den vergebenen Punkten

Die Ausführungen von Mirko Slomka in der Pressekonferenz ließen sich in diesem Sinne interpretieren. "Es war im Vorfeld zu spüren, dass viele Gedanken Richtung Lüttich gehen", sagte der Coach und fügte hinzu: "Bei mir beginnt das erst morgen." Später referierte der 44-Jährige über die Ohnmacht des Fußballlehrers: "Man kann als Trainer predigen, was man will vor so einem Spiel am Donnerstag, auf das jeder schon fokussiert ist hier im Club. Man kann warnen, hin und her, es nützt nichts."

Karim Haggui sah das anders. "Wir haben ein Ziel", konterte der Innenverteidiger, der nach einer Ecke von Christian Pander per Kopf zum zwischenzeitlichen 1:1 getroffen hatte. "Und wenn sich zuhause die Möglichkeit bietet, Platz 6 zu erreichen, denkt keiner schon an Donnerstag."

Das missglückte Überholmanöver im Fernduell mit den in Berlin 0:1 unterlegenen Werderanern rief Slomka nochmals als Kritiker auf den Plan. "Wir haben die Möglichkeit heute vertan, vor Bremen zu stehen", klagte 96-Coach. "Wir spielen ja nächste Woche dort. Insofern wäre es eine Superchance gewesen, den Druck auf Werder zu erhöhen. Jetzt müssen wir in Bremen gewinnen, um an ihnen vorbeizuziehen. Das ist schwer genug."

Neuzugang in starker Form

Zunehmend als Glücksgriff erweist sich die Verpflichtung von Mame Diouf. Der zwar nicht filigrane, aber ungemein dynamische Senegalese belebt Hannovers Sturmspiel und geht auch erfolgreich auf Torjagd. Sein Kopfball, der zur vorübergehenden 2:1-Führung im FCA-Kasten landete, war der bereits dritte Treffer des Angreifers im 96-Trikot. Auch den bejubelte Diouf mit einem Flickflack, wie schon zuvor die Tore beim 4:2-Heimsieg in der Meisterschaft gegen den VfB Stuttgart und beim 1:0 in der Europa League im Rückspiel in Brügge.

"Wenn man ein Tor schießt und nicht gewinnt", sagte der Frontmann nach dem , "ist man ein bisschen frustriert und enttäuscht." Dann aber legte der Winterzugang den Schalter um und lobte die positive Einstellung seiner Mannschaft. "Wir haben trotzdem gut gespielt und füreinander gekämpft." Dass Schiedsrichter Markus Schmidt aus Stuttgart eine Attacke von Christian Schulz im Strafraum an Joker Marcel Ndjeng kurz vor dem Abpfiff als elfmeterwürdiges Foul wertete und so Augsburg den Ausgleich ermöglichte, "müssen wir akzeptieren". Jetzt gelte es, "an die nächste Aufgabe zu denken."

"Tore zu schießen ist meine Aufgabe"

Bei Standard Lüttich sieht der von Manchester United nach Hannover gekommene senegalesische Nationalspieler seine neue Mannschaft keinesfalls chancenlos. "Wir müssen einfach zu 100 Prozent konzentriert sein und uns die Woche über gut vorbereiten", forderte er. "Wir haben fünf Tage Zeit bis zum Anpfiff und müssen jeden Tag im Training alles geben. Wenn wir uns richtig fokussieren können und alle an einem Strang ziehen, werden wir da schon etwas holen."

Weil Mame Diouf erneut als Flickflack schlagender Torschütze in Aktion treten wird? "Warum nicht", antwortete der 24-Jährige. "Ich bin Stürmer, Tore zu schießen ist meine Aufgabe. Ich werde immer mein bestes geben, und wenn ich das Ding rein mache, kann ich dem Team am wirkungsvollsten helfen."

Aus Hannover berichtet Reinhart Kruse