Alan Dzagoev (M.) steuerte zwei Treffer zum klaren 4:1 der Russen gegen Tschechien bei
Alan Dzagoev (M.) steuerte zwei Treffer zum klaren 4:1 der Russen gegen Tschechien bei

Russland spricht schon vom Finale

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Wroclaw - Erst tanzte die "Sbornaja" mit der Leichtfüßigkeit des legendären Bolschoi-Balletts bei der EM zu einem beeindruckenden Auftaktsieg, dann nahm die russische Nationalmannschaft bereits das Endspiel in Kyiw ins Visier.

Advocaat ganz gewieft

"Für uns war es der erste von fünf Schritten auf dem Weg ins Finale", sagte Doppeltorschütze Alan Dzagoev nach der 4:1 (2:0)-Gala gegen Tschechien. "Dieser Sieg", ergänzte er mit einem frechen Grinsen, "war für einige sicher sehr beeindruckend." Es war, schrieb die tschechische Zeitung Daily Sports, "als ob man dem russischen Bären sagt: Hier sind wir, esst uns."



Beeindruckt, aber längst nicht zufrieden war Trainer Dick Advocaat. "Vier Tore in einem EM-Spiel sind eine sehr gute Leistung. Aber wir hätten noch mehr schießen können und auch noch höher gewinnen müssen", sagte er. Und in der Tat waren die überforderten Tschechen um ihren hilflosen Weltklasse-Torhüter Petr Cech mit dem Ergebnis noch gut bedient. Schnell wurden in Wroclaw Erinnerungen an 2008 wach, als die Russen ebenfalls mit der Eleganz eines Tanzensembles bis ins Halbfinale der EM gestürmt waren und nach einem Sieg gegen die Niederlande dort erst vom späteren Champion Spanien gestoppt wurden.

In nur 90 Minuten hat sich die "Sbornaja" dank eines technisch und taktisch starken Auftritts auf jeden Fall in den Kreis der Favoriten für diese Endrunde katapultiert. Advocaat, ganz der gewiefte Trainer, dämpft freilich aufkommende Euphorie. "Am Ende reckt man die Trophäe in die Höhe, nicht schon jetzt. Sicher gibt es Momente, in denen wir noch besser sein müssen." Aber, ergänzte er dann doch: "Ich bin überzeugt, dass uns das auch gelingen wird."

"Haben uns auf unsere Gesundheit konzentriert"



Für die Tschechen waren sie schon gut genug: Die gealterten Russen mit einem Durchschnittsalter von 30,5 Jahren zeigten überraschend hohe Laufbereitschaft und spielten mutig nach vorn. Den Grund für ihre Frische verriet Advocaat, der Russland nach dem Turnier zum PSV Eindhoven verlassen wird, nach dem Abpfiff: "Es ist sehr wichtig, dass wir nur einmal am Tag trainieren. Es hätte in den letzten Wochen keinen Sinn gemacht, dass wir mehr machen."

Die Spieler um Mannschaftskapitän Andrey Arshavin von Meister Zenit St. Petersburg hatten nach einer langen Saison teilweise nur eine Woche Pause - deswegen reduzierte Advocaat das Training auf ein Minimum. Und mit diesen Plan war der 64-Jährige prompt erfolgreich: "Wir haben uns auf unsere Gesundheit konzentriert, das war genau die richtige Entscheidung." Ändern wolle man am Training vorerst nichts. Warum auch?

In der Vorbereitung gab es ein 3:0 gegen Italien, jetzt diesen ungefährdeten Sieg gegen die Tschechen. Insgesamt ist die "Sbornaja" seit 15 Spielen unbesiegt. "Ich denke, dass wir die Form halten können, uns vielleicht sogar noch steigern werden", sagte Dzagoev, der ebenso traf (15./79.) wie Roman Shirokov (24.) und Roman Pavlyuchenko (82.). Der künftige Wolfsburger Bundesligaprofi Vaclav Pilar (52.) hatte das zwischenzeitliche 1:2 für Tschechien erzielt. (XL-Galerie: Bilder der Gruppe A)

Tschechen geben sich selbstkritisch



Nach dem ersten Spieltag führt Russland die Gruppe A souverän an. Am Dienstag geht es im Nationalstadion in Warschau gegen Co-Gastgeber Polen, der mit einem enttäuschenden 1:1 gegen Griechenland unter gewaltigem Druck steht. "Das ist ein schönes Stadion", sagte Advocaat und wich Einschätzungen über die Polen aus: "Ich muss mir erst ihr Spiel ansehen. Wir sind erstmal sehr froh über unseren ersten Sieg."

Von diesem kann "CECH-ien" in der jetzigen Form nur träumen. "Wir sind wirklich sehr enttäuscht", sagte Trainer Michal Bilek, der keine Erklärung für den harmlosen Auftritt seiner Auswahl fand: "Sicher haben wir zu viele Fehler gemacht und den Ball zu oft verloren, wir wollten ein anderes Ergebnis."

Auch Torhüter Cech konnte aufgrund der Abwehrschwächen nichts retten und muss wie 2008 das Aus schon in der Vorrunde fürchten. Nichts da, sagt Bilek: "Wir müssen uns steigern, aber ich weiß, dass wir in den nächsten beiden Spielen gewinnen können."