Lass dich feiern, Jan! Torsten Oehrl (l.) und Stephan Hain (r.) beglückwünschen Jan-Ingwer Callsen-Bracker zu seinem Treffer in Hannover
Lass dich feiern, Jan! Torsten Oehrl (l.) und Stephan Hain (r.) beglückwünschen Jan-Ingwer Callsen-Bracker zu seinem Treffer in Hannover

Tor-Spezialist sorgt für Selbstbewusstsein

xwhatsappmailcopy-link

Hannover - Er ist erst 27. Doch eigentlich war er schon ein Auslaufmodell. In seiner letzten Saison bei Borussia Mönchengladbach kam Jan-Ingwer Callsen-Bracker auf nur mehr vier Einsätze in der Eliteklasse - die Feiertage in dieser Phase seiner Karriere. Der Alltag hieß Regionalliga West. Neun Mal kämpfte er mit der U23 der "Fohlen" um Punkte. Das harte Los eines Profis, der zwischen zweiter und dritter Wahl pendelt.

Am 31. Dezember 2010 dann der Neubeginn: Der Defensivspezialist unterschrieb einen bis 30. Juni 2012 datierten Vertrag beim seinerzeitigen Zweitligisten FC Augsburg. Dass nach dem Aufstieg das Arbeitspapier Anfang des Jahres vorzeitig bis 2013 verlängert wurde, zeigt: Callsen-Bracker hat beim schwäbischen Bundesliga-Neuling die Kurve gekriegt, sich den Status einer festen Größe erworben.

"Habe keine Lieblingsecke"

Beim erzielte der ehemalige U21-Nationalspieler in der 89. Minute per Foulelfmeter den Ausgleich, sorgte dafür, dass der Gast wenigstens mit einem Punkt im Gepäck die Heimreise antreten konnte. Der Sieg im Duell mit Keeper Ron-Robert Zieler beruhte auf mentaler Stärke. "Nervosität wäre nicht förderlich", sagt er. "Man muss versuchen, das Drumherum auszublenden und sich auf den Ball und die Ecke zu konzentrieren, in die man schießen will." Stets in die gleiche? "Nein", verrät der zielsichere Schütze, "ich habe keine Lieblingsecke, also muss ich mir immer mal was Neues einfallen lassen. Letztes Mal war es links, jetzt war es rechts."

Das letzte Mal. Nachdem Sascha Mölders beim Heim-0:2 gegen Hoffenheim und Gibril Sankoh beim beim 0:4 in Dortmund vom Punkt aus verballert hatten, übernahm Callsen-Bracker am 9. Spieltag in Mainz die Verantwortung. In einer ähnlichen Situation wie am Samstag in Hannover: 88. Minute, Spielstand 0:0. Der goldene Schuss des bei Bayer Leverkusen zum Profi gereiften Kickers gegen Schlussmann Heinz Müller bedeutete den ersten Bundesligasieg in der Geschichte des FC Augsburg und war zwei Zähler wert.

Reduziert man den Abwehr- und Mittelfeldmann auf seine Torerfolge, gehen insgesamt sechs der bislang 22 FCA-Punkte auf sein Konto. In Berlin gegen Hertha BSC hatte er aus dem Spiel heraus zum 2:2-Endtand getroffen, gegen seinen Ex-Club Borussia Mönchengladbach zimmerte er einen Freistoß zum 1:0-Erfolg ins Netz.

FCA legt nicht nach

Dass in Hannover nicht mehr heraussprang als ein Unentschieden, lag einmal an den vergeben Großchancen vornehmlich in der ersten halben Stunde. "Nach unserer Führung hätten wir nachlegen müssen", kritisierte Callsen-Bracker. Und neben der Abschlussschwäche traten die altbekannten Probleme bei gegnerischen Standards zutage. Zunächst nach einer Ecke und dann nach einem Freistoß von Christian Pander, den Simon Jentzsch abgewehrt hatte, worauf Sergio Pinto den Ball wieder nach innen flankte, trafen Karim Haggui und Mame Diouf jeweils per Kopf. "Standards sind eine herausragende Stärke von Hannover 96", sagt Callsen-Bracker. "Sie haben sehr gute Kopfballspieler und mit Christian Pander einen Spezialisten, der auch schon andere Spiele auf diese Weise entschieden hat."

Aus dem Auftritt beim Tabellensiebten "können wir Selbstbewusstsein ziehen", meint der Elfmeterschütze. Und das benötigt der FC Augsburg in hoher Dosierung, denn: Am kommenden Samstag geht's zu Hause gegen den Deutschen Meister Borussia Dortmund. "Ein Sieg gegen den BVB wäre ein großes Märchen", lässt Schlussmann Simon Jentzsch verlauten. Doch manchmal werden auch große Märchen wahr. Allzumal, wenn man einen Spezialisten für entscheidende Treffer in seinen Reihen hat. Vielleicht richtet es dann ja wieder Jan-Ingwer Callsen-Bracker.

Aus Hannover berichtet Reinhart Kruse