Hart aber fair am Mann: Viktor Skripnik war "Mr. Zuverlässig" in der Defensive von Werder Bremen
Hart aber fair am Mann: Viktor Skripnik war "Mr. Zuverlässig" in der Defensive von Werder Bremen

"Respekt ja, aber bitte keine Angst"

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Bremen/Hamburg - Bei seiner Ankunft in Bremen wurde er als "Beckham der Ukraine" empfangen. Doch das entsprach eigentlich so gar nicht seiner Spielweise. In acht Jahren als Bundesliga-Profi bei Werder machte sich Viktor Skripnik eher einen Namen als fleißiger, solider Arbeiter ohne Starallüren. 138 Mal spielte der Defensivallrounder für die Grün-Weißen und erzielte dabei sieben Tore.

Vor dem Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und der Ukraine (ab 20:30 Uhr im Live-Ticker) sprach Werders U17-Coach Skripnik mit bundesliga.de über seine Erinnerungen an die Länderspiele gegen die DFB-Auswahl, das Leistungsvermögen der Ukraine, die Stars von Morgen und die Partie am Freitag.

bundesliga.de: Herr Skripnik, auch wenn Ihre Zeit im Trikot der Ukraine schon etwas länger her ist: Kribbelt es bei Ihnen im Hinblick auf die Partie am Freitag in Kiew?

Viktor Skripnik: Gegen Deutschland zu spielen ist für jeden Profi ein Traum. Ich habe es zweimal miterleben dürfen – leider mit einem nicht so schönen Ende für die Ukraine. Damals sind wir in den Playoffs zur WM 2002 gnadenlos gescheitert. Für uns ist es jetzt aber ein ganz besonderes Spiel im Hinblick auf die EURO 2012. Es wird sicherlich ein großes Spektakel und natürlich freue ich mich darauf.

bundesliga.de: Wird die Partie wirklich nur freundschaftlichen Charakter haben oder wird es ein ernstzunehmender Test?

Skripnik: Die deutschen Spieler müssen sich nicht mehr beweisen. Sie müssen nur ihre Klasse bestätigen. Ganz anders sieht es bei der Ukraine aus. Trainer Oleg Blochin hat viele Spieler in seinem erweiterten Kader. Für sie alle gibt es nicht mehr viele solcher Chancen, um sich für die Europameisterschaften zu empfehlen. Von daher werden die ukrainischen Spieler voll motiviert sein.

bundesliga.de: Zu Ihrer aktiven Zeit lag das Leistungsvermögen beider Mannschaften nicht so ganz weit auseinander. Heute ist es wohl eher ein Vergleich zwischen David und Goliath, oder?

Skripnik: Deutschland ist hoher Favorit. Ohne Frage. Und in der Breite hat die Ukraine natürlich nicht so viel individuelle Klasse. Aber wir haben schon einige Spieler, die sehr gutes internationales Format haben, wie zum Beispiel Anatoliy Tymoshchuk, Andrij Woronin oder Andrij Schewtschenko.

bundesliga.de: Die von Ihnen genannten Spieler sind auch in Deutschland wohl bekannt. Aber was kommt dahinter?

Skripnik: Unser Nachwuchs ist vielversprechend. Die U21 ist in diesem Jahr mit breiter Brust zur Europameisterschaft gefahren, konnte aber dem Druck dort nicht standhalten und scheiterte als Gruppenletzter in der Vorrunde. Aber da haben Spieler wie Andriy Yarmolenko von Dynamo Kiew, Yaroslav Rakytskiy von Shakhtar Donezk oder Yevheniy Konoplianka von meinem Heimatverein Dnepr Dnepropetrowsk aufhorchen lassen, von denen wir in der Zukunft sicherlich noch einiges hören und sehen werden.

bundesliga.de: Und das schon am Freitag gegen Deutschland?

Skripnik: Die Ukraine hat Heimrecht und muss dementsprechend auftreten, sie muss sich als Ausrichter der EURO gut präsentieren und die Spieler müssen sich für ein EM-Ticket empfehlen: Dieses muss, muss, muss ist gefährlich. Der Druck, der auf der Mannschaft lastet, könnte zu groß werden und zu Fehlern führen.

bundesliga.de: Vor welchem deutschen Spieler hat die Ukraine wohl den meisten Respekt?

Skripnik: Man sollte vor jedem Spieler Respekt haben. Respekt ja, aber bitte keine Angst. Diese Grenze ist ein schmaler Grat. Ob bei Deutschland nun Schweinsteiger und Lahm dabei sind, oder dafür ein Götze und ein Schürrle spielen - Trainer Jogi Löw hat genügend Stars als Alternativen.

bundesliga.de: Hat die Ukraine denn überhaupt eine Chance?

Skripnik: Die Ukraine muss einen richtigen guten Tag erwischen und Deutschland einen nicht so guten. Wenn dann noch das Stadion voll ist und richtig mitgeht, dann ist für uns etwas zu holen. Ein Unentschieden wäre eine tolle Sache.

Das Gespräch führte Michael Reis