Zu gut für die Tschechen: Cristiano Ronaldo (u.r.) donnert den entscheidenden Kopfball ins Netz
Zu gut für die Tschechen: Cristiano Ronaldo (u.r.) donnert den entscheidenden Kopfball ins Netz

Portugal liegt "Goldköpfchen" Ronaldo zu Füßen

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Warschau - Cristiano Ronaldo hatte es eilig. Ein Lächeln für die Kameras, ein paar warme Worte, dann war der "Man of the Match" auch schon wieder verschwunden. Schließlich hatte er sich in den Minuten nach dem Schlusspfiff schon auf dem Spielfeld richtig ausgetobt: Die Jubelpose auf den Knien, die Freudenschreie, das Abklatschen mit den Kollegen - es war ein wilder, entschlossener Jubel gewesen, kein befreiter oder ausgelassener. Kein Zweifel: Cristiano Ronaldo hat noch viel vor bei dieser EM.

Erst Pfiffe, dann Bewunderung

"Der Traum geht weiter, ein neues Etappenziel ist erreicht. Die Hoffnungen im Halbfinale sind groß", sagte der Schütze des erlösenden Tores zum 1:0 (0:0)-Erfolg im Viertelfinale in Warschau gegen Tschechien: "Wir dürfen vom Finale träumen, aber auf keinen Fall abheben. Wir sind im Rennen." Ob der nächste Gegner nun Spanien oder Frankreich heißt, sei ihm "gleich", sagte Ronaldo, schließlich sei sein Team "gut in Schuss".



Diese Beschreibung passt vor allem auf Cristiano Ronaldo selbst. Nachdem ihm mit zwei Toren im letzten Gruppenspiel gegen die Niederlande der Befreiungsschlag gelungen war, spielte er gegen Tschechien erneut überragend. Der Superstar trieb seine Teamkollegen pausenlos an, riss sie immer wieder durch klare Ansagen oder auch kleine Gesten mit. Ronaldos Wille zu Tor und Triumph war fast greifbar. Von seinen Aluminiumtreffern drei und vier im Turnier ließ er sich nicht verunsichern. Ebensowenig von den Pfiffen, die ihn zunächst bei jeder Ballberührung begleitet hatten, irgendwann aber einem bewundernden Raunen Platz machen mussten.

Auch der Gegner, der vor allem in der zweiten Halbzeit förmlich an die Wand gespielt wurde, verneigte sich vor "CR7". "Ronaldo ist einer der beiden besten Spieler der Welt, und er hat es bei diesem Kopfballtor wieder bewiesen. Es ist verdammt schwierig, gegen ihn zu verteidigen", sagte Tschechiens Weltklassetorwart Peter Cech.

Eusebio "kommen die Tränen"



In der 79. Minute hatte Ronaldo den Ball nach einer Flanke von Joao Moutinho per Aufsetzer ins Tor gerammt. Sein Gegenspieler Theodor Gebre Selassie, dessen Wechsel zu Werder Bremen am Tag nach dem EM-Aus bestätigt wurde, sah gegen den Kapitän der Portugiesen recht hilflos aus. Er wisse nicht, ob Gebre Selassie beim Gegentor einen Fehler gemacht habe, sagte Tschechiens Trainer Michal Bilek, offensichtlich sei aber gewesen, "dass Ronaldo besser war".

Auf der Ehrentribüne rührte der Halbfinaleinzug sogar den großen Eusebio, der Luis Figo, dem anderen portugiesischen Fußball-Idol, beim Schlusspfiff um den Hals fiel. "Mir sind die Tränen gekommen", sagte Eusebio: "Ich bin dank dieser Spieler ein glücklicher Mensch. Wir sind zwar noch nicht Europameister, aber jetzt fehlen nur noch zwei Spiele."

Wilde Party-Nacht in Lissabon



Natürlich stimmten die portugiesischen Medien wahre Hymnen auf ihren Superstar an. "Cristiano Ronaldo hat gezeigt, aus welchem Holz Meister geschnitzt sind", schrieb "Record", und "Publico" ergänzte: "Ronaldo war ein Zauberkünstler ohne Angst vor dem Drahtseil, einer, der das Risiko auf sich genommen hat."

Hunderttausende Portugiesen machten nach dem souveränen und verdienten Erfolg die Nacht zum Tage. In Lissabon strömten nach dem Spiel die Massen zum zentralen Platz Marques de Pombal, der Schein der Bengalo-Fackeln tauchte alles in ein feuriges Rot. Das Denkmal in der Platzmitte wurde regelrecht gestürmt, überall wehten Fahnen. Und Ronaldo, na klar, ihn feierte das Partyvolk mit Sprechchören.

"Ronaldo ist die Nummer eins der Welt"



"Er ist das ganze Jahr in toller Form und die Nummer eins in der Welt", sagte Hugo Almeida über Ronaldo und sprach von einem "großen Sieg". Almeida, der ehemalige Bremer, war für den am Oberschenkel verletzten Helder Postiga ins Spiel gekommen und darf sich nun im Halbfinale auf einen Platz in der Startelf freuen - denn Postiga wird nicht rechtzeitig fit werden.

Und tatsächlich erweckten alle Portugiesen den Anschein, als sei es ihnen egal, ob sie es nun mit den Weltmeistern aus Spanien oder den Franzosen um Franck Ribery zu tun bekommen. "Egal, wer es wird, er wird uns gehörig Probleme bereiten", sagte Joao Pereira und grinste: "Wie heißt es so schön: Es kommt der, den der Teufel schickt."