Obwohl der 1. FC Nürnberg das Erreichen des Relegationsplatzes nicht mehr in der eigenen Hand hat, ist Roger Prinzen optimistisch, dass es reichen wird
Obwohl der 1. FC Nürnberg das Erreichen des Relegationsplatzes nicht mehr in der eigenen Hand hat, ist Roger Prinzen optimistisch, dass es reichen wird

Prinzen: "Dann könnten wir gleich zuhause bleiben!"

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Nürnberg - Viel spricht nicht mehr für den 1. FC Nürnberg im Abstiegskampf. Selbst ein Sieg auf Schalke würde dem FCN nur dann helfen, wenn gleichzeitig der HSV in Mainz höchstens einen Punkt holt (ab 15 Uhr im Live-Ticker).

Im Interview mit bundesliga.de spricht Interimstrainer Roger Prinzen über die Stimmung beim "Club", über den Spieler, auf den er besonders baut, und über seine ganz persönlichen Empfindungen (Abstiegs-Countdown im Live-Ticker).

bundesliga.de: Herr Prinzen, Ihr Aufsichtsratsmitglied Günther Koch sagt in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk, er hoffe zwar noch, glaube aber nicht mehr wirklich an die Rettung; wie groß ist Ihr Glaube, doch noch Platz 16 und damit die Relegation zu erreichen?

Roger Prinzen: Es mag abgedroschen klingen, aber wenn wir - der Trainerstab inklusive meiner Person - den Glauben nicht hätten, es doch noch schaffen und diese Saison zu einem glücklichen Ende für den "Club" bringen zu können, dann könnten wir am Wochenende gleich zuhause bleiben.

bundesliga.de: Was nährt Ihre Hoffnung nach dem bitteren Spiel gegen Hannover, in dem man die Verunsicherung Ihrer Mannschaft mit jeder Minute mehr spüren konnte?

Prinzen: Wir haben in der Woche vor dem Hannover-Spiel alle Abläufe immer und immer wieder geübt, um den Spielern Sicherheit zu geben. Dann aber bekommen wir im Spiel nach nur vier Minuten einen Gegentreffer, und plötzlich ist von all dem, was noch unter der Woche jeder aus dem Effeff beherrscht hat, nichts mehr da. Und nach einem solchen Nackenschlag dauert es erst einmal, bis wenigstens eine gewisse Stabilität zurückkehrt gegen einen Gegner, der ohne Druck aufspielen kann. Mit einem Anschlusstreffer hätten wir uns vielleicht noch belohnen können für unsere Mühe. Leider ist uns der aber nicht geglückt.

bundesliga.de: Welcher Spieler geht jetzt voran, wer braucht besonders viel Zuspruch?

Prinzen:Per Nilsson ist ein absolutes Vorbild, und ich bin froh, dass er nach langer Verletzungspause wieder zur Verfügung steht. Per geht im Training voran, setzt die Aufgaben hoch konzentriert um und versucht alles, um seinen Mannschaftskollegen seinen Glauben an die Rettung zu vermitteln. Aber wir wissen auch, dass es Sender und Empfänger gibt. Und diese Empfänger müssen ihre Antennen so ausrichten, dass die Nachricht tatsächlich bei Ihnen ankommt. Jeder einzelne muss jetzt mit sich ins Gericht gehen und sich alles abverlangen. In dieser Situation kann es eine Gratwanderung sein zwischen Lockerheit und Verkrampfung. Also geht es darum, den Spielern die Lockerheit zu vermitteln, die sie unbedingt benötigen, wenn am Samstag um 15:30 Uhr angepfiffen wird.

bundesliga.de: Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Spieler selbst tatsächlich noch an die Rettung glauben?

Prinzen: Wenn ich von den Trainingseindrücken ausgehe, bin ich fest überzeugt, dass sich das Team mit aller Macht gegen den Abstieg stemmt. Ich weiß zwar, dass es in jedem Profi-Team immer auch unzufriedene Spieler gibt, bin aber überzeugt, dass sich jetzt jeder in den Dienst der Sache stellt. Mein Job ist es, die richtigen Spieler zu finden, die für diese Aufgabe die bestmögliche Mannschaft ergeben. Ich weiß, wie schwer diese Aufgabe wird, aber wir haben nur noch diese eine Chance.

bundesliga.de: Die "richtigen" Spieler zu finden wird schon deshalb schwierig, weil mit Chandler, Plattenhardt und Pinola Dreiviertel Ihrer etatmäßigen Abwehr gesperrt sind...

Prinzen: Die, die in Frage kommen, müssen mir den Eindruck vermitteln, dass sie keine Angst haben, sondern sagen "Das ist eine große Chance für mich, ich kann mich jetzt beweisen und kann in dieser fast ausweglosen Situation mit dem 'Club' etwas nahezu Einmaliges schaffen!". Wer jetzt mithilft, dieses Wunder möglich zu machen, der wird den Menschen in Nürnberg immer in Erinnerung bleiben.

bundesliga.de: Sie müssen Ihre Spieler aufbauen, aber wer baut Sie auf, wer gibt Ihnen Zuspruch?

Prinzen: Wir sind ein gut funktionierendes Trainerteam, das sich nach jedem Training austauscht und alle wichtigen Eindrücke wie etwa die Körpersprache der Spieler reflektiert. Und selbstverständlich spreche ich auch schon einmal mit externen Trainerkollegen, die in der Vergangenheit vielleicht vor einer ähnlichen Situation gestanden haben.

bundesliga.de: Sie sind erst seit 2013 beim "Club"; geht die Bindung dennoch über das rein Professionelle hinaus, und leiden Sie an der jetzigen Situation?

Prinzen: Ja. Ich leide sehr. Das liegt wohl an meiner Persönlichkeitsstruktur. Ich kann nicht ausblenden, dass hier Menschen arbeiten, die seit Jahren ihr Herzblut für den "Club" geben und die mir nun vertrauen. Ich interessiere mich für diese Menschen, und ich weiß, wer im Büro im zweiten Stock im dritten Zimmer links sitzt und wer im vierten Zimmer rechts. Ich sehe, mit welcher Hingabe und Leidenschaft von den Jugendtrainern bis zum Platzwart jeder einzelne alles für den "Club" gibt. Da kann ich doch nicht sagen "Egal, was am Samstag passiert, nach mir die Sintflut!".

bundesliga.de: Gegen Hannover schien es so, als hätten manche Fans den Kampf schon aufgegeben; glauben Sie daran, dass noch viele Anhänger den "Club" auf Schalke unterstützen? (Vorschaufakten)

Prinzen: Unsere Fans unterstützen uns trotz der schwierigen sportlichen Situation bemerkenswert, darum geht es auch in der Kampagne "Ich bereue diese Liebe nicht." Ich denke, dass junge Spieler wie Pachonik, Stark oder Colak, die die Zukunft des "Club" sein können, Unterstützung brauchen.

Das Gespräch führte Andreas Kötter