Pep Guardiola ist im Training stets hochkonzentriert. Spielzüge, die er sich im Stillen ausgedacht hat, sollen seine Spieler im Schlag beherrschen
Pep Guardiola ist im Training stets hochkonzentriert. Spielzüge, die er sich im Stillen ausgedacht hat, sollen seine Spieler im Schlag beherrschen

Pep Guardiola: Tüftler hinter verschlossenen Türen

xwhatsappmailcopy-link

München - Nach 45 Minuten werden die Fans langsam unruhig. Mehrere 100 Zuschauer stehen dicht gedrängt um den Trainingsplatz des FC Bayern München, sehen aber außer ein paar Hütchen und leeren Toren erst einmal nichts. Öffentliches Training ist angekündigt an der Säbener Straße, doch zunächst trainieren die Stars auf dem nicht einsehbaren Einser-Platz - für Trainer Pep Guardiola ein ganz normaler Vorgang.

Trainingstradition auf dem Prüfstand

Dieser Artikel ist eine Fortsetzung der Serie "Guardiolas Bayern", die am Montag begonnen hat.

Als Coach des FC Barcelona blieb die Öffentlichkeit bei den Trainingseinheiten gänzlich außen vor. Als der Katalane vor einem Jahr seinen Dienst beim deutschen Rekordmeister antrat, kündigte er bereits an, dass er vor den Spielen gerne seine Ruhe haben wolle. Als eine erste Maßnahme wurden sogar blickdichte Vorhänge rund um den Einser-Platz installiert. Diese bleiben zwar an diesem Dienstag geöffnet, doch Werbebanner und Zäune versperren gleichermaßen die Sicht auf die Stars.

Die Fans sind zwiegespalten. Einerseits heißt es, die Spieler sollen in Ruhe arbeiten, schließlich schauen einem im Büro auch nicht ständig Schaulustigen über die Schulter. Andererseits beklagen einige die Abschottung obwohl eine öffentliche Einheit angekündigt wurde und viele Kinder in der Hoffnung auf Fotos und Autogramme ihrer Helden gekommen sind (Portrait: Pep Guardiola - Ein ganz eigener Kopf).

Trotz seiner Größe präsentiert sich der FC Bayern gerne als Club zum Anfassen. Als Jürgen Klinsmann 2008 das Traineramt bei den Bayern übernahm, krempelte er in vielerlei Hinsicht die Strukturen um. Auch die Tradition der öffentlichen Einheiten wackelte bedenklich. In den folgenden Jahren unter Louis van Gaal und Jupp Heynckes wurde die Anzahl der Übungseinheiten vor Publikum schrittweise reduziert.

Doch Heynckes legte stets Wert auf die Nähe zu den Anhängern. "Für die Fans ist das eine wunderbare Sache. Das gehört zum FC Bayern einfach dazu", sagte Heynckes einst. In Spanien sei das anders und ein nicht-öffentliches Training habe auch Vorteile. "Man muss auch mal etwas Ruhe haben." Auch Guardiola tüftelt lieber im Stillen mit seiner Mannschaft, schließlich sollen die Fans die Erfolge besser im Stadion genießen und feiern. Dennoch gibt es auch unter dem 43-Jährigen weiterhin öffentliche Einheiten.

"Ich kenne den Verein jetzt besser"

Nach einem Jahr bei den Bayern weiß auch Guardiola besser, wie der Verein tickt und welche Auswirkungen das auf seine Arbeit hat. "Ich kenne die Bundesliga und den Verein jetzt ein bisschen besser", sagte Guardiola nach der Sommerpause. "Ich bin etwas gelassener und weniger nervös als in der letzten Saison."

Nach der ersten Hälfte des Trainings schickt er seine Spieler schließlich auf den Nachbarplatz vor die Fans. Und der Jubel ist groß, als die Bälle als Signal des Umzugs über den Zaun des "Einsers" fliegen. Das anschließende Programm mit Passspielchen, Torabschlüssen, einem Trainingsspiel auf Kleinfeld und Dehnübungen zum Abschluss hat dabei eher Showcharakter. Schließlich will sich Guardiola bei seiner eigentlichen Arbeit nicht in die Karten schauen lassen.

Trotzdem ist er jederzeit ernsthaft bei der Sache. Von einem Moment auf den anderen wird so aus dem stillen, analytischen Beobachter im roten Trainingsanzug der leidenschaftliche, gestenreiche Trainer. In den Trainingspausen sucht er den Kontakt zu Einzelnen, spricht auf etwa Franck Ribery ein oder erklärt Medhi Benatia den nächsten Spielzug.

Sprachliche Vielfalt

Überhaupt wird viel gesprochen auf dem Trainingsplatz und die sprachliche Vielfalt ist groß: Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch. Besonders die Sprachfraktion aus Guardiolas Heimat hat sich in diesem Sommer noch mal deutlich vergrößert. Mit Xabi Alonso schloss sich kurz vor dem Ende der Transferperiode der fünfte Spanier dem Kader der Bayern an. Doch der 32-Jährige stellt klar: "Deutsch ist die Hauptsprache beim FC Bayern. Wir Spanier müssen uns da anpassen."

Sein Trainer Guardiola geht selbst mit bestem Beispiel voran. Seine erste Pressekonferenz hielt er auf Deutsch. Angesichts des hohen Arbeitspensums blieb jedoch im Laufe der vergangenen Saison nur noch wenig Zeit für die Deutschkurse.  Dafür will er in der jetzigen Spielzeit wieder mehr Zeit investieren.

"Du musst immer gewinnen"

Ein Faktor, der nach der WM auch bei der Arbeit mit seiner Mannschaft eine Rolle spielt. "In den nächsten zwei Monaten wird es sehr gefährlich und sehr, sehr schwer", sagte Guardiola bereits vor Saisonstart. Von Verletzungssorgen gebeutelt muss er in den nächsten Wochen seine Mannschaft formen.

Mit einem knappen Sieg gegen Wolfsburg und einem Remis gegen Schalke sind die Bayern gut in die Saison gestartet. Doch auch Guardiola kennt die Ansprüche: "In einem großen Verein wie Bayern München musst du immer gewinnen und das ist immer schwer." Trotzdem streben die Bayern auch diesem Jahr wieder nach Titeln. Und damit am Ende Spieler und Fans diese Erfolge wieder feiern können, tüftelt Guardiola eben lieber hinter verschlossenen Türen.

Aus München berichtet Maximilian Lotz

Weitere Artikel zum Thema "Guardiolas Bayern":

Verhasstes Tiki-Taka - Wie Pep spielen will

Neuzugänge im Check: Der Guardiola-Faktor

Guardiola vs. Heynckes: Höher, flexibler, riskanter

Lernen mit Xabi Alonso

Guardiola - ein ganz eigener Kopf