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Philipp Heerwagen bestritt in dieser Saison 30 Spiele im VfL-Gehäuse
Philipp Heerwagen bestritt in dieser Saison 30 Spiele im VfL-Gehäuse

"Müssen Kraft aus Wut und Enttäuschung schöpfen"

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Durch eine 0:3-Niederlage gegen Hannover 96 besiegelte der VfL Bochum am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison den sechsten Abstieg in der Vereinsgeschichte.

VfL-Torhüter Philipp Heerwagen spricht bei bundesliga.de über Gründe für den Abstieg, seine Rolle im Team und seinen unbedingten Willen zum direkten Wiederaufstieg.

bundesliga.de: Der Abstieg des VfL in die 2. Bundesliga ist noch nicht lange her. Wie sieht es in Bochum derzeit aus?

Philipp Heerwagen: Komplett hat man sich von dem Schock noch nicht erholt. Im Verein, in der Mannschaft und auf der Geschäftsstelle herrscht natürlich eine gedrückte Stimmung. Wichtig ist es, jetzt möglichst schnell da rauszukommen und zu reflektieren. Fakt ist nun mal, dass man dann, wenn man so viele Spiele hintereinander verliert und gerade am Ende einer Saison nicht gut spielt, absteigt. Das ist wahnsinnig bitter. Meine Quintessenz lautet: Aus der ganzen Wut und Enttäuschung muss man Kraft schöpfen, um dann in der nächsten Saison wieder anzugreifen. Es wird schwierig genug. Ich bin der Meinung, dass es schwieriger ist, aus der 2. Bundesliga aufzusteigen als in der Bundesliga zu bleiben. Das muss auch jedem klar sein, der sich mit dem Verein identifizieren möchte.

bundesliga.de: Wie verarbeitet man so einen Schock?

Heerwagen: Ich habe in den letzten Tagen viel mit dem gesamten Umfeld des Vereins gesprochen, Menschen, die nicht direkt auf dem Platz stehen, aber einen Einblick in den VfL haben und die Saison aufgearbeitet. Innerhalb der Mannschaft kommen diese Gespräche erst nach und nach und man fasst sich immer wieder an den Kopf. Natürlich habe ich ein flaues Gefühl im Magen, dies ist schließlich mein Beruf und ich gehe jeden Tag zur Arbeit. Fakt ist: Trübsal blasen bringt uns nächstes Jahr nicht auf den ersten Platz.

bundesliga.de: Worin sehen Sie die Ursachen für den Abstieg?

Heerwagen: Wir hatten in dieser Saison erhebliche Leistungsschwankungen. Man darf es aber nicht nur an den Trainern festmachen. Das wäre ein zu schwaches Alibi. Es ist schwer nachzuvollziehen, wie man nach so einer Punkteserie wie zu Beginn der Rückrunde noch einbrechen kann. Ich hatte schon mal genau die gleiche Situation mit Unterhaching, da fehlte uns ein Punkt aus den letzten zehn Spielen und den haben wir erst am letzten Spieltag eingefahren. Solche Phänomene sind schwer zu erklären.

bundesliga.de: Mit Marcel Koller und Heiko Herrlich sowie den Interimstrainern Frank Heinemann und Dariusz Wosz gab es in dieser Saison insgesamt vier Verantwortliche an der Seitenlinie. Durch die mehrfachen Wechsel kam also keine zusätzliche Unruhe ins Team?

Heerwagen: Nein, wir Spieler sind schuld am Abstieg. Wir stehen auf dem Platz, sind die ausführenden Parts und tragen die Verantwortung für das, was da passiert. Jeder von uns hat seinen Anteil dazu beigetragen.

bundesliga.de: Mangelte es an Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft?

Heerwagen: Keineswegs. Auch die Spieler, die im Winter dazu kamen, wurden super aufgenommen. Bei vielen Mannschaften, die absteigen, hapert es am internen Klima. Der Umgang bei uns hat gestimmt. Deswegen ist es so bitter.

bundesliga.de: Der VfL Bochum konnte in der gesamten Saison nur zwei Heimsiege verbuchen.

Heerwagen: Das ist zu wenig. Wenn man Ziele in der Saison erreichen will, geht das nur über die Heimspiele. Diese musst du als Basis gewinnen und die hat uns dieses Jahr gefehlt.

bundesliga.de: Sie haben ihren Vertrag beim VfL Bochum erst Anfang des Jahres bis 2013 verlängert. Stehen Sie auch nach dem Abstieg zu Ihrem Verein?

Heerwagen: Ich bleibe beim VfL und will angreifen. Es gibt nichts Schöneres, als etwas wieder aufzubauen, wenn es kaputt gegangen ist. Wichtig ist, dass das alle wollen. Es darf für jeden von uns nur ein Ziel geben und das ist der Wiederaufstieg. Das muss auch jeder wissen, der zum VfL kommen will. Das nächste Jahr wird ein hartes Geschäft. Es wird rauer zugehen als in der Bundesliga. Man muss rennen, laufen, kämpfen! Man braucht die richtige Mischung im Team und muss die Chancen, die sich einem bieten, eiskalt verwandeln.

bundesliga.de: Sie haben während der abgelaufenen Saison auf, aber auch abseits des Fußballfeldes eine Führungsrolle übernommen. Wie sehen Sie sich und Ihre Rolle beim VfL Bochum?

Heerwagen: Ich übernehme gerne Verantwortung. Man muss sich kritischen Fragen stellen. Ich versuche meine Erfahrung natürlich vor allem auf dem Platz weiterzugeben. Ich habe hier beim VfL gelernt, eine Führungsrolle zu übernehmen und werde das in Zukunft auch verstärkt tun. Persönlich gehe ich sehr kritisch mit mir um, schaue mir zum Beispiel die Spiele immer noch mal an, um mich zu verbessern.

bundesliga.de: Sie scheinen sich in Bochum wohl zu fühlen. Welche Bedeutung haben Verein und Stadt für Sie?

Heerwagen: Bochum ist für mich eine Art Perle im Ruhrgebiet. Wir sind etwas Eigenes, etwas Besonderes zwischen den großen Fußballstädten Gelsenkirchen und Dortmund. Bochum hat einen bestimmten Charme. In dieser Stadt wird trotz weniger Mittel etwas erreicht. Das färbt auch auf den Verein ab. Wir haben nicht den größten Etat, aber trotzdem mehrere Jahre lang die Liga gehalten.

bundesliga.de: Wie und wo werden Sie die anstehende WM verfolgen? Welche Chancen räumen Sie Deutschland ein?

Heerwagen: Natürlich werde ich die Weltmeisterschaft verfolgen, auch wenn ich erst einmal im Urlaub in Südostasien sein werde. Trotzdem bin ich auch schon bei Paul Freier (Mannschaftskollege bei Bochum, d. Red.) zum WM-Grillen eingeladen. Die WM wird dieses Jahr eine Wundertüte, weil man nicht weiß, welche Bedingungen in Südafrika herrschen. Man wird sich erstmal an das winterliche Klima gewöhnen müssen. Mein Tipp: Im Halbfinale werden drei Favoriten und eine Überraschungsmannschaft sein. Ohne Ballack fehlt Deutschland allerdings ein wichtiger Baustein.

Das Gespräch führte Vera Schmidt