Trotz Fehlstart: Schalke will wieder kreiseln

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Gelsenkirchen - Es läuft nicht rund beim FC Schalke 04. Die Abwehr wackelte in Hamburg (1:2), gegen Hannover (1:2) und beim Testspiel gegen Leverkusen (0:4) bedenklich. Auch das Angriffsspiel funktioniert nicht richtig - was Felix Magath allerdings nicht weiter beunruhigt.

Das neue Stadionmagazin der Schalker heißt seit dieser Saison "auf Schalke" - und nicht mehr "Schalker Kreisel". Dieser Titel erinnerte jahrelang an das legendäre Kurzpass-Spiel der "Knappen" in den 1920er-Jahren. Nun lebt er immerhin in einem neuen Monatsmagazin des Clubs fort - und vielleicht wird das schnelle Pass-Spiel auch auf dem Platz wenigstens angedeutet. Das jedenfalls ist die Vision des Trainers.

Vor der Saison kündigte Felix Magath an, auf Schalke künftig attraktiver spielen zu lassen. "Wir haben nicht den Fußball gespielt, der mir vorschwebt. Unser Offensivspiel war unser Manko", sagte er damals. Tatsächlich hatte Schalke in der vergangenen Saison 19 Tore weniger geschossen als Meister Bayern München. Obwohl die ersten Saisonspiele alles andere als optimal verliefen, hat Magath gute Chancen, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Jurado als Herz der neuen Offensive

Zumindest dann, wenn große Namen wie Raul und Klaas-Jan Huntelaar auch nur annähernd halten, was sie versprechen. Herz der neuen Schalker Offensive soll aber ein 24-jähriger Spanier werden: Jose Manuel Jurado. Er kam von Atletico Madrid. Mit den "Rojiblancos" hatte er im Mai die Europa League gewonnen. "Er ist von der Spielanlage sehr flexibel und setzt die Stürmer sehr gut ein", schwärmte Magath in der "Welt". Ihm ist aber auch klar, dass Jurado, der in der vergangenen Woche erst kurz vor Transferschluss nach Gelsenkirchen kam, Zeit benötigen wird - ebenso wie das gesamte, runderneuerte Schalker Team. "Wir haben den Kader mit Spielern, die eine hohe Qualität mitbringen, verstärkt. Jetzt gilt es, den Kader zu harmonisieren, damit sie gut und erfolgreich zusammenspielen", sagt Magath.

Das Ergebnis des Kicks gegen Bayer 04 war für den Coach daher zweitrangig. "Für uns war das ein Trainingsspiel zu dem Zweck, zum Beispiel die Spanier zusammen spielen zu lassen", sagte er danach. "Außerdem wollten wir den Neuzugängen zeigen, wie in der Bundesliga Fußball gespielt wird. Diesen Zweck hat die Partie gut erfüllt." Nach hartem Konditionstraining habe die schlicht Spritzigkeit gefehlt: "Es war alles in Ordnung, das Ergebnis ist für uns heute uninteressant."

Stürmer mit Killerinstinkt

Vor dem schweren Auswärtsspiel in Hoffenheim bleibt der Coach auch deshalb ruhig, weil er von vornherein angekündigt hatte, dass die neue Offensive nicht von heute auf morgen reibungslos funktionieren würde. Magath kennt diese Aufgabe. Auch in der Wolfsburger Meistersaison 2008/09 musste sich Magaths Sturm monatelang einspielen: Grafite und Edin Dzeko schossen 38 ihrer 54 Tore erst in der Rückrunde.

Während der "Schalker Kreisel" vor 90 Jahren manchmal in Schönheit starb, garantieren nun in Raul und Huntelaar gleich zwei Stürmer in Top-Ligen nachgewiesenen "Killerinstinkt". "Bei den Top-Leuten ist es nicht ganz so schwierig, sie in eine neue Mannschaft zu integrieren", zeigt sich Magath optimistisch. Die Klasse, an das Duo Grafite/Dzeko heranzureichen, haben sie allemal. Der Niederländer Huntelaar ist bereits in guter Form, traf für sein Land gegen San Marino gleich drei Mal ins Tor.

Der "Hunter" hat überall getroffen

Der "Hunter" gilt als eiskalter Strafraum-Torjäger: Selbst bei Real Madrid und dem AC Mailand gelang ihm trotz geringer Einsatzzeiten alle 145 Minuten ein Treffer. Bayerns Trainer Louis van Gaal sieht in ihm laut der "Welt" gar den "besten Strafraumspieler der Welt". Es würde schon sehr erstaunen, wenn dieser Profi auf Schalke enttäuschen würde. Und Raul ist zwar bereits 33 Jahre alt und muss körperlich zulegen, gilt aber nicht umsonst als Mythos und Ikone von Real Madrid. Für Jurado ist es daher "ein Traum, nun hier mit ihm zusammenspielen zu dürfen". Huntelaar erklärte in der "Bild" schon: "Raul und ich - das passt. Natürlich können wir beide der neue Traum-Sturm der Bundesliga werden."

Defensiv kann Magath auf Nationaltorhüter Manuel Neuer setzen, auf Neuzugang Nicolas Plestan und auf Benedikt Höwedes, der nach seiner Gelb-Roten Karte gegen Hamburg wieder zurückkehrt. Dass der Coach trotz aller Angriffslust ein defensiv stabiles Team bauen kann, hat er nicht nur in Wolfsburg gezeigt. Dort folgte auf die Meistersaison mit Magath und 41 Gegentoren eine Spielzeit ohne Magath und mit 58 gegnerischen Treffern - obwohl für die Innenverteidigung dieselben Spieler zur Verfügung standen.

Umbauten sind typisch für Magath

Zwar hat Magath auf Schalke nun drei Viertel der stabilen Abwehrreihe aus der Vorsaison ausgewechselt. Und sicher wird es für die neue Defensive schwierig, an das Niveau der abgewanderten Bordon, Rafinha und Co. heranzureichen. Angst vor einer löchrigen Abwehr müssen die Schalker aber nicht haben. Denn solche radikalen Umbauten sind in jüngster Vergangenheit typisch für Magath. Und er hatte damit Erfolg. Wie in der vergangenen Spielzeit mit Schalke, wie in Wolfsburg 2008/09. Auch dort musste sich das Team erst finden, schoss nach der Winterpause von Rang 9 auf 1. In der Rückrunde kassierte Magaths VfL nur noch 16 Gegentore.

Zudem steht der wieder genesene Jermaine Jones im defensiven Schalker Mittelfeld ebenso für überdurchschnittliche Qualität wie Jefferson Farfan auf dem rechten Flügel. Gerade er könnte von der Qualität seiner neuen Offensivpartner profitieren. Dank solcher Spieler, großer Namen und ihrem Trainer dürfen die Fans der "Knappen" also beruhigt weiter träumen - von einem Hauch "Schalker Kreisel", gepaart mit der Effizienz der vergangenen Spielzeit.

Peter Seiffert