Sieben Tore gegen den Frust

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Stuttgart - Der VfB Stuttgart ist in der Spielzeit angekommen. Nach drei Pleiten in Serie zerlegten die Schwaben harmlose Gladbacher mit 7:0. Zwei Spieler waren dabei zweifelsohne die Gewinner, deren Kollegen aber überzeugten ebenfalls mit starkem Willen und festem Charakter. Nun gilt es den Aufwärtstrend zu bestätigen.

Was hatte man dem Russen nicht alles vorgeworfen. Er sei lethargisch, technisch limitiert und zudem schwer integrierbar. Pavel Pogrebnyak hatte seit seinem Amtsantritt in Stuttgart vor gut einem Jahr mit vielen schlechten Kritiken zu kämpfen. Sogar sein vorzeitiger Abschied wurde diskutiert.

Pogrebnyak spricht Deutsch

Eines konnte man dem 27-Jährigen aber nie absprechen: mangelnden Eifer. Der Angreifer spielte immer engagiert, wenn auch des Öfteren glücklos. Das änderte sich beim 7:0-Kantersieg des VfB gegen die desolaten Mönchengladbacher. Pogrebnyak erzielte gleich drei Treffer, übrigens zum ersten Mal in der Bundesliga, und bestätigte damit eindrucksvoll seine aufsteigende Form der letzten Wochen.

Und noch etwas ist ihm gegen Mönchengladbach gelungen. Er zeigte noch auf dem Platz im Kreise seiner Kollegen große Emotionen, freute sich über diebisch über seinen "Dreierpack" und schnappte sich sogleich den Spielball. "Mit dem werde ich in Zukunft mit meinem Sohn im Garten spielen", erzählte er den Medienvertretern überglücklich in deutscher Sprache. Pogrebnyak scheint im Schwabenland angekommen zu sein.

Delpierre - Anführer und Torschütze

Der Russe war aber nicht der einzige Gewinner dieses denkwürdigen Nachmittags in der Mercedes-Benz Arena. Auch Matthieu Delpierre muss man hervorheben. Der Kapitän stand nach knapp vier Monaten Verletzungspause wieder auf dem grünen Rasen und agierte dort, als wäre er niemals weg gewesen. Er dirigierte, stabilisierte die eigene Defensive und erzielte zu guter Letzt noch einen Treffer. Ein tolles Comeback des Franzosen, von dem jeder VfB-Spieler profitieren konnte. "Matthieu ist unheimlich wichtig für uns, er ist der Kapitän und im Prinzip unverzichtbar", sagte Delpierres Abwehrkompagnon Georg Niedermeier im Gespräch mit bundesliga.de.

Delpierre selbst ist kein Mann der großen Worte, aber auch er wirkte sehr zufrieden nach seinem großen Auftritt. "Wir mussten in den vergangenen Jahren schon einige schwierige Phasen überstehen und haben immer Charakter gezeigt", erklärte der Abwehrchef und traf damit den Nagel auf den Kopf.

Natürlich könnte man jetzt jedes Sorgenkind der Stuttgarter noch einmal eingehend analysieren, Neuzugang Mauro Camoranesi wird immer besser, Cacau präsentiert sich deutlich fitter, Christian Genter und Zdravko Kuzmanovic fangen an zu harmonieren; viel wichtiger ist aber, dass der Mannschaftsgeist der Stuttgarter wieder intakt scheint.

Starker Willen

Gerade einmal 40 Stunden nach der Partie in der Europa League gegen Young Boys Bern zeigten die Schwaben keinerlei Verschleißerscheinungen. Das ist zum einen der guten Arbeit der medizinischen Abteilung geschuldet, zum anderen aber auch einem starken Charakter. Der VfB hat gegen Gladbach den Willen gezeigt, den miserablen Saisonstart vergessen machen zu wollen und die Trendwende einzuleiten. Das ist ihnen eindrucksvoll gelungen.

Der hohe Sieg birgt allerdings auch Gefahren. "Obwohl wir heute sieben Tore geschossen haben, haben wir unterm Strich nur drei Punkte geholt", meinte der "alte Hase" Camonaresi und versuchte damit wohl, seine Mannschaft wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen. In der Tat warten schon am kommenden Mittwoch die Nürnberger, die es dem VfB ganz sicher nicht so einfach machen werden.

Wenn die Mannschaft von Trainer Christian Gross im Frankenland allerdings dieselben Tugenden an den Tag legt wie gegen Gladbach - Aggressivität, Entschlossenheit, Zweikampfkampfstärke -, dann könnte die Umkehr zum Guten tatsächlich geschafft sein.

Aus Stuttgart berichtet Jens Fischer