Auf sie mit Gebrüll: Patrick Herrmann glaubt an Gladbachs Chance im Duell mit Bayern
Auf sie mit Gebrüll: Patrick Herrmann glaubt an Gladbachs Chance im Duell mit Bayern

Herrmann: "Wir wollen nicht nur bunkern!"

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Mönchengladbach - Mit dem Klassiker Gladbach gegen Bayern startet die Liga am Freitag in die Rückrunde (ab 20 Uhr im Live-Ticker). Im Interview mit bundesliga.de erinnert sich Gladbachs Patrick Herrmann an eine sehr ähnliche Ausgangsposition vor zwei Jahren und erklärt, mit welcher Taktik die sonst selbst auf Ballbesitz spezialisierten Borussen den scheinbar übermächtigen Bayern beikommen wollen. Außerdem spricht der 22-Jährige über die Entscheidung seines Teamkollegen Marc-Andre ter Stegen, seinen Vertrag bei Borussia nicht mehr zu verlängern.

bundesliga.de: Herr Herrmann, Ihr Team-Kollege Marc-Andre ter Stegen hat in der Winterpause erklärt, dass er seinen Vertrag nicht verlängern wird. Wie hat die Mannschaft diese Nachricht aufgenommen?

Patrick Herrmann: Ach wissen Sie, wir kennen eine solche Situation so oder ähnlich doch schon. Als uns Marco (Reus; d. Red.), Roman (Neustädter; d. Red.) und Dante verlassen haben, bedeutete das auch einen großen Einschnitt. Selbstverständlich ist es sehr schade, dass Marc gehen wird. Denn er ist nicht nur ein Weltklassetorhüter, sondern obendrein ein super Typ. Aber es hilft ja nichts, wir müssen seine Entscheidung akzeptieren. Und dann geht es weiter.

bundesliga.de: Weiter geht es erst einmal mit dem Rückrundenstart ausgerechnet gegen den bisher ungeschlagenen FC Bayern. Wobei Sie durchaus angenehme Erinnerungen an die Gäste aus München haben dürften ...

Herrmann: Das stimmt. Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren waren die Bayern schon einmal zum Rückrundenstart bei uns zu Gast. Damals kamen sie als Tabellenführer in den Borussia Park, wir lagen als Vierter nur vier Punkte zurück. Damals haben wir ein tolles Spiel abgeliefert und 3:1 gewonnen, wobei es mir vergönnt war, zwei Treffer beizusteuern. Das war wirklich ein super Tag für mich!

bundesliga.de: Die Bayern reisen mit einer deftigen 0:3-Testspiel-Schlappe gegen Red Bull Salzburg im Gepäck an. Befürchten Sie, dass die Guardiola-Elf nun noch aggressiver auftritt?

Hermann: Es dürfte klar sein, dass sich die Bayern über diese Niederlage ziemlich geärgert haben. Letztlich war es aber nur ein Testspiel, und ich bin sicher, dass sie ein Pflichtspiel gegen Red Bull nicht verloren hätten. Deshalb messe ich dieser Niederlage keine große Bedeutung bei.

bundesliga.de: Borussia hat in der Hinrunde die meisten Gegner durch überlegenen Ballbesitz dominiert. Gegen die Bayern dürfte diese Taktik aber kaum funktionieren, oder?

Herrmann: In der Tat ist es kaum möglich, gegen die beste Mannschaft der Welt eine solche Taktik umzusetzen. Schließlich spielen die Bayern selbst ein hohes Pressing mit stets hohem Ballbesitz-Anteil und verstehen es, enormen Druck aufzubauen. Uns ist also bewusst, dass wir zwangsläufig mehr verteidigen müssen als gegen andere Gegner. Trotzdem wollen wir uns nicht hinten reinstellen und nur bunkern. Vielmehr werden wir alles daran setzen mitzuspielen, den Ball immer wieder in den eigenen Reihen zu halten und so ein paar Chancen herauszuspielen.

bundesliga.de: Dafür sind nicht zuletzt Sie zuständig, obwohl Sie gegen die Bayern auch verstärkt defensiv gefordert sein und es vor allem mit Franck Ribery zu tun bekommen werden.

Herrmann: Ribery ist ein Weltklassespieler, wenn nicht sogar der Beste der Welt. Ihn kann man nur dann stoppen, wenn man gewissenhaft zusammenarbeitet. Sonst ist es kaum möglich, ihn aufzuhalten. 

bundesliga.de: Gegen die Bayern mag Borussia in die Defensive gedrängt werden, in den meisten anderen Spielen aber war es bisher umgekehrt: Borussia dominierte. Befürchten Sie, dass viele Teams nun noch defensiver auftreten werden im Borussia-Park?

Herrmann: Ich glaube nicht, dass es so viel anders sein wird als in der Hinrunde. Schon nach ein paar Spieltagen wussten die anderen Teams doch, wie wir auftreten. Manche Mannschaften haben sich in der Folge ziemlich tief hinten reingestellt, um uns das Leben schwer zu machen. Und damit müssen wir wohl auch in der Rückrunde rechnen.

bundesliga.de: Gladbach verfügt über einen ausgeglichenen Kader, Verletzungen wie die von Dominguez konnten nahezu problemlos kompensiert werden ...

Herrmann: Keine Frage, wir stellen heute eine geschlossene Einheit. Und wenn tatsächlich mal jemand ausfällt, steht der Nächste sofort bereit. Wie Julian Korb, der seine Sache wirklich toll gemacht hat, oder wie Tony Jantschke, der von der Außenverteidiger- auf die Innenverteidiger-Position gerückt ist und so aufgetreten ist, als hätte er nie etwas anderes gemacht.

bundesliga.de: Ist der aktuelle, ausgeglichene Kader stärker als der, der vor zwei Jahren Vierter wurde?

Herrmann: Das ist eine sehr schwierige Frage. Vor allem ist unsere Spielweise gänzlich anders. 

bundesliga.de: Mit dem enorm schnellen Marco Reus wurde damals auf Konter gespielt.

Herrmann: Genau. Marco hat damals in der Offensive für sehr viel Wirbel gesorgt, und wir haben uns blind verstanden. Trotzdem glaube ich, dass uns das neue, auf Ballbesitz ausgelegte System sehr zugute kommt.

bundesliga.de: Entspricht das, was Borussia in der Hinrunde geleistet hat, schon hundert Prozent?

Herrmann: Es war zumindest sehr nah dran, vor allem bei der Serie von sieben Siegen in Folge. Das zu wiederholen, ist sicher nicht unmöglich, aber doch schwierig. Wir haben das bereits vor zwei Jahren einmal erlebt, als wir am Ende Vierter wurden. Damals war die Rückrunde ein Stück weit schlechter als die Hinrunde. Wir sind also gewarnt. Und es gibt einige Teams, denen ich in der Rückrunde noch einiges zutraue.

bundesliga.de: Vor allem Wolfsburg hat mit Kevin De Bruyne einen weiteren Hochkaräter verpflichtet, so dass dort die Erwartungen wohl noch mehr steigen dürften als bei Borussia. Kommt es Ihnen und Ihren Teamkollegen gelegen, wenn der mediale Fokus nun mehr auf dem VfL liegt?

Herrmann: Zunächst einmal möchte ich sagen, dass es uns grundsätzlich nicht interessieren sollte, wenn die Medien ihre Geschichten zuspitzen. Dass Wolfsburg eine Top-Truppe hat, das haben wir beim letzten Hinrundenspiel, beim 2:2, am eigenen Leib erfahren müssen. Mit De Bruyne kommt nun noch ein Topspieler, was einmal mehr zeigt, über welche finanziellen Mittel der VfL verfügt. Diese Wölfe haben ohne Frage das Zeug dazu, die Champions-League-Plätze anzugreifen.

bundesliga.de: Gilt das auch für den BVB, der gegen Ende der Vorrunde schwächelte?

Herrmann: Dabei muss man doch berücksichtigen, welches Verletzungspech die Mannschaft hatte. So viele Ausfälle kann selbst ein Topteam nur schwer kompensieren. Wenn die meisten dieser Spieler nun aber nach und nach zurückkehren, gehört der BVB auf jeden Fall zu den Topkandidaten für die Champions League-Plätze.

bundesliga.de: Angenommen am Saisonende würde es für Gladbach nur für Tabellenplatz sechs reichen, wären Sie sehr enttäuscht?

Herrmann: Nein, enttäuscht nicht. Auch dann hätten wir die Erwartungen und die Ziele, die wir uns zu Saisonbeginn gesteckt haben, deutlich übertroffen. Natürlich gefällt es uns sehr gut, wenn wir aktuell auf die Tabelle mit unserem dritten Platz schauen. Aber, wie bereits gesagt, die Rückrunde ist noch lang, und wir dürfen nicht vergessen, dass wir im Vergleich zur Hinrunde nun ein Heimspiel weniger haben werden.

bundesliga.de: Abschließend bitte Ihr Tipp für die Partie gegen die Bayern.

Herrmann: Da muss ich kurz überlegen. Klar, am liebsten wäre mir natürlich ein Sieg, dann wären wir das erste Team, das die Bayern in dieser Saison geschlagen hätte. Vor allem aber wünsche ich mir, dass wir unseren Fans ein richtig gutes Spiel bieten. Sollte die Partie dann unentschieden ausgehen, wäre auch das bereits ein großer Erfolg.

Das Gespräch führte Andreas Kötter