Christian Streich (r., mit Marco Terrazzino) hat von allen vier SC-Trainern der Bundesliga-Geschichte mit großem Abstand die beste Siegquote (40 Prozent)
Christian Streich (r., mit Marco Terrazzino) hat von allen vier SC-Trainern der Bundesliga-Geschichte mit großem Abstand die beste Siegquote (40 Prozent)

"Sie werden uns ernst nehmen"

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Freiburg - Am Samstag erwartet der SC Freiburg den Deutschen Meister Borussia Dortmund - jene Mannschaft, die so bravourös gegen Real Madrid gewann. Trainer Christian Streich glaubt jedoch nicht, dass die Dortmunder in der Champions League Kräfte gelassen haben, hofft aber dennoch auf ein gutes Spiel seiner Mannschaft. Zudem blickt Streich auf das Pokalspiel beim Zweitliga-Spitzenreiter Eintracht Braunschweig am kommenden Dienstag.

Frage: Herr Streich, rechnen Sie sich für das Spiel am Samstag gegen den Deutschen Meister Chancen aus?

Christian Streich: Wenn wir gegen Dortmund keine 100 Prozent erreichen, verlieren wir das Spiel. Aber 100 Prozent sind natürlich viel. Wir werden mit dem BVB auf jeden Fall eine Mannschaft sehen, die aufgrund ihrer Qualität die Leute im Stadion erfreuen wird.

Frage: Wie groß war Ihre Überraschung, dass Dortmund am Mittwoch gegen Real Madrid gewonnen hat?

Streich: Dass die da so gut gespielt haben, hat mich überhaupt nicht überrascht, wirklich nicht. Genauso wenig wie mich der Schalker Sieg bei Arsenal London überrascht hat. Beide Mannschaften sind derzeit in Topform.

Frage: Rechnen Sie damit, dass der BVB vielleicht ein wenig kraftlos auftritt, weil das Real-Spiel an die Substanz ging?

Streich: Nein. Die wollen das Spiel ganz sicher unbedingt gewinnen, weil sie in ihrer eigenen Wahrnehmung bisher zu wenig Punkte haben. Sie werden uns ernst nehmen.

Frage: Wie sehen Sie die Stärken der Borussia?

Streich: Das ist eine Mannschaft, die eine wahnsinnige Entwicklung genommen hat und die immer wieder super verstärkt wurde. Borussia Dortmund ist individuell und gruppentaktisch das Beste, was es außer Bayern München in Deutschland gibt. Die sind als ganzes Team taktisch unglaublich flexibel. Was die in den vergangenen Monaten gezeigt haben, ist wirklich beeindruckend.

Frage: Rechnen Sie sich für Ihre Mannschaft dennoch Chancen aus?

Streich: Wir spielen ja seit ein paar Wochen auch sehr ordentlich, laufen und arbeiten viel. Deswegen entwickeln wir jetzt auch keine Angstzustände.

Frage: In der vergangenen Saison war die Leistung auf internationalem Terrain ja eher dürftig. Ist der BVB eine Mannschaft mit zwei Gesichtern?

Streich: Letzte Saison haben sie auch in der Champions League gute Spiele gezeigt, das wird nur gerne vergessen. In Marseille waren sie zum Beispiel klar überlegen, haben das Spiel aber verloren.

Frage: Gegen Schalke hat es Dortmund mit einer Dreierkette versucht. Das hat nicht gut geklappt.

Streich: Ja, das sagt man dann so. Aber wir diskutieren hier im Freiburger Trainerstab auch immer wieder darüber, ob wir mit Dreierkette spielen sollen oder nicht. Wir entscheiden uns dann immer wieder dagegen, weil das doch sehr viel an Automatismen voraussetzt. Wichtig ist doch, dass man flexibel und mutig bleibt.

Frage: Das ist auch Ihr Anspruch beim SC.

Streich: Wir Trainer stellen ja öfter mal Kleinigkeiten im Spiel um, die merkt dann nicht jeder. Aber wenn plötzlich nur noch drei Leute auf einer Linie hinten sind, fällt das jedem auf. Und wenn man das entsprechende Spiel dann verliert, wird diskutiert.

Frage: Drei Tage nach dem Dortmund-Spiel geht es nach Braunschweig zum DFB-Pokalmatch. Die Eintracht funktioniert als Mannschaft gerade prima...

Streich: Absolut. Wenn du da nach 60 Minuten ein Null-zu-Null auf der Anzeigetafel hast, steht es mit hoher Wahrscheinlichkeit nach 75 Minuten 1:0 für Braunschweig. Die haben eine unheimliche Power, eine Dichte in ihrem Spiel. Und: Braunschweig ist eine Fußballstadt. Das Stadion wird voll sein.

Frage: In der Vergangenheit hatte man nicht immer den Eindruck, dass das zumeist frühe Ausscheiden im Pokal sonderlich tragisch genommen wurde. Priorität hatte offenbar der Ligabetrieb.

Streich: Glauben Sie mir: Wir wollen jedes Spiel gewinnen. Und natürlich auch das in Braunschweig. Aber für unsere Verhältnisse geht es in dem Wettbewerb ja auch um sehr viel Geld, allein deshalb werden wir da alles geben, um zu gewinnen.

Aus Freiburg berichtet Christoph Ruf