Trotz der beiden Tore von Nicklas Bendtner reichte es am Ende für das dänische Team nicht zum Sieg gegen Portugal
Trotz der beiden Tore von Nicklas Bendtner reichte es am Ende für das dänische Team nicht zum Sieg gegen Portugal

Nächste Sensation erwünscht

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Lwiw - Für einen Augenblick interessierten Nicklas Bendtner die Fragen der Journalisten nicht. Der Blick des dänischen Torjägers hing am Fernseher, auf dem sich gerade in Zeitlupe Mario Gomez um die eigene Achse drehte und mit unglaublicher Eleganz das deutsche 1:0 gegen die Niederlande erzielte. Ein Lächeln huschte über Bendtners Gesicht, der Vollblutstürmer genoss das Kabinettstückchen eines Kollegen.

Gegen den EM-Favoriten bestehen

Auch die zweite und dritte Wiederholung sah sich der England-Legionär noch an, ehe er im Bauch der EM-Arena von Lwiw weiter über das 2:3 (1:2) seiner Dänen gegen Portugal und seinen Doppelpack redete. "Wir ziehen ein gutes Gefühl aus der Aufholjagd", sagte der 24-Jährige, der gegen Cristiano Ronaldo und Co. mit seinen beiden Treffern (41. und 80.) aus einem 0:2 ein 2:2 gemacht hatte: "Im Moment bedeuten mir meine Tore fast nichts. Vielleicht wird es irgendwann eine schöne Erinnerung sein."



Denn der späte K.o. durch den eingewechselten Silvestre Varela (87.) hatte alles verändert. "Jetzt müssen wir gegen Deutschland was mitnehmen", sagte Bendtner mit Blick auf das Vorrundenfinale am Sonntag (ab 20:30 Uhr im Live-Ticker) gegen Gomez und Co. - und fügte selbstbewusst an: "Die Deutschen sind eine starke Mannschaft, aber wir konzentrieren uns auf uns selbst."

Welch monumentale Aufgabe sie gegen die DFB-Elf erwartet, sah nicht nur Bendtner auf dem Flachbildschirm in der Mixed-Zone. "Deutschland ist mein Favorit für diese EM", sagte Abwehrspieler Lars Jacobsen, "keine Frage, sie haben eine Supermannschaft mit sehr guten Einzelspielern, wenn auch nicht so herausragend wie Ronaldo und Nani." Der Linksverteidiger spekuliert ein wenig auf Nachlässigkeiten der schon fast für das Viertelfinale qualifizierten Deutschen: "Vielleicht können wir gewinnen und beide kommen weiter."

"Das ist 100 Jahre her"



Dass der ehemalige Hamburger und Nürnberger Bundesliga-Profi den Superstar Ronaldo bis auf zwei Großchancen gut ihm Griff gehabt hatte, tröstete ihn nur wenig. "Ich habe ihn gut gepackt", sagte der Linksverteidiger, "aber wir haben verloren. Deshalb bin ich nicht zufrieden."

Von Vergleichen mit dem sensationellen EM-Triumph 1992 - mit dem 2:0-Finalsieg gegen Deutschland - wollte Jacobsen nichts wissen. "Das ist 100 Jahre her, das bedeutet am Sonntag überhaupt nichts", sagte der 32-Jährige vom FC Kopenhagen.

Immerhin bewiesen die Dänen gegen Portugal, dass sie nicht nur hervorragend organisiert verteidigen können wie beim 1:0 gegen die Niederlande, sondern dank "Portugal-Schreck" Bendtner auch vor dem Tor des Gegners gefährlich sind. Nach dem Rückstand durch Pepe und Helder Postiga brachte der Torjäger, der zuletzt vor allem mit Eskapaden außerhalb des Spielfeldes für Aufsehen gesorgt hatte, sein Team mit seinen Toren Nummer fünf und sechs im fünften Spiel gegen Ronaldo und Co. zurück.

"Sensationen gefallen uns"



"Er ist ein toller Stürmer, vor allem bei Freistößen und in der Luft sehr stark", sagte Portugals Innenverteidiger Pepe über den England-Legionär, der vom FC Arsenal an den AFC Sunderland ausgeliehen ist. Bendtner droht indes Ärger. Weil er nach dem Ausgleich sein Trikot hochhob und dabei einen Werbeschriftzug für eine Wettfirma auf dem Bund seiner Unterhose entblößte, verstieß er gegen das Werbeverbot bei der EM. "Diese Hose habe ich von einem Kumpel geschenkt bekommen. Sie sollte Glück bringen", beteuerte der Stürmer.

Bendtner allein, der sich mangels Unterstütung aus dem Mittelfeld die Bälle immer wieder selbst holte, wird gegen Deutschland zum Weiterkommen nicht reichen. Das wissen auch seine Teamkollegen. "Ich hoffe, wir schaffen noch eine Sensation wie vor ein paar Tagen", sagte Mittelfeldspieler Christian Eriksen und fügte schmunzelnd an: "Sensationen gefallen uns."

Ronaldo in der Kritik



Noch lange nach dem Schlusspfiff klangen Cristiano Ronaldo die hämischen "Messi, Messi"-Rufe in den Ohren. Als er nach dem 3:2 (2:1) gegen Dänemark darauf angesprochen wurde, reagierte Portugals Superstar gereizt. "Wisst ihr, wo Messi vor genau einem Jahr stand?", fragte der Offensivspieler und gab selbst die Antwort: "Er war bei der Copa America, zeigte kaum sein Können und schied mit Argentinien zu Hause frühzeitig aus. Und es gibt immer noch Leute, die meinen, er sei der beste der Welt." Ronaldo hält Ronaldo für den besten Fußballer der Welt, aber bei der EM ist er bislang ein "Chancentod".

Den verhinderten Torjäger nervten die Fragen nach seinen Fehlschüssen im Spiel gegen Dänemark sichtlich. "Natürlich wollte ich Tore schießen", sagte er, "ihr kennt mich. Ich habe alles gegeben. Die Tore werden kommen. Die Mannschaft hat gewonnen, das ist das Einzige, was zählt." Dafür musste sich der teuerste Fußballer der Welt beim eingewechselten Silvestre Varela bedanken, der nicht nur Portugal, sondern auch ihn erlöste und somit dem Team von Trainer Bento ein Endspiel gegen die Niederlande im letzten Vorrundenspiel bescherte.