Obenauf: Der Aufsteiger aus der Haupstadt meldet sich mit einem Kantersieg in der Bundesliga zurück
Obenauf: Der Aufsteiger aus der Haupstadt meldet sich mit einem Kantersieg in der Bundesliga zurück

"Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey!"

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Berlin - Was für ein Spiel, was für ein Sieg, was für eine Party! Als ob Hertha BSC direkt an die Aufstiegsfeierlichkeiten im Mai anknüpfen wollte, schoss der Bundesliga-Rückkehrer mal eben Europapokal-Teilnehmer . Und feierte danach fast so, als sei man Deutscher Meister geworden.

Doppelpacker Ramos und Allagui

Keine Frage, besser hätte es zum Start für Aufsteiger Hertha nicht laufen können: Die Manschaft servierte die Gäste aus Hessen mit 6:1 ab, präsentierte sich als geschlossene und von Trainer Jos Luhukay taktisch perfekt eingestellte Einheit, in der aber auch fast jeder einzelne Spieler individuell einen Sahnetag erwischt hatte.



Da war etwa Adrian Ramos, der in der 16. Minute mit einem Lattenknaller loslegte. 120 Sekunden später traf er erstmals ins Tor und brachte die Blau-Weißen mit 1:0 in Führung. Zwischenzeitlich sah es dann so aus, als ob der Kolumbianer mit dem durch ihn verursachten Elfmeter die Wende zuungunsten Herthas eingeleitet haben könnte. Doch knapp 20 Minuten vor Schluss machte Ramos mit 5:1 endgültig alles klar und erzielte den zweiten Doppelpack eines Herthaners.

Als erster Doppelpackschütze der Partie sorgte Ramos' Offensivkollege Sami Allagui für Furore. Der Tunesier hatte in der 44. Minute zunächst, wie zuvor bereits Ramos und Marcel Ndjeng, die Latte des Frankfurter Tors getroffen. Doch nach einer knappen Stunde brachte er die Hertha innerhalb von zwei Minuten mit dem 3:1 und 4:1 auf die Siegerstraße. Damit traf der Tunesier im sechsten Jahr in Folge am ersten Liga-Spieltag.

Alle vier Neuzugänge in der Startelf



Auch Allaguis Nationalmannschaftskollege Änis Ben-Hatira, der auf der linken Außenbahn knapp den Vorzug gegenüber Youngster Nico Schulz erhalten hatte, zeigte eine tolle Leistung. Wie auch die vier Neuzugänge des Sommers, die es allesamt in die Startelf geschafft hatten: Sebastian Langkamp und Johannes van den Bergh, die in der Viererkette für Stabilität sorgten; Alexander Baumjohann, der als "Zehner" zwei Tore vorbereitete; Hajime Hosogai der als Umschaltspieler im zentralen Mittelfeld das Hirn des Spiels und der wohl beste Herthaner des Tages war.

Einen Sahnetag erwischte auch John Anthony Brooks. Der Innenverteidiger knüpfte in seinem ersten Bundesligaspiel nahtlos an seine herausragenden Leistungen in der 2. Liga an und krönte sein Oberhausdebüt gleich mit seinem ersten Tor. Nach der Partie musste der 20-Jährige direkt zum Flughafen eilen, um zu seinem ersten A-Länderspiel für die USA zu jetten.

Brooks will mit den USA zur WM



Brooks hatte auch eine Einladung zur deutschen U21-Nationalmannschaft vorgelegen, er musste sich unter der Wochen zwischen den beiden Nationalverbänden entscheiden. Eine Situation, in der schon bei ganz anderen die Leistung gelitten hatte - bei dem Deutsch-Amerikaner war davon nichts zu spüren. "John ist ein sehr talentierter Fußballer, wenn er weiter hart arbeitet, wird er seinen Weg machen", lobte ihn sein Nebenmann Langkamp, der selber nach neunmonatiger Verletzungspause glücklich über sein gelungenes Comeback war.

Und selbst für Ronny und Peer Kluge - vergangene Saison noch gesetzt, diesmal erst eingewechselt, als die Partie schon entschieden war - hielt der Tag noch ein Bonbon bereit: In der 89. Minute setzte Kluge den Brasilianer in Szene, der nach kurzem Solo sein erstes Bundesligator erzielte. So waren am Ende nur fröhliche Gesichter bei der Hertha zu sehen. Sogar der abgesetzte Kapitän Peter Niemeyer, der nicht zum Einsatz kam, feierte zusammen mit seinen Teamkameraden minutenlang vor der Ostkurve.

"Erstes Spiel immer eine Wundertüte"



Die hatte in der ersten Halbzeit beim Stand von 2:0 noch zurückgeschaut: "Nie mehr Zweite Liga" skandierten die Fans. Nach Abpfiff sang man dann schon "Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey!". Sogar vereinzelte "Deutscher Meister"-Rufe wurden laut. All das kam natürlich mit einem gewissen Augenzwinkern, den selbst unter den euphorisierten Fans ist niemand so vermessen zu glauben, dass es bei diesem Tabellenplatz bleibt. Den Spielern war vor allem die Erleichterung anzumerken, als Aufsteiger gut in die neue Saison gekommen zu sein. "Das erste Spiel ist immer eine Wundertüte, weil man nicht genau weiß, wo man steht", brachte es Baumjohann auf den Punkt. "Wir vier Neue wurden aber auch gut integriert", betonte der Mittelfeldspieler einen wichtigen Aspekt des Erfolgs.

Baumjohann mahnte zugleich: "Wir sollten das aber auch nicht überbewerten, am Sonntag in Nürnberg wird es ein ganz anderes Spiel." Doch auch in dieser Hinsicht herrschte größtmögliche Geschlossenheit bei der Hertha - es wirkte nicht so, als ob auch nur einziger Spieler den Sieg überbewerten würde. "Ich denke, auch die Fans können das richtig einschätzen", wies Baumjohann Befürchtungen zurück, die Erwartungshaltung in der Hauptstadt könnte nun zu groß werden. In einem waren sich aber auch von den Fans über die Spieler bis zum Trainer alle einig: Nach so einem Hammerspiel darf man erstmal ausgiebig feiern.

Aus Berlin berichtet André Anchuelo