Ivica Olic hält den FC Bayern im Champions-League-Finale für den Favoriten
Ivica Olic hält den FC Bayern im Champions-League-Finale für den Favoriten

Olic: "Bayern ist besser als Dortmund"

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München - Zwei Anläufe hat er gehabt, zwei Mal hat es nicht geklappt. Ivica Olic stand mit dem FC Bayern 2010 und 2012 im Endspiel der Champions League, beide Male verließ der Kroate den Platz als Verlierer.

"Das ist sehr schwierig zu überwinden", sagt der Angreifer, der jetzt für den VfL Wolfsburg auf Torejagd geht. "Umso mehr hoffe ich, dass Bayern das nicht ein drittes Mal passiert. Der Weg ins Finale ist ein schwerer, und Bayern hat ihn in dieser Saison so souverän wie nie bewältigt."

Im Interview mit bundesliga.de spricht Olic über den Erfolgsdruck des FC Bayern, seinen Landsmann Mario Mandzukic - und er verrät, welche Faktoren im Finale entscheidend sein werden.

bundesliga.de: Herr Olic, hat ein Sieg in der Champions League für den FC Bayern aufgrund der zwei Finalniederlagen eine gesteigerte Bedeutung?

Ivica Olic: Ja, ich denke schon. Jeder Spieler wird daran denken, dass der Club zuletzt zwei Mal verloren hat. Umso mehr, als die Mannschaft bis auf drei, vier Neue fast die gleiche ist. Sie wollen den Titel dieses Mal nach Hause mitnehmen, und dafür werden sie alles tun.

bundesliga.de: Ist es also wichtiger für Bayern als für Dortmund, Champions-League-Sieger zu werden?

Olic: Dortmund ist ins Finale gekommen und will es jetzt auch gewinnen. Der BVB hat eine super Mannschaft und hat das oft auch schon gegen Bayern gezeigt, das Team hat Qualität, oft gut gespielt - es kann jeden Gegner der Welt schlagen. Und ich habe von vielen gehört, dass für sie Dortmund der Favorit ist. Es wird ein offenes Spiel.

bundesliga.de: Gegen Ihren VfL Wolfsburg kam Dortmund zuletzt aber nur zu einem 3:3.

Olic: Wir haben gut gespielt, und ich denke, sie waren mit dem Kopf schon beim Finale. Außerdem werden sie auch etwas darauf geachtet haben, dass sie sich nicht verletzen.

bundesliga.de: Ist der Siegdruck denn für Bayern höher als für Dortmund?

Olic: Wenn man zwei Finals spielt und zwei Mal verliert, spürt man natürlich besonderen Druck. Aber Bayern hat eine super Mannschaft, die selbstbewusst ist und das bis jetzt hervorragend gemacht hat. Druck hat das Team so oder so. Aber das ist auch gut so, das hält die Spannung aufrecht. Die Spieler wissen, dass sie Qualität haben und jeden Gegner schlagen können.

bundesliga.de: Positiv gefragt: Gereichen die bitteren Finalerfahrungen dem FCB am 25. Mai möglicherweise sogar zum Vorteil?

Olic: Drei Mal in vier Jahren im Finale zu stehen ist eine tolle Leistung. Das gibt auch Selbstvertrauen, spricht für die Stärke der Mannschaft. Wir hätten letztes Jahr gegen Chelsea gewinnen müssen, Chelsea hat es mit viel Glück geschafft. Inter hingegen hatte den Sieg im Jahr davor verdient. In diesem Jahr glaube ich aber, dass die Bayern es jetzt packen.

bundesliga.de: Welche Faktoren werden schlussendlich über Sieg und Niederlage entscheiden?

Olic: Die zwei Mannschaften kennen sich gut, sogar sehr gut. Als Dortmund Bayern vor kurzem vier, fünf Mal hintereinander geschlagen hatte, wurden immer gut die Räume abgedeckt, Bayern konnte nicht viel zeigen. Im Pokal-Viertelfinale dann, als Robben das 1:0-Siegtor schoss, war wiederum Bayern besser, hatte viele Chancen. Aber auch da hat Dortmund gezeigt, dass sie gefährlich sein können. Ich habe den BVB gegen Real Madrid gesehen, da haben sie super gespielt, auch gegen Manchester City. Dortmund hat die Qualität, das Finale zu gewinnen, sonst wäre der BVB nicht qualifiziert. Für mich ist Dortmund im Moment viel besser als Chelsea es vor einem Jahr war - und Chelsea hat den Pokal gewonnen. Aber trotzdem glaube ich an die Bayern.

bundesliga.de: Was unterscheidet das heutige Münchner Team von dem, das letztes Jahr im Finale unterlag?

Olic: Die Mannschaft hat ein weiteres Jahr zusammengespielt, ist also noch erfahrener. Zum Zweiten hat Bayern drei, vier zentrale Spieler geholt für die Abwehr, das Mittelfeld und für ganz vorne: Dante, Martinez, Shaqiri und Mandzukic. Die Qualität ist jetzt noch höher und die Mannschaft komplett - wenn sich einer verletzt, gibt es einen guten Ersatz. Und die Konkurrenz im Team ist jetzt noch höher. Die Mannschaft hat nicht nur in der Bundesliga und im Pokal, sondern auch in Europa hervorragend gespielt und steht absolut verdient im Finale. Bayern ist dieses Jahr einfach besser, auch ein bisschen besser als Dortmund. Doch das muss nichts heißen: Wir waren letztes Jahr auch besser als Chelsea und haben das Finale verloren. In einem Spiel kann immer alles passieren.

bundesliga.de: Sie haben Mandzukic, Ihren Kollegen aus der Nationalmannschaft, angesprochen. Ist er Bayerns herausragender Neuzugang?

Olic: Definitiv. Vielleicht waren die Erwartungen bei ihm nicht so groß, aber wie er sich seinen Platz im Team erarbeitet hat, das war hervorragend, seine ganze Saison ist hervorragend. Natürlich profitiert er in der Bewertung aber auch davon, dass er als Stürmer viele Tore macht.

bundesliga.de: Sollten Mandzukic und Co. auch dieses Finale verlieren: Wie würden die Spieler das verkraften?

Olic: Das macht mir keine Sorge. Nach der Niederlage 2010 wurde gesagt, es würde schwierig für uns werden, aber wir haben es wieder ins Finale geschafft. Ich bin mir sicher, dass, sollte Bayern nicht gewinnen, der Club die nächsten fünf Jahre wieder desöfteren im Finale stehen wird. Ich sehe nicht viele Vereine, die Bayern stoppen können, allenfalls vielleicht Real Madrid oder Barcelona. Die Mannschaft kommt erst noch in ihre besten Jahre, sie wird noch besser werden.

bundesliga.de: Beschreiben Sie uns abschließend bitte, was in den Spielern vorgehen wird, wenn der Schiedsrichter das Finale von London anpfeift.

Olic: Der Druck ist enorm, allerdings vor allem vor dem Spiel. Wenn du dann auf dem Platz stehst, bist du hochkonzentriert und merkst vom Drumherum praktisch gar nichts. Ich erinnere mich gut an das Finale 2010 im Bernabeu. Dort war so eine tolle Atmosphäre, ich habe alles aufgesogen, die Choreographien und so weiter. Was dann während der 90 Minuten um mich herum passiert ist, weiß ich gar nicht mehr. Erst nach dem Spiel nimmst du das wieder wahr.

Das Gespräch führte Felix Seaman-Höschele