Florian Klein und Stefan Kutschke (r.) im Kopfballduell
Florian Klein und Stefan Kutschke (r.) im Kopfballduell

Stuttgart gegen Paderborn: Zwei Teams - zwei Welten

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Stuttgart - Es war ein schwaches 0:0 - aber es war aussagekräftig. Während der VfB Stuttgart voller Sorgen in die Winterpause geht, herrscht beim Aufsteiger SC Paderborn 07 große Zufriedenheit. Vorweihnachtliche Eindrücke aus Stuttgart.

Viele Fehlpässe und keine Torgelegenheiten

Wenn Farben ihre eigene Sprache sprechen. Ein Blick in das Gesicht von Huub Stevens reicht am Samstagabend, um sehen, dass es in ihm brodelt. Der Trainer des VfB Stuttgart erteilt den Journalisten im Presseraum des VfB Rede und Antwort über ein Spiel, das nicht nur er wohl möglichst schnell vergessen will. Ein 0:0 hatte sich der VfB gegen Paderborn erkämpft und dabei eindrucksvoll untermauert, dass er wirklich zu den schwächsten Heimmannschaften der Bundesliga gehört.

Keine Ideen, viele Fehlpässe und von zwei Freistößen und einem Fast-Eigentor von Paderborns Daniel Brückner abgesehen keine Torgelegenheiten - so präsentierten sich die Schwaben vor immer noch 55.000 Zuschauern, die von ihrer Mannschaft diesmal nicht gerade verwöhnt wurden. Es war ernüchternd.

Dabei waren es nicht nur die spielerischen Mängel, die Stevens fuchsten, der knurrige Holländer sah bei seinem Statement bei der vorherigen Pressekonferenz noch ein anderes Problemfeld. "Wenn man so in ein Spiel geht, wie wir dies getan haben, kann man so eine Partie nicht gewinnen", analysierte Stevens zornig. "Wir wussten, dass uns ein unangenehmer Gegner erwartet. Ich hätte aber nicht gedacht, dass der Gegner aggressiver auftritt als wir."

Und dann ein Fazit, das die Erkenntnis der Partie aus VfB-Sicht auf den Punkt brachte: "Es ist unglaublich, dass ich das sage, aber ich bin glücklich mit dem 0:0." Stevens machte klar: "Wir werden am Sonntag nochmal über diese Begegnung reden." Das wird wohl auch nötig sein.

André Breitenreiter zufrieden

Während der enttäuschte Stevens seine Analyse vortrug, saß auf dem Podium der Pressekonferenz ein Mann, der vor Stolz beinahe zu platzen schien: André Breitenreiter. "Der Punkt ist für uns hoch verdient und wir fahren sehr zufrieden nach Hause", so der Trainer der Paderborner. "Die Bilanz unseres Jahres ist außergewöhnlich. Zunächst der Aufstieg und nun der zehnte Platz nach der Hinrunde der Bundesliga - das ist ein Ergebnis, das uns niemand zugetraut hätte. Darauf können alle bei uns stolz sein."

In der Tat. Wie schon in der gesamten Hinrunde überzeugte der Aufsteiger auch in Stuttgart mit einer famosen kämpferischen Leistung. Aber auch spielerisch können die Paderborner mittlerweile mithalten, dass bewiesen sie auch gegen den allerdings recht zahmen VfB, als sie den Ball immer wieder geschickt durch die eigenen Reihen laufen ließen. Ein Blick auf die Statistik verdeutlicht die starke Vorstellung: 59 Prozent Spielanteile Paderborn, 58 Prozent gewonnene Zweikämpfe, 17:11 Torschüsse. Die Paderborner hatten sich ihr weihnachtliches Essen am Samstagabend redlich verdient.

Stuttgart in akuter Abstiegsgefahr

Ganz anders die Lage in Stuttgart. Auch wenn in den letzten fünf Partien unter Stevens immerhin acht Punkte geholt wurden, befinden sich die Schwaben nach 17 Spielen nach wie vor in akuter Abstiegsgefahr. Das hat Gründe: Zum einen eine extreme Defensivschwäche, die man erst unter dem Defensiv-Spezialisten Stevens einigermaßen in den Griff bekam. Aber auch im kreativen Bereich tun sich Defizite auf. Dazu kommt die leidige Frage nach der richtigen Mentalität - diese Frage scheint Stevens derzeit am meisten zu beschäftigen.

Klar ist nur: Das besinnliche Weihnachtsfest ist in Stuttgart vor sportlichen Sorgen überlagert. "Zu wenig" ­ diese beiden Worte hörte man am Samstagabend aus vielen Mündern. Dass sich das ändert und aus wenig mehr wird, daran gilt es am Neckar nun zu arbeiten. Am 3. Januar geht es wieder los - vielleicht auch mit dem einen oder anderen Neuzugang.

Jens Fischer