Famagustas Keeper Arian Beqaj freut sich riesig über das erreichen der Champions League
Famagustas Keeper Arian Beqaj freut sich riesig über das erreichen der Champions League

Nahe Heimat, doch so fern

xwhatsappmailcopy-link

Der Text ist wohl bekannt und die Melodie dürfte fast jedem vertraut sein, der schon das ein oder andere Mal ins Schlagerradio reingehört hat: "Griechischer Wein, und die alt vertrauten Lieder. Schenk noch mal ein! Denn ich fühl die Sehnsucht wieder;..." heißt es in dem gleichnamigen, 1974 verfassten Lied von Udo Jürgens.

Was aber hat ein Evergreen des deutschen Schlagers mit der Champions League zu tun? Ganz einfach: Wie Jürgens in seinem Song, sehnt sich auch Werder Bremens erster Gegner in der Champions League (ab 20:30 Uhr im Live-Ticker) Anorthosis Famagusta nach seiner Heimat - und zwar ebenfalls seit 1974.

Flucht gen Süden

Damals gipfelten die seit Jahren herrschenden Unruhen in der griechisch-türkischen Bevölkerung im sogenannten "Zypern-Konflikt", der mit einem Putsch der griechischen Nationalisten endete. Die türkische Regierung reagierte ihrerseits mit einer Invasion des nördlichen Teils, um die auf der Insel lebende türkische Minderheit zu schützen.

Infolgedessen flohen rund 200.000 griechisch-stämmige Zyprer aus "Nordzypern" in den südlichen, "griechischen" Teil der Insel - so auch der Anorthosis FC.

Wien und Piräus geschlagen

Seitdem sehnt sich der 13-malige zyprische Meister nach seiner Heimatstadt Famagusta, die 50 Kilometer entfernt im nördlichen Teil des Eilands liegt. Denn auch wenn der Club seine "Heimspiele" seit 1986 in Larnaca austrägt, betont man doch immer wieder, dass dies nur eine "vorläufige" Lösung sei.

Dauerhaft hingegen werden die Verantwortlichen wohl versuchen, an den bisher größten sportlichen Erfolg der Vereinsgeschichte anzuknüpfen - das Erreichen der Gruppenphase der Champions League.

Dabei schaltete Famagusta nicht nur den österreichischen Rekordmeister Rapid Wien, sondern auch Olympiakos Piräus aus. Gegen den griechischen Serienmeister kassierte Werder im Vorjahr in der Gruppenphase gleich zwei Niederlagen.

Überraschungseffekt aufgebraucht

Grund genug für Bremen, den Gegner aus der unabhängigen Republik Zypern nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. "Das ist keine schwache Mannschaft, das haben unsere Scouts ganz klar analysiert", warnte Sportdirektor Klaus Allofs vor dem Spiel am Dienstag.

Auf einen Überraschungseffekt wie gegen Wien und Piräus kann Anorthosis also nicht hoffen. "Man kennt uns jetzt in Europa", bilanzierte Trainer Temuri Ketsbaja vor dem Debüt in Europas "Königsklasse".

Prominenter Zugang

Zum europaweiten Bekanntheitsgrad dürfte wohl auch der Wechsel von Traianos Dellas, dem "Koloss von Rhodos", beigetragen haben. Der Europameister von 2004 kam im Sommer vom griechischen Top-Club AEK Athen zu Famagusta. Dort soll er gemeinsam mit dem 34-jährigen Offensivspieler Savio, der bereits 126 Spiele in der Primera Division absolviert hat, Führungsarbeit leisten.

Offensiv machte der polnische Stürmer Lukasz Sosin auf sich aufmerksam. In der Qualifikation zur Gruppenphase netzte der 31-jährige drei Mal ein. In der Liga erzielte er mit zwei Treffern in zwei Spielen die Hälfte aller Tore für die Zyprer.

Genuss Champions League

In der Gruppe B bleibt Famagusta dennoch nur die Rolle des krassen Außenseiters. Die Vorfreude auf das "Abenteuer Champions League" schmälert das aber nicht. "Wir haben jetzt sechs Spiele zu genießen", betonte Coach Ketsbaja.

In diesen Genuss wird wohl auch ein alter Bekannter aus der Bundesliga kommen. Jeffrey Leiwakabessy spielte mit Alemannia Aachen 2006/07 in der Bundesliga. Nach der vergangenen Saison wechselte der Niederländer dann vom Dreiländereck nach Zypern.

Bei seiner Rückkehr nach Deutschland wird der Linksverteidiger wohl von Beginn an auflaufen.

Gregor Nentwig