Im Dezember des vergangenen Jahres brach sich David Villa das Schienbein
Im Dezember des vergangenen Jahres brach sich David Villa das Schienbein

Spanien bei EM ohne "Herz" und Torjäger

xwhatsappmailcopy-link

München - Es dauerte nicht lange, bis der Name Raúl fiel. Kaum hatte nach Abwehrchef Carles Puyol auch Spaniens Top-Stürmer David Villa seine Teilnahme an der EM in Polen und der Ukraine abgesagt, riefen Fans und Medien nach dem Weltstar.

Rufe nach Raúl

"Wir sind noch nicht komplett - es fehlt Raúl!", schrieben Anhänger, die das Training des Topfavoriten dieser Tage verfolgten, auf ein Plakat. Und zumindest die Sporttageszeitung AS machte sich die Forderung nach der Rückkehr des ehemaligen Schalkers zu Eigen.



Spanien fehlten "zwei Stützpfeiler", und eine schwierige Lage erfordere ungewöhnliche Maßnahmen. Der "große Kapitän" von einst habe "den Hunger eines Debütanten", schrieb das Blatt über den 34-Jährigen. Und Raúl verfüge über die Erfahrung von 102 Länderspielen mit immerhin 44 Toren.

Übertroffen wird Raúl, der zuletzt vor sechs Jahren für Spanien spielte, nur noch von Villa. Der 30 Jahre alte Angreifer des FC Barcelona schoss in seinen 82 Länderspielen stolze 51 Tore. Bei der EM 2008 war er Schützenkönig (vier Treffer in vier Spielen), bei der WM trug er erneut vier Treffer (bei sieben Einsätzen) zum Titelgewinn bei.

Villas Ausfall ein Schock



"Ich habe es bis zum Schluss versucht, aber ich werde für die EM nicht bei 100 Prozent sein können", twitterte Villa nun. Sein linkes Wadenbein, das er sich im vergangenen Dezember bei der Klub-WM gebrochen hatte, lasse Fußball auf Top-Niveau noch nicht zu, meinte "El Guaje".

Die "rote Furie" verliere mit Villa viel Qualität, kommentierte El País und nannte "Schnelligkeit im Umschaltspiel" sowie "Abschlussstärke". Wenn so ein Klassespieler fehlt, kann man schon mal auf scheinbar abwegige Gedanken kommen. Doch dass Del Bosque jetzt an Raúl denkt, hält niemand für realistisch.

Alternativen sind da



Überhaupt machten die Spanier bei ihrer Ankunft im Trainingslager im österreichischen Schruns am Dienstag, wo sie sich schon 2010 vorbereiteten, einen sehr gelösten Eindruck. Beim Bezug des Hotels Löwen zeigte auch der oft knurrige Coach ein Lächeln.

Del Bosque hat guten Grund dazu, verfügt er doch über genügend Alternativen. Nach Villas Ausfall dürften Fernando Torres (FC Chelsea) und Fernando Llorente, der am Freitag mit Athletic Bilbao nach das Pokalfinale gegen Barcelona spielt, ihre Plätze im Angriff sicher haben. Zudem können die Mittelfeldspieler David Silva (Manchester City) und Juan Mata von Champions-League-Sieger FC Chelsea im Sturm eingesetzt werden.

Kader wird Sonntag benannt



Um die ein bis zwei weiteren Planstellen in Del Bosques Angriff balgen sich Talent Iker Muniain aus Bilbao, Jesús Navas, Álvaro Negredo (beide FC Sevilla), Valencias Roberto Soldado und Adrián López von Europa-League-Sieger Atlético Madrid. Das Angebot ist so groß, dass selbst für einen Klassestürmer wie Barças Pedro kein Platz ist, wie Del Bosque durchblicken ließ - kein Wunder, dass die Spanier sogar fürs Training Eintritt verlangen können.

Am kommenden Sonntag will Del Bosque sein endgültiges, 23-köpfiges Aufgebot bekanntgeben. Einen Tag zuvor spielen sie in St. Gallen gegen Serbien, am 30. Mai ist Südkorea in Bern Testspielgegner. Die Generalprobe findet am 3. Juni in Sevilla gegen China statt, ehe am 10. Juni zum EM-Auftakt in Danzig mit Italien gleich der schwerste Gegner der Gruppe C wartet, die von Irland und Kroatien komplettiert wird.

Villa und Puyol, Abwehrchef der Iberer bei den zurückliegenden EM und WM-Triumphen und laut AS das "Herz" der Selección, werden dann übrigens doch dabei sein - als Maskottchen, wie das verletzte Duo ankündigte.