Der Moment des Jubels: Nachdem Paraguay alle fünf Elfmeter versenkt hatte, gab es kein Halten mehr
Der Moment des Jubels: Nachdem Paraguay alle fünf Elfmeter versenkt hatte, gab es kein Halten mehr

Paraguay feiert - und denkt an Cabanas

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Nelson Valdez und Lucas Barrios weinten vor Glück, der Staatspräsident gab umgehend frei, die Telefonleitungen brachen zusammen - doch als Paraguays historischer Moment ein klein wenig gesackt war, dachten alle nur an Salvador Cabanas. Der Stürmer der Albirroja hat nach einer Tragödie in Mexiko eine Pistolenkugel im Kopf stecken, er kann vielleicht nie wieder Fußball spielen.

"Dies ist für Chava. Salvador, der Sieg gehört von ganzem Herzen dir. Du bist immer bei uns", sagte der Dortmunder Stürmer Valdez nach dem 5:3 i.E. gegen Japan und ergänzte: "Wir spielen nur für dich." Barrios, Nationaltrainer Gerardo Martino, Paraguays Staatspräsident Fernando Lugo und viele andere schlossen sich an.

Präsident ruft Fußball-Feiertag aus

Um 12.42 Uhr paraguayischer Zeit war das Spiel beendet, eine Viertelstunde später trat Fernando Lugo im Trikot der "Albirroja" vor die Presse und rief einen halben Fußball-Feiertag aus. Dies aber war eigentlich gar nicht mehr nötig: Die große Party war längst im Gange - Zentrum war das Pantheon der Helden, die letzte Ruhestätte für die Heroen des Unabhängigkeitskampfes.

In der Stunde des Sieges ging in Paraguay fast nichts mehr. Internetseiten waren überlastet, Telefone und Handys blieben stumm. "Meine Mama konnte sowieso nicht reden. Sie hatte so laut geschrien, dass ihre Stimme weg war", berichtete Valdez. "Aber ich habe kurz meine Ehefrau Tynka in Paraguay erreicht. Sie war völlig fertig."

"Unvorstellbar, was dort jetzt los ist"

So ging es vielen in dem Land am Rio Parana, das nicht nur geografisch zwischen Argentinien und Brasilien "eingeklemmt" ist, sondern auch sportlich immer im Schatten der schier übermächtigen Nachbarn stand. "Unvorstellbar, was dort jetzt los ist", sagte Roque Santa Cruz, früherer Bayern-Profi: "Sie sind alle unglaublich stolz auf uns und unser kleines Land." Die 6, 4-Millionen-Einwohner-Nation steht nach dem ersten Elfmeterschießen in Paraguays WM-Geschichte erstmals im Viertelfinale.

Auch dank argentinischen Blutes. Lucas Barrios wurde im Schnellverfahren vor der WM eingebürgert und küsste nach dem Spiel die rot-weiße Fahne, als habe er sein Leben lang in Paraguay gelebt, Paraguay geliebt. "Dies war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Ich bin überglücklich", sagte er.

"Wir sind kein krasser Außenseiter"

Mit dem Viertelfinale soll der rot-weiße Traum noch nicht vorüber sein. Spanien wartet, im Halbfinale vielleicht Deutschland. "Krasser Außenseiter? Warum krass? Außenseiter sind wir vielleicht. Aber wir werden kämpfen bis zur letzten Sekunde und unsere Chancen suchen", sagte Valdez nach dem "Spiel mit viel Herz. Wir haben noch viele Träume. Deutschland, das wäre klasse."

Vor dem Spiel hatte die Albirroja noch bei Cabanas, dem Ende Januar in Mexiko-Stadt nach einem Streit in den Kopf geschossen worden war, angerufen - und einen Sieg versprochen. Der kam erst nach 120 Minuten Langeweile zustande, aber das war egal. Barrios und Valdez verwandelten im Elfmeterschießen sicher. "Gott war auf unser Seite", sagte Martino, der ebenfalls Argentinier ist.

Hasebe muss Teamkameraden trösten

Yuichi Komano dagegen hatte Zuspruch nötig. Der Japaner gab den einzigen Fehlschuss ab, traf nur die Latte. "Ich musste alle meine Mitspieler trösten", sagte Kapitän Makoto Hasebe vom VfL Wolfsburg: "Das war eine riesige Chance für uns. Wir sind alle sehr traurig."

Premierminister Naoto Kan lobte die "Blauen Samurai" dennoch überschwänglich. "Die Mannschaft hat die wahre Stärke des japanischen Fußballs gezeigt. Ich klatsche Beifall für den tollen Kampf", sagte er. Fernando Lugo konnte ganz andere Worte wählen: "Im Herzen der paraguayischen Fans seid ihr schon Weltmeister", rief er der Mannschaft zu.