Erich Rutemöller sagt, dass der BVB im Topspiel am Samstag gegen den FC Bayern mithalten wird
Erich Rutemöller sagt, dass der BVB im Topspiel am Samstag gegen den FC Bayern mithalten wird

Rutemöller: "Das ist ein Highlight"

xwhatsappmailcopy-link

München - Seit Wochen wirft das Duell Dortmund gegen Bayern seine Schatten voraus. Im Topspiel am Samstagabend treffen im Signal Iduna Park die beiden besten deutschen Mannschaften aufeinander (ab 18 Uhr im Live-Ticker). Doch in welcher Form befinden sich die Kontrahenten? Wer hat welche Vorteile und warum?

Im Gespräch mit bundesliga.de analysiert Erich Rutemöller, ehemaliger Ausbildungsleiter für die Erlangung der Fußballlehrerlizenz beim DFB, die Ausgangslage vor dem Gipfeltreffen. Er verrät, wie der BVB den Branchenprimus FC Bayern knacken kann, warum er von der Verpflichtung Manuel Friedrichs überzeugt ist und wieso sein ehemaliger Schüler Jürgen Klopp so gut bei Fans und Spielern ankommt.

bundesliga.de: Herr Rutemöller, am Samstagabend steigt das Topspiel zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München, der Zweite gegen den Ersten. Worauf dürfen sich die Fans freuen?

Erich Rutemöller: Auf fußballerischen Hochgenuss. Die beiden besten Mannschaften Deutschlands treffen aufeinander. Das ist ein fußballerisches Highlight. Darauf freut man sich.

bundesliga.de: Sehen Sie denn eine der beiden Mannschaften im Vorteil?

Rutemöller: Jein. Zuletzt ist die Verletzungsproblematik in den Vordergrund gerückt. Von daher haben, so sieht es zumindest aus, die Dortmunder die schlechteren Karten, weil mit Hummels, Schmelzer und Subotic doch wichtige Abwehrspieler ausfallen. Aber ich glaube dennoch, dass Klopp und die Mannschaft in der Lage sind, das zu kompensieren. Ein Heimspiel für Dortmund ist natürlich auch ein gewisser Vorteil, wobei aber die Bayern aufgrund ihrer individuellen Stärke und der mannschaftlichen Taktik auch auswärts sehr stark sind. Aber ich halte es für ganz offen. Ich könnte mir vorstellen, dass es ein typisches 1:1-Spiel wird.

bundesliga.de: Sie haben gerade schon die Verletzungsprobleme bei Dortmund angesprochen. Wie schwer trifft das den BVB?

Rutemöller: Das trifft Dortmund schwer, weil die Bank gerade im Abwehrbereich nicht so stark ist. Für den BVB ist es nicht so leicht, das auszugleichen. Sie haben ja auch Manuel Friedrich verpflichtet, der ein alter Klopp-Bekannter ist aus Mainzer Tagen. Seine Verpflichtung ist eine sehr gute Entscheidung, denn Jürgen weiß genau, wen er da hat. Man sollte aber jetzt nicht alles auf diese Verletzungsproblematik reduzieren. Das wird Jürgen auch bestimmt nicht machen. Dortmund ist gerade im Mittelfeld und im Sturm enorm gut besetzt. Daher darf man sich auf das Offensivspiel der Dortmunder vor eigenem Publikum sehr freuen.

bundesliga.de: Kann Manuel Friedrich der Mannschaft in so kurzer Zeit wirklich schon helfen?

Rutemöller: Über seinen Fitnesszustand kann ich natürlich nicht viel sagen. Aber wenn Jürgen eine solche Entscheidung trifft, dann trifft er sie mit viel Verstand und hat sich seine Informationen geholt. Ich bin überzeugt: Wenn er es macht, dann passt das auch.

bundesliga.de: Sie haben Jürgen Klopp in Ihrer Zeit beim DFB ja noch selbst ausgebildet. Verraten Sie uns, was für eine Art Trainer er ist und wieso er bei seinen Spielern, aber auch bei den Fans so gut ankommt.

Rutemöller: Jürgen hat mal einen sehr guten Spruch im Rahmen unseres Lehrgangs gemacht. Er hat gesagt, er möchte gerne der Trainer sein, den er in seiner Zeit als Spieler selbst gerne gehabt hätte. Das sagt schon viel aus. Er ist ein Trainer, der sich in die Lage der Spieler hineinversetzen kann und der sein Verantwortungsbewusstsein bei der Ausbildung und Förderung von Spielern genau kennt. Über den Trainer, bzw. die Trainer braucht man bei Borussia Dortmund nicht sprechen. Der ganze Trainerstab passt gut zusammen.

bundesliga.de: Beim FC Bayern ist seit dieser Saison Pep Guardiola Cheftrainer. Welche taktischen Veränderungen hat der Wechsel von Jupp Heynckes hin zu Guardiola gebracht?

Rutemöller: Ich sehe gar nicht so große Veränderungen, was das generelle Spielverhalten betrifft. Man hat auch letzte Saison schon sehr viel auf Ballbesitz gespielt, hat die Spieler als Mannschaft damit wirken lassen können. Interessant ist, dass Guardiola von den Positionen her variabler spielen lässt. Es gibt so kleine Nuancen. Bei eigenem Ballbesitz spielen zum Beispiel die Außenverteidiger viel zentraler als es bei Jupp Heynckes war. Damit will Guardiola das Zentrum stärken. Das ist ein ganz typisches taktisches Merkmal der Bayern unter Guardiola. Ansonsten haben sich keine großen Veränderungen eingestellt. Allerdings ist Guardiola noch mehr auf Ballbesitz aus und auf Kurzpassspiel, als es bei Jupp Heynckes der Fall war, wo es doch zielstrebiger aufs Tor ging.

bundesliga.de: Man bekommt den Eindruck, dass sich der FC Bayern unter Heynckes mehr Torchancen erspielt hatte als das jetzt der Fall ist und dass unter Pep Guardiola Tiki Taka Einzug gehalten hat.

Rutemöller: Das sehe ich auch so. Das ist Guardiolas Philosophie. Er legt in seinem Training sehr viel Wert darauf. Er hat natürlich auch die Spieler, die das beherrschen, weil sie das technische Können dafür mitbringen. Und wenn man sich das Spiel bei Manchester City vor Augen führt, da hat das ja wunderbar funktioniert.

bundesliga.de: Wie würden Sie denn die taktische Ausrichtung der Dortmunder beschreiben?

Rutemöller: Es wird interessant sein zu sehen, inwieweit sich die Dortmunder tiefer fallen lassen und versuchen, mit ihrem schnellen Umschaltspiel, das sie ja fast in Perfektion beherrschen, die Bayern zu schlagen. Gerade mit diesen schnellen Spielern wie Reus, Aubameyang, Mkhitaryan und Lewandowski. Beim Supercup vor der Saison, als sie gegen Bayern gewonnen haben (4:2, die Red.), haben sie das ja sehr gut gemacht. Wobei die Spieltaktik natürlich immer abhängig ist vom Verlauf und vom Spielstand.

bundesliga.de:Mario Götze wird erstmals seit seinem Wechsel zu den Bayern wieder im Signal Iduna Park spielen. Wie haben Sie ihn bislang gesehen?

Rutemöller: Er ist auf dem Weg nach oben und hat sich zuletzt gesteigert. Er hatte schon Anpassungsprobleme, auch verletzungsbedingt, und hat sich jetzt auch in der Nationalmannschaft wieder etwas gesteigert. Er kommt seiner Topform näher, die er immer noch nicht hat. Ich weiß nicht, wie er die Situation, die Stimmung verarbeiten wird. Die Dortmunder Fans werden ihn mit Blumen beschmeißen, aber da werden Töpfe dran hängen. Mit Lobeshymnen werden sie ihn nicht überschütten.

Das Gespräch führte Gregor Nentwig