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Deutsch-kanadischer-libanesischer Jubel auf Kölsch: Thomas Broich, Kevin McKenna und Youssef Mohamad
Deutsch-kanadischer-libanesischer Jubel auf Kölsch: Thomas Broich, Kevin McKenna und Youssef Mohamad

Mit Multikulti zum Erfolg

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In der Bundesliga belegt der 1. FC Köln nach Jahren sportlicher Tristesse zur Saisonhalbzeit einen hervorragenden 11. Platz. Doch in einer anderen Rangliste liegen die Domstädter vorne - nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa: Kein anderer Fußballclub beschäftigt mehr Spieler unterschiedlicher Nationalität.

Derzeit verdienen Profis aus 16 verschiedenen Ländern ihr Geld beim rheinischen Traditionsverein. Gelingt noch die angestrebte Verpflichtung des Ghanaers Derek Boateng (Beitar Jerusalem), würde die Zahl sogar auf 17 steigen. Zum Vergleich: Nur der englische Topclub Arsenal London hat ebenfalls 16 ausländische Spieler unter Vertrag.

Andere Philosophie

Damit haben die Kölner in den letzten Jahren im Stillen einen radikalen Wechsel ihrer einstigen Philosophie vollzogen. Noch vor vier oder fünf Jahren standen beim FC häufig bis zu zehn Deutsche in der Startaufstellung, darunter mit Spielern wie Alexander Voigt, Dirk Lottner oder Carsten Cullmann gleich drei gebürtige Kölner. Auch Kicker wie Lukas Podolski, Lukas Sinkiewicz, Markus Pröll oder Markus Kurth stammten aus dem unmittelbaren Kölner "Einzugsgebiet".

Außer Carsten Cullmann, der inzwischen nur noch für die Kölner U 23 aktiv ist, haben alle genannten Spieler den FC längst verlassen. Und mit dem vor der aktuellen Saison vollzogenen Wechsel von Patrick Helmes zu Bayer Leverkusen ist ein weiterer gebürtiger Kölner von Bord gegangen.

Die Fans stören sich daran nicht und identifizieren sich nach wie vor mit ihrem Club. Sie haben ja mitansehen müssen, wie der mit einheimischen Spielern gespickte FC jahrelang auf- und wieder abstieg.

Deutsch als Arbeitssprache auf dem Platz

Die FC-Anhänger strömen in nie gekannten Massen ins RheinEnergieStadion und feuern ihre Multikulti-Truppe an: Milivoje Novakovic und Miso Brecko aus Slowenien, Youssef Mohamad und Roda Antar aus dem Libanon, Adil Chihi aus Marokko, Fabrice Ehret aus Frankreich, Faryd Mondragon aus Kolumbien, Petit aus Portugal, Pedro Geromel aus Brasilien, Nemanja Vucicevic aus Serbien, Pierre Womé aus Kamerun, Kevin McKenna aus Kanada, Manasseh Ishiaku aus Nigeria, Wilfried Sanou aus Burkina Faso, Ümit Özat aus der Türkei, Sergiu Radu aus Rumänien und Miro Varvodic aus Kroatien.

Trainer Christoph Daum ist das Kunststück gelungen, diese verschiedenen Charaktere aus unterschiedlichen Kulturkreisen zu einer schlagkräftigen Mannschaft zu formen. Der 55 Jahre alte Coach legt großen Wert darauf, dass auf dem Platz deutsch gesprochen wird und die Spieler die Sprache schnellstmöglich lernen.

"Die Arbeitssprache beim Training ist Deutsch", stellt Daum klar. "Wir haben nur drei Spieler, die nicht Deutsch sprechen oder verstehen. So viel zum Thema Multikulti-Truppe." Wichtig ist ihm auch, die Spieler zu integrieren. Dafür hat er auch schon einmal ein großes Grillfest im Garten seines eigenen Hauses veranstaltet, das erst um fünf Uhr morgens endete.

"Ausländer heben das Niveau der Bundesliga"

Dabei profitiert Daum von seinen eigenen Erfahrungen im Ausland, besonders in der Türkei. Bei Fenerbahce Istanbul gelang ihm einst, 15 neue Spieler zu integrieren und auf Anhieb Meister zu werden. Umgekehrt hat er in Köln den derzeit gesundheitlich angeschlagenen Türken Ümit Özat zum Kapitän gemacht, der sich sofort intensiv bemühte, die deutsche Sprache zu lernen.

Mittelfeldspieler Thomas Broich, neben Kevin Pezzoni, Marvin Matip und Matthias Scherz einer der wenigen eingesetzten deutschen Profis beim FC, glaubt, dass "die Ausländer das Niveau der Bundesliga enorm heben". Auch Verständigungsprobleme gebe es nicht: "Fast jeder versteht Deutsch, ansonsten Englisch. Und die Flüche verstehe ich schon in allen Sprachen."

Am 11. Januar brechen die FC-Profis zum 10-tägigen Trainingslager inklusive dreier Testspiele nach Belek in die Türkei auf. Wenn die Kölner Spieler nach der Landung am Flughafen ihre Pässe zücken, werden die Grenzbeamten ihre Freude an den vielen bunten Ausweispapieren haben. So viele unterschiedliche Pässe bekommen auch sie nicht alle Tage zu sehen...

Tobias Gonscherowski