Danijel Pranjic erzielte sein erstes Tor für den FC Bayern
Danijel Pranjic erzielte sein erstes Tor für den FC Bayern

Turin verleiht Flügel

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Im Börsenjargon würde man sagen: Der Turnaround ist geschafft. Beim FC Bayern war das initiale Ereignis für die Wende zum Positiven ganz eindeutig das überragende 4:1 in Turin.

Nun folgte am Samstag ein ebenso beeindruckendes 5:1 in Bochum, was zur Folge hat, dass am letzten Spieltag der Hinrunde sogar noch die Herbstmeisterschaft für die Münchner drin ist.

Nun Tabellendritter

Als Bayern-Coach Louis van Gaal nach dem Sieg in Bochum gefragt wurde, warum die Mannschaft jetzt so richtig in Fahrt komme, antwortete der Niederländer verschmitzt: "Ich habe Uli Hoeneß ja schließlich die Herbstmeisterschaft versprochen und den Neu-Präsidenten will man ja nicht enttäuschen."

Mit dem Sieg in Bochum überholte der Rekordmeister Konkurrent Werder Bremen in der Tabelle und liegt nur noch einen Punkt hinter dem Tabellenzweiten Schalke. Auf die immer noch ungeschlagenen Leverkusener sind es nur noch zwei Zähler.

Woran liegt die Wende?

Der Bayern-Trainer ist mehr als zufrieden mit der vergangenen Woche: "Ich habe gesagt, dass es schwierig sein würde, nach so einem Sieg wie bei Juventus Turin innerhalb von drei Tagen den Fokus wieder auf das nächste Spiel zu richten. Meine Spieler haben das aber geschafft, darüber bin ich sehr froh."

Doch woran liegt es, dass die Bayern nach dem schlechtesten Saisonstart seit 43 Jahren nun doch wieder dort stehen, wo Fußball-Deutschland es von ihnen erwartet? Ein Blick in die Statistik gibt Aufschluss: Ausschlaggebend ist natürlich erst einmal die verbesserte Punktausbeute. Holten die Münchner aus den ersten acht Spielen magere 12 Punkte, erspielte man sich an den Spieltagen 9 bis 16 insgesamt schon 18 Punkte und hat somit zusammen mit Dortmund in dem Zeitraum die meisten Zähler geholt.

Chancenverwertung hat sich verbessert

Besonders in der Chancenverwertung haben sich die Bayern deutlich verbessert. Bei nahezu gleicher Anzahl an Torchancen (Spieltag 1-8: 110 Torschüsse, Spieltag 9-16: 108) nutzten die Münchener in den vergangenen Spielen satte 18,2 Prozent ihrer Möglichkeiten (Spieltag 1-8: 14,9 Prozent). Auch die gewonnenen Zweikämpfe sind im zweiten Teil der bisherigen Hinrunde von 47,5 Prozente auf 52,7 Prozente angestiegen.

Aber auch an einzelnen Spielern ist die aufsteigende Form festzumachen. Gerade die Münchener Offensivabteilung ist in Schwung gekommen. Mario Gomez entwickelt sich immer mehr zum Torschützen vom Dienst. Er traf in allen vier vergangenen Bundesligaspielen - und auch in Turin.

"Wir haben jetzt den Rhythmus gefunden. Wir spielen sehr gut und schießen auch die Tore. Wir haben lange Zeit gebraucht. Wir hatten viele neue Spieler, wir hatten einen neuen Trainer, wir hatten ein neues System - das war alles nicht so einfach", erklärt Gomez. Nun aber läuft es. "Wir sind auf einem guten Weg."

Erfolge schweißen zusammen

Auch Gomez' Sturmpartner, der Kroate Ivica Olic, glänzte in den Spielen gegen Turin und Bochum. "Ivi ist ein positiv Verrückter. Er gibt immer Vollgas. Manchmal steht er neben mir und ich denke, er stirbt gleich. Dann zieht er wieder 40 Meter zum Sprint an. Er ist ein Phänomen und ein super positiver Kerl", berichtet Gomez.

Ebenso ließ Arjen Robben seinen offensiven Spielwitz in Kurzeinsätzen nach seiner hartnäckigen Verletzung wieder aufblitzen und dürfte das Bayern-Spiel in Zukunft noch gefährlicher machen. Auch Franck Ribery brennt darauf, aufs Spielfeld zurückzukehren.

Die positive Entwicklung im Team unterstreicht auch Philipp Lahm, der vor wenigen Wochen noch sehr kritisch war: "Erfolge sind immer enorm wichtig, dadurch wächst auch die Mannschaft immer mehr zusammen", betonte der Führungsspieler. "Man muss konstant gut Fußball spielen, und das haben wir am Anfang der Saison nicht getan. Wenn wir gegen Berlin gewinnen, ist sicherlich in der Rückrunde alles möglich."

Herbstmeisterschaft noch möglich

Sollte der FC Bayern München sein letztes Hinrundenspiel gegen den Tabellenletzten gewinnen und Spitzenreiter Leverkusen sowie Schalke patzen, überwintert van Gaals Mannschaft doch noch an der Tabellenspitze.

Eine Entwicklung, die den Niederländer nicht überraschen würde: "Ich habe immer den Glauben gehabt, dass wir das schaffen können. Ich wurde von Bayern geholt, weil ich ein Trainer mit einer Philosophie bin. Dieses Philosophie muss ich ausarbeiten. Das kostet Zeit. Wir sind in einem Prozess. Aber jede Woche können wir sehen, dass wir uns verbessern."

Ob es nun tatsächlich noch zum Halbzeittitel reicht, ist van Gaal dabei nicht so wichtig. "Am Ende werden die Preise verteilt, das ist das Wichtigste. Aber wir waren 50 Wochen nicht mehr Erster. Es ist daher gut, wenn wir das wieder werden." Uli Hoeneß hat bestimmt nichts dagegen.

Vera Schmidt