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"Der Glubb is a Depp" - dieses geflügelte Wort ist in der Region Nürnberg und unter den Fans des "Club" derzeit häufig zu hören
"Der Glubb is a Depp" - dieses geflügelte Wort ist in der Region Nürnberg und unter den Fans des "Club" derzeit häufig zu hören

Nürnbergs letzter Funke Hoffnung

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Nürnberg - Wer als Ortsfremder derzeit nach Nürnberg kommt, sollte einen wohlgemeinten Rat unbedingt beherzigen: Sprechen Sie im Taxi keinesfalls über Fußball, schon gar nicht über den 1. FC Nürnberg. "Der Glubb is a Depp." Dieses geflügelte Wort wird Sie auch in den Gaststätten, im Einzelhandel, ja sogar an so vermeintlich sportfreien Orten wie einer Apotheke verfolgen. Denn: Die Sorge um den einstmals so ruhmreichen "Club" ist groß, riesengroß sogar. Vom Bäcker an der Ecke bis hin zu Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly. Ein Allheilmittel der sportlichen Misere hat jedoch keiner parat.

Eine Region steht zur ihrer Liebe

Die eher pessimistische Grundhaltung des urtypischen Franken verbietet eine fachliche Analyse der sportlichen Talfahrt. "Angesichts der letzten Auftritte", sagt Peter Maul, Chef des rund 2.500 Mitglieder starken Supporters-Club, dem größten FCN-Einzelfanclub, "sind die Zweifel unter den Anhängern doch recht groß, dass es noch klappen könnte, wenigstens noch die Relegation zu erreichen". Daran ändert auch der Trainerwechsel von Gertjan Verbeek hin zu Interimscoach Roger Prinzen, der zum Einstand am vergangenen Samstag ein 0:2 in Mainz quittieren musste, wenig bis gar nichts.

Welchen Stellenwert der neunmalige Meister, viermalige Pokalsieger, aber eben bislang auch sieben Mal aus dem Oberhaus abgestiegene Verein in der Metropolregion Nürnberg - erschließt sich mit etwa 3,5 Millionen Einwohnern auf rund der halben Fläche Nordbayerns - einnimmt, zeigt sich an zahllosen Plakatwänden. "Ich bereue diese Liebe nicht!" steht dort in großen Lettern. Eine Aktion des Vereins, die nach der komplett sieglosen Hinrunde während der Winterpause erdacht wurde und auf einen einfachen Nenner zu bringen ist: gemeinsam zum Klassenverbleib. Mittlerweile gibt es hunderte von Zaunfahnen mit diesem Slogan, zwei Lieder (eine Rap-Version und ein Über-Sieben-Brücken-Cover), Fanartikel en masse und nicht wenige Anhänger, die sich diesen Satz in die Haut haben tätowieren lassen.

Zwar bröckelte die Front der bedingungslosen Unterstützer zuletzt etwas, gab es in Mainz und zuvor beim 1:4 zuhause gegen Leverkusen einen temporären Stimmungsboykott. Doch für den kommenden Samstag werden noch einmal alle Kräfte mobilisiert. "Gegen Hannover", weiß Ober-Fan Maul, "werden die Leute auf den Rängen wieder alles geben." Der Schockstarre der letzten Wochen soll mit dem letzten Funken Hoffnung begegnet werden. Jetzt oder nie lautet die Forderung an die Spieler. Doch im Gegensatz zu den Versuchen der Krisenbewältigung, als beispielsweise Ende März weit über 1.000 Fans vor der 2:5-Heimniederlage gegen Frankfurt zu einer Trainingseinheit an den Valznerweiher gepilgert waren, um ihre Solidarität zu bekunden, bereiten sich Profis und Fans diesmal getrennt auf das Spiel der Spiele vor. Und keiner verschwendet dabei einen Gedanken an die bisherigen sieben Abstiege des 1. FC Nürnberg.

"Beim 'Club' ist das Unmögliche immer möglich"

Doch wie stehen die Chancen, den drohenden achten Abstieg noch abzuwenden? Abwarten. Noch ist nichts verloren. Noch ist der "Club" nicht alleiniger Rekord-Absteiger - auch Arminia Bielefeld musste schon sieben Mal den Gang in Liga zwei antreten - mit dann acht Zwangsversetzungen. "Bislang haben uns die Ergebnisse des Hamburger SV und von Braunschweig voll in die Karten gespielt", blendet Maul für ein paar Sekunden den fränkischen Pessimismus aus, um sofort in eben jenen zu verfallen. Schließlich überwiegen dann doch wieder die Zweifel, dass der "Club" eine eventuell sich erneut bietende Chance liegen lassen wird, wenigstens noch auf Relegationsplatz 16 zu springen. 

Beim 1. FC Köln wird auch in noch so tristen Zeiten unbeirrt an das Gute im Fußballer geglaubt wird: "Et hät noch immer jot jejange." Dass am Ende auch für den "Club" alles gut wird, davon geht auch Oberbürgermeister Dr. Maly aus: "Beim 'Club', das wissen wir, ist das Unmögliche immer möglich." Dass die "fränkische Seele gerne Trauerflor trägt", weiß zwar auch der SPD-Politiker, der beim 1. FC Nürnberg einen Sitz im neunköpfigen Aufsichtsrat innehat, aber: "Rechnerisch ist noch alles möglich, diesen 16. Platz zu erreichen. Und der HSV ist ja zuletzt ähnlich heldenhaft aufgetreten wie wir..." (Tippen Sie den Abstiegskampf im Tabellenrechner!)

Ungekrönter Meister der Relegation

Dass die lokale Wirtschaft bei einem Abstieg - "der Gedanke daran schmerzt, das ist für uns Cluberer ja kein virtuelles oder abstraktes Gefühl, wir wissen, wie brutal sich das anfühlt" - eine  Delle erleiden würde, davon geht Dr. Maly nicht aus: "Wenn wir gut in der zweiten Bundesliga spielen, dann kommen auch da die Zuschauer, kaufen sich ihr Bier und ein Paar Würstchen, übernachten, schauen sich die Stadt an. Die seelische Komponente ist da schon wesentlicher."

Und so herrscht dann doch ein Hauch Optimismus. Warum? Weil der "Club" der ungekrönte Meister der Relegationsspiele ist. 2009 gelang die Rückkehr ins Oberhaus mit 3:0 und 2:0 gegen Energie Cottbus. Im Jahr darauf wurde der Klassenverbleib in der Beletage mit einem 1:0 und 2:0 gegen den FC Augsburg realisiert. Vier Spiele, vier Siege, viermal zu Null. Das würde nicht nur Dr. Maly sofort unterschreiben. Und sollte es tatsächlich wieder gelingen, aus einer vermeintlich aussichtslosen Situation das Optimum zu holen, dann werden die "Club"-Fans wieder sagen: "Der Glubb is a Depp." Dann mit einem Seufzer auf den Lippen und einer pessimistischen Grundhaltung, was denn die nächste Saison so bringen möge...

Markus Löser