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Christoph Metzelder kennt beide Seiten der Medaille: In der Bundesliga abslovierte er als Profi insgesamt 178 Spiele - dabei war er sowohl bei Borussia Dortmund als auch beim FC Schalke 04 aktiv
Christoph Metzelder kennt beide Seiten der Medaille: In der Bundesliga abslovierte er als Profi insgesamt 178 Spiele - dabei war er sowohl bei Borussia Dortmund als auch beim FC Schalke 04 aktiv

S04 oder BVB? Eine Frage des Gewissens

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München - Borussia Dortmund? Oder doch Schalke 04? Wer wird in der neuen Spielzeit zum Bayern-Jäger Nummer eins? Christoph Metzelder hat die beiden Revierclubs für bundesliga.de unter die Lupe genommen - und verrät, wem seiner beiden Ex-Vereine er persönlich die Daumen drückt.

bundesliga.de: Christoph Metzelder, die Dortmunder waren es und die Schalker wollen es gerne werden - wer hat aus Ihrer Sicht in der aktuellen Spielzeit das Zeug zum Bayern-Jäger Nummer eins?

Christoph Metzelder: Wenn man sich die Qualität des Kaders ansieht und zum Maßstab nimmt, dann ist Borussia Dortmund sicher noch im Vorteil. Allerdings hat sich auch Schalke extrem gut und intelligent verstärkt. Im Vergleich zur letzten Saison traue ich ihnen noch einmal einen Sprung zu und würde sie daher hinter Bayern und Dortmund auch als dritte Kraft in der Liga einordnen.

bundesliga.de: Haben Sie die Ergebnisse von Dortmund und Schalke am ersten Spieltag überrascht? Haben diese Ergebnisse schon Aussagekraft für die Saison?

Metzelder: Sowohl die Bayern als auch Dortmund haben sich trotz deutlicher Siege insgesamt schwer getan. Dennoch ist es auch ein Qualitätsmerkmal, solche Spiele zu gewinnen. Schalke hatte sich bestimmt mehr vorgenommen als den einen Punkt gegen den HSV, zumal man früh in Führung ging. Für mich wird spannend sein, ob diese drei Vereine auch nach den ersten Spielen noch eng beieinander liegen.

bundesliga.de: Aus Schalke kamen in der Vorbereitung durchaus forschere Töne, die den Verein auf Augenhöhe mit dem BVB sehen. Hat Sie das verwundert?

Metzelder: Das spiegelt ein Stückweit auch das Schalker Selbstbewusstsein wider, gerade nach den beiden Derbysiegen der letzten Saison. Diese Erfolge waren natürlich Balsam auf die Seele der Schalker Fans. Dennoch muss man realistisch bleiben und sehen, dass man im Vergleich zu Dortmund oder auch zu den Bayern noch ein paar Entwicklungsschritte zurück ist.

bundesliga.de: Was fehlt dem FC Schalke 04 im Vergleich zum BVB noch?

Metzelder: Der BVB hat den großen Umbruch vor rund drei Jahren vollzogen. Im Kader von Schalke sieht man jetzt erst eine klarere Linie, nicht zuletzt mit den Neuverpflichtungen und den Spielern, die aus der eigenen Jugend hochgezogen wurden. Das fügt sich langsam zueinander, so dass man nach meiner Überzeugung in dieser Spielzeit einiges von Schalke erwarten kann.

bundesliga.de: Was trauen Sie den Schalker Neuverpflichtungen zu? Wer kann schnell eine tragende Rolle übernehmen?

Metzelder: Adam Szalai hat sich in der Vorbereitung und mit seinem Tor auch jetzt gleich im ersten Spiel gegen den Hamburger SV hervorragend präsentiert. Ich kann mir vorstellen, dass Jens Keller künftig öfter vom System mit einer Spitze abrückt und mit Huntelaar und Szalai auf zwei Stürmer setzt. Christian Clemens hat ebenfalls eine überzeugende Vorbereitung gespielt. Dass Leon Goretzka von halb Europa gejagt wurde, spricht für sich. Dass er sich dann für Schalke entschieden hat, ist auch ein deutliches Zeichen. Im hinteren Bereich waren jetzt mit Matip und Höwedes zunächst zwei bewährte Kräfte gegenüber Felipe Santana im Vorteil. Aber generell sind alle Neuverpflichtungen sehr nah dran an der ersten Elf.

bundesliga.de: Beim BVB wurde mehr Geld in neue Spieler investiert. Sind die Dortmunder nach ihrem vollzogenen Umbruch jetzt in einer Situation, in der man solche Summen investieren muss, um sich zu verstärken?

Metzelder: Ich denke, Dortmund war vor allem in einer strategisch recht schwierigen Situation. Man hat sehr viel Geld eingenommen durch den Verkauf von Mario Götze - verglichen mit seiner Qualität und seiner Bedeutung für den Verein allerdings eigentlich noch viel zu wenig. Ihn kann man auch nicht adäquat durch einen Spieler ersetzen. Generell hat der BVB bei seinen Neuverpflichtungen versucht, den Spagat zu schaffen zwischen den Preisen, die momentan in Europa Standard sind, der Vereinsphilosophie der letzten Jahre und dem Anforderungsprofil, das Jürgen Klopp an seine Spieler stellt. Es wird sehr spannend sein zu sehen, ob dieser Spagat mit den drei Neuen gelingt.

bundesliga.de: Wem trauen Sie die stärkere Rolle als "Zehner" zu - Henrikh Mkhitaryan beim BVB oder Julian Draxler bei Schalke?

Metzelder: Die Lobeshymnen über Mkhitaryan waren bis zu seiner Verletzung schon sehr deutlich, egal ob von Mannschaft, Trainer oder Umfeld. Trotzdem wird die Bundesliga für ihn ein völlig neues Umfeld sein. Wenn ich ehrlich bin, sehe ich Julian Draxler im Vergleich mit Henrikh Mkhitaryan noch in einer anderen Liga. Er ist jemand, der in den Bereich von Mario Götze vordringen kann. Und ich traue ihm in dieser Saison auch den internationalen Durchbruch zu.

bundesliga.de: Sehen Sie andere, vor allem junge Spieler bei beiden Vereinen, denen Sie in dieser Spielzeit eine Überraschung oder eine herausragende Rolle zutrauen?

Metzelder: Wenn man sich die Vereine der Bundesliga ansieht, gibt es fast in jedem Kader einen jungen Spieler, der in dieser Saison überraschen kann. Bei Schalke traue ich dies Leon Goretzka zu, bei Dortmund vor allem Aubameyang oder Mkhitaryan. Beide sind zwar keine reinen Talente mehr, aber eben neu in der Bundesliga. Aubameyang hat mit seinem Dreierpack in Augsburg direkt ein deutliches Zeichen gesetzt. Zudem hat Jürgen Klopp den einen oder anderen jungen Spieler mit in den Profikader übernommen. Vielleicht wird von diesen auch einer im Laufe der Saison überraschen.

bundesliga.de: In der vergangenen Saison sind die Bayern der Liga sehr schnell enteilt. Befürchten Sie dies auch in der neuen Spielzeit oder können Dortmund und Schalke dieses Mal besser mithalten?

Metzelder: Ich denke nicht, dass es wieder so schnell so einseitig werden wird. Zum einen haben die Bayern im letzten Jahr wirklich eine perfekte Saison gespielt. Zum anderen war es schon da so, dass die direkten Duelle zwischen Bayern und Dortmund sehr ausgeglichen waren. Es gilt jetzt, in den Spielen dazwischen nicht zu viele Punkte liegen zu lassen und auf Tuchfühlung zu bleiben. Und das gilt für Schalke ganz genauso. Bleibt man dran, gewinnen die direkten Duelle gegen die Bayern auch für Schalke nochmals an Brisanz.

bundesliga.de: Bleibt zum Ende für Sie die Gewissensfrage: Wem drücken Sie denn in dieser Spielzeit, und vor allem im Derby, die Daumen - Schalke oder Dortmund?

Metzelder: Wenn es zum Derby kommt, bin ich als ehemaliger Spieler beider Vereine tatsächlich in einer schwierigen Situation. Da darf es dann gerne ein glorreiches 0:0 sein. Generell denke ich, wie schon erwähnt, dass Dortmund in der Entwicklung ein gutes Stück weiter ist als Schalke. Also werde ich meine Daumen ein bisschen mehr den Schalkern drücken - sie können es mehr gebrauchen.

Das Gespräch führte Dietmar Nolte