Später Durchbruch: Mit 34 Jahren ist Eintracht Braunschweigs Marjan Petkovic in der Bundesliga angekommen (© Imago)
Später Durchbruch: Mit 34 Jahren ist Eintracht Braunschweigs Marjan Petkovic in der Bundesliga angekommen (© Imago)

Spätzünder zwischen Bank und Stammelf

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Braunschweig/Hamburg - Der Weg eines Fußball-Profis ist in der Regel vorgezeichnet. Die besten Spieler eines Jahrgangs werden in den Nachwuchsabteilungen der großen Vereine zusammengezogen und aufs Profi-Geschäft vorbereitet.

Von null auf hundert

Das nötige Können und Glück gepaart, feiern sie oft schon mit 18 ihr Debut in der Bundesliga oder gar in der Nationalmannschaft. Ganz anders Marjan Petkovic. Der Basketball-Fan stand mit 18 Jahren erstmals in einem Fußball-Tor.



Beim Kreisligisten TSV Güglingen hatten sich sowohl die etatmäßige Nummer 1 als auch sein Stellvertreter verletzt. Petkovic sprang seinen Freunden zuliebe ein - und blieb zwischen den Pfosten. Am Ende stieg der Club sogar auf.

"Ich war unglaublich stolz, als wir mit dem Traktor durch den Ort gefahren sind", erinnerte sich der Keeper in einem Gespräch mit der "Braunschweiger Zeitung" an die Aufstiegsfeier in dem 6.000-Einwohner-Städtchen. Aufstiegsfeiern gehören mittlerweile zu seinem Leben, auch wenn er nicht zu jeder aktiv beitragen konnte.

Über Heilbronn nach Hoffenheim



Über den SG Kirchhardt und den Oberligisten SG Heilbronn kam Petkovic 2002 zu 1899 Hoffenheim, damals noch ein Regionalligisten, der das große Ziel hatte, in die Bundesliga aufzusteigen.

An Stammtorwart Kevin Knödler kam Petkovic jedoch einfach nicht vorbei und absolvierte kein einziges Liga-Spiel für die TSG. Um Spielpraxis zu erhalten, wurde er im Pokal eingesetzt, gewann zwei Mal den Badischen Landespokal und stieg mit der zweiten Mannschaft 2004 in die Oberliga auf.

Mit 29 ins Profi-Geschäft



Nach der Aufstiegsfeier wechselte er zum Oberliga-Konkurrenten SV Sandhausen, mit dem er 2006 und 2007 erneut den badischen Landespokal gewann und 2007 mit dem Aufstieg in die Regionalliga erneut einen Aufstieg feierte.

Da war er bereits 29 Jahre alt und schaffte endlich den Sprung ins Profi-Lager. Der damalige Zweitliga-Aufsteiger FSV Frankfurt holte den "Spätzünder" an den Main. Aber erneut musste er auf der Bank Platz nehmen. Lediglich in zwei Spielen vertrat Petkovic den gesperrten Patric Klandt.

Gang in die 3. Liga ein Schritt nach vorn



Um endlich zu spielen, entschloss sich der Keeper, zur eine Klasse tiefer spielenden Eintracht aus Braunschweig zu wechseln, wo er einen Stammplatz zwischen den Pfosten erhielt. Dieser Rückschritt sollte sich als weise Entscheidung entpuppen. 2010/11 gehörte er zu den Leistungsträgern bei den "Blau-Gelben" und feierte den Aufstieg in die 2. Bundesliga.

Nach einem Muskelfaserriss, den sich Petkovic nach dem 3. Spieltag im Training zugezogen hatte, übernahm Daniel Davari den Posten zwischen den Pfosten. Bis zum Aufstieg der "Löwen" in die Bundesliga sprang Petkovic in knapp zwei Jahren nur noch sechs Mal für Davari ein und feierte den fünften und größten Aufstieg seiner Karriere erneut als Bankdrücker. Statt mit dem Traktor ging es diesmal mit einem Autocorso durch die Stadt.

Vertragsverlängerung dank "Bauchgefühl"



Trotz der Position als Nummer 2i verlängerte er seinen auslaufenden Vertrag bis 2015. "Ich hatte so ein Bauchgefühl, dass ich hier noch gebraucht werde", lautete seine Begründung.

Und das Bauchgefühl trog nicht: Im ersten Bundesliga-Spiel der Niedersachsen nach 28 Jahren gab Trainer Torsten Lieberknecht Petkovic den Vorzug vor Davari. Im Alter von 34 Jahren feierte er sein Bundesliga-Debut.

"Mit Vorfreude und Spannung", sei er ins Nord-Derby gegen Werder Bremen (0:1) gegangen, verriet Petkovic gegenüber bundesliga.de. Dennoch sei das Ergebnis "trotz der Super-Stimmung, die für Gänsehaut gesorgt hat, am Ende eine Enttäuschung". In Minute 82 musste Petkovic erstmals in der Bundesliga den Ball aus dem Netz holen.

Keine Angst vor der "Gelben Wand"



Und am kommenden Sonntag könnten es schon einige mehr sein. Die Eintracht muss beim Champions-League-Finalisten Borussia Dortmund antreten. Mit der Erfahrung von nur elf Zweitliga- und einem Bundesliga-Einsatz wird der 34-Jährige direkt vor der "Gelben Wand" zwischen den Pfosten stehen.

25.000 Zuschauer werden im BVB-Block direkt hinter ihm stehen - mehr als das Braunschweiger Stadion insgesamt fasst. Für den "Oldie" kein Grund, nervös zu sein: "ich freue mich auf die Wahnsinns-Stimmung", so Petkovic, der sich mit mentalem Training wie Meditationsübungen auf seine Spiele vorbereitet.

Petkovic sicher: "Braunschweig bleibt drin"



Ans Aufhören denkt der Schlussmann noch lange nicht. Sein Vertrag läuft noch bis 2015. Und davon, dass er auch in der kommenden Saison mit der Eintracht in der Bundesliga spielen wird, ist Petkovic überzeugt.

"Der Zusammenhalt ist super und die Qualität in der Mannschaft ist da", sagt Petkovic und denkt noch mal an seine Zeit in Güglingen zurück. Seinen alten Kumpels ist er auch 16 Jahre später noch dankbar, dass sie ihn als Ersatz zwischen die Pfosten gestellt haben. "Das hat mein ganzes Leben verändert."

Jürgen Blöhs