Nur schwer zu stoppen: Portugals Superstar Cristiano Ronaldo präsentierte sich zuletzt in Topform und erzielte bereits drei Treffer bei der EM
Nur schwer zu stoppen: Portugals Superstar Cristiano Ronaldo präsentierte sich zuletzt in Topform und erzielte bereits drei Treffer bei der EM

One-Man-Show gegen "Tiki-Taka"-Armada

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Donezk - Das erste Aufeinandertreffen gab es auf dem Rollfeld - und Cristiano Ronaldo war der Sieger. Um 13:20 Uhr Ortszeit, nur zehn Minuten vor den Spaniern, setzte die Chartermaschine der portugiesischen Nationalmannschaft auf der Landebahn des Flughafens Sergej Prokowjew in Donezk auf. Der Superstar machte somit am Dienstag auch das Rennen um die Riesentorte, die beide Teams von Damen in ukrainischer Tracht zur Begrüßung überreicht bekamen.

Ronaldo soll's für Portugal richten

Keine Geschenke soll es dann am Mittwochabend (ab 20:30 Uhr im Live-Ticker) geben, wenn Portugal Spaniens "Tiki-Taka"-Armada im EM-Halbfinale fordert. "Es ist schön, nach acht Jahren wieder die Chance zu haben, in ein Endspiel einzuziehen", sagte Ronaldo vor dem "Bruderduell" mit dem iberischen Nachbarn. Es geht gegen den Titelverteidiger - und für Ronaldo gegen viele seiner Teamkollegen von Real Madrid.



"Das Spiel wird in den Details entschieden werden, und ich hoffe, dass Portugal hier stärker sein wird", ergänzte der begnadete Fußballer und Showman Ronaldo. Gesucht wird ein probates Mittel gegen Spaniens "Tiki-Taka", das zermürbende wie einschläfernde Kurzpassspiel, das die bisherigen Gegner zur Verzweiflung trieb.

Bundestrainer Joachim Löw sieht die "Passmaschine" wieder favorisiert. Spanien sei `eine der besten Mannschaften der Welt", könne immer "ein bis zwei Tore schießen". Aber: `Portugal ist nach der Niederlage gegen uns in der Spur. Sie habeneine der besten Kontermannschaften und können den Spaniern wehtun."

Und wer sollte Trainer Paulo Bento bessere Tipps geben können als Ronaldo? In der Primera Division muss sich Real Madrid andauernd mit der auf Ballbesitz und Spielkontrolle basierenden Fußball-Philosophie auseinandersetzen: Denn Spanien, das ist der FC Barcelona ohne Lionel Messi. Immerhin kassierte Real in den letzten sechs Pflichtspielen gegen Barca nur drei Niederlagen und gewann das entscheidende Duell um die Meisterschaft im April mit 2:1 - in Barcelona. Der Schütze des Siegtreffers: Ronaldo.

Spanier mit breiter Brust



"Er ist zwar in einer bestechenden Form. Doch Portugal, das ist nicht nur Ronaldo", stellte Iker Casillas klar. Ein Gegentreffer von seinem "königlichen" Kollegen im Halbfinale wäre für Spaniens Torhüter ein Horror-Erlebnis. Casillas ist vom 100. Sieg in seinem 136. Spiel im Tor der "Furia Roja" überzeugt. Und damit auch vom Einzug ins Finale gegen Italien oder Deutschland.

"Wir werden natürlich speziell ein Auge auf Ronaldo werfen", sagte Spaniens Trainer Vicente del Bosque. Schließlich hat "CR7" die letzten drei Treffer der Portugiesen erzielt (2:1 gegen die Niederlande, 1:0 im Viertelfinale gegen Tschechien). Del Bosque wirkt jedoch gewohnt gelassen und selbstbewusst. "Wir kennen den Gegner ganz genau - und er uns. Es gibt keine Geheimnisse."

Del Bosque vertraut seiner Defensive, die im Turnier bislang nur einen Gegentreffer zuließ. "Wir verstehen uns in der Abwehr von Spiel zu Spiel immer besser. Wir können mit breiter Brust ins Halbfinale gehen, in dem wir weiter unseren Fußball spielen werden, um den Gegner mit viel Ballbesitz verhungern zu lassen", sagte Barcelonas Abwehrstratege Pique.

Spanien und del Bosque können Geschichte schreiben



Noch immer sitzt in Spanien der Stachel der 0:4-Pleite in einem Testländerspiel im November 2010 in Lissabon sehr tief. "Das tut immer noch weh, und wir haben es noch immer im Hinterkopf", bestätigte Pique. Allerdings erzielte Ronaldo damals keinen Treffer, wie er überhaupt in seinen 94 Länderspielen noch nie in drei Begegnungen hintereinander getroffen hat.

Die letzten Duelle mit Portugal bei einem großen Turnier sind ausgeglichen. Bei der EM 2004 gewannen die Portugiesen mit 1:0, im WM-Achtelfinale 2010 gewannen die Spanier ebenfalls mit 1:0. Ohnehin laufen die Iberer mit der Referenz von 18 Pflichtspielen ohne Niederlage (17 Siege) auf den Rasen des Glutofens in Donezk. Doch del Bosque klagte weniger über die Temperaturen, sondern über die zwei Tage kürzere Regenerationsphase gegenüber Portugal, das sein Viertelfinale schon am vergangenen Donnerstag austrug. Doch im Gegensatz zum Gegner - der verletzte Stürmer Helder Postiga wird durch den Ex-Bremer Hugo Almeida ersetzt - seien all seine Spieler einsatzbereit.

Zwei Spiele trennen Spanien vom ersten Triple der Fußball-Geschichte, zwei Spiele trennen auch del Bosque von einem historischen Moment. Denn als zweiter Trainer nach dem ehemaligen Bundestrainer Helmut Schön könnte er mit dem Gewinn einer EM und WM ein weiteres Kapitel seiner Erfolgsgeschichte schreiben.


Voraussichtliche Aufstellungen:

Portugal: Rui Patricio - Joao Pereira, Pepe - Miguel Veloso - Raul Meireles, Joao Moutinho - Nani, Cristiano Ronaldo - Hugo Almeida

Spanien: Casillas - Arbeloa, Pique, Sergio Ramos, Alba - Busquets - Xavi, Xabi Alonso - Silva, Fabregas, Iniesta


Die Top-Fakten zum Spiel:

    Spanien steht zum dritten Mal in Folge bei einem großen Turnier im Halbfinale - davor waren die Iberer bei großen Endrunden überhaupt nur zwei Mal in einem Semifinale, jeweils bei einer EM (1964 und 1984)

    Bei einem großen Turnier (EM und WM) ist Spanien noch nie im Halbfinale ausgeschieden

    Zum dritten Mal bei den letzten vier EM-Teilnahmen erreichte Portugal das Halbfinale - in einem EM-Endspiel stand Portugal bisher nur 2004 im eigenen Land

    Portugal gewann 15 seiner 27 EM-Spiele - die Siegquote von 56 Prozent ist die historisch beste aller Teams (Spanien 47 Prozent)

    Spanien ist seit zehn EM-Spielen ohne Niederlage - die letzte EM-Pleite gab es gegen den jetzigen Gegner: am 20. Juni 2004 in Lissabon (Tor: Nuno Gomes)

    Erst zwei Mal erreichte ein Titelverteidiger bei der nächsten EM das Endspiel: Deutschland 1976 und die UdSSR 1964 - beide Nationen verloren dann aber das Finale

    Bei Turnieren trafen die beiden Nachbarn bisher drei Mal aufeinander: 1:1 bei der EM 1984 (Gruppe), 1:0 für Portugal bei der EM 2004 (Gruppe) und 1:0 für Spanien im WM-Achtelfinale 2010.

    Das letzte Aufeinandertreffen zwischen Portugal und Spanien gab es am 17. November 2010 in Lissabon: die Portugiesen feierten einen 4:0-Kantersieg. Für Spanien war es die höchste Niederlage seit 47 Jahren

    Iker Casillas hat in 135 Länderspielen 99 Siege gefeiert - durchbricht er nun als weltweit erster Spieler die 100er-Marke?

    Bei diesem Halbfinale stehen gleich acht Spieler von Real Madrid in den Kadern: Coentrao, Pepe und Ronaldo bei Portugal, Albiol, Alonso, Arbeloa, Casillas und Ramos bei Spanien