Thomas Kraft wird in der Rückrunde für den FC Bayern im Kasten stehen
Thomas Kraft wird in der Rückrunde für den FC Bayern im Kasten stehen

Mit Kraft-Akt ins Bayern-Tor

xwhatsappmailcopy-link

München - Oliver Kahn hatte es geahnt. Trainer Louis van Gaal machte es am Mittwoch offiziell: Thomas Kraft steht ab dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg "definitiv im Tor". Für Kraft selbst ist es beinahe schon logisch, dass er ab kommenden Samstag die neue Nummer eins im Tor des FC Bayern München sein wird. "Ich spiele nicht Fußball, um nur irgendwo zweiter oder dritter Torwart zu sein - und ich will auch nicht in der zweiten oder dritten Liga versanden", hatte der 22-Jährige schon vor der Saison gesagt und betont: "Ich will so schnell wie möglich Nummer eins bei einem Bundesligisten werden."

Nun ist er es, und nicht bei irgendeinem Bundesligisten. Vom kleinen Amateurverein im Nirgendwo zum erfolgreichsten deutschen Klub wechseln und dort Stammkraft werden - es ist der Traum vieler junger Fußballer in Deutschland, doch Kraft hat nichts unversucht gelassen, ihn in der Tat auch zu leben. Und in Louis van Gaal hat er nun einen Trainer, der sich nicht scheut, die junge Kraft zum Auftakt der Bundesliga-Rückrunde gegen den VfL Wolfsburg für den deutschen Rekordmeister spielen zu lassen. "Ich habe sehr großes Vertrauen darin, dass Kraft mit dem Druck im Tor umgehen kann", sagte der Niederländer.

"Denke, wir werden mit Kraft weiterkommen"

Wie beim FC Bayern so üblich, ging auch diese Personalentscheidung alles andere als geräuschlos vonstatten, nachdem van Gaal den 22 Jahre alten Mann aus Kirchen in Rheinland-Pfalz in der Winterpause scheinbar auch ohne Not zur neuen Nummer eins befördert hatte. Kraft tritt immerhin an die Stelle des etablierten Jörg Butt, Zuverlässigkeit und Ruhe in Person und bei der WM 2010 in Südafrika Dritter mit der deutschen Nationalmannschaft. Doch van Gaal ist überzeugt von Kraft, der bei "Titan" Oliver Kahn in die Torwart-Schule gegangen ist: "Kraft hat sich in den letzten Monaten in vielen Bereichen im Torwartspiel weiterentwickelt und ich denke, dass wir mit Kraft im Tor weiterkommen", sagte er am Mittwoch.

Angefangen hat Kraft wie die meisten Fußballer ganz klein. Seine Karriere begann in Kirchen. Doch "da ist fußballerisch nichts. Da muss man Glück haben und über Auswahlteams auf sich aufmerksam machen. Mit 12, 13 habe ich dann aber wirklich viel trainiert - für mich gab es nichts anderes als Fußball", sagt Kraft. Er trainierte jeden Tag, um seinem großen Traum näher zu kommen.

Von Betzdorf nach München

Als Kraft 16 Jahre alt war, verließ er seine Heimat und seinen Klub SG 06 Betzdorf und wechselte in die Millionenstadt München zum FC Bayern. Schon damals war sein Selbstbewusstsein ausgeprägt. Anstatt in das Jugendhaus an der Säbener Straße zu ziehen, suchte er sich gleich eine eigene Wohnung. "Ich denke, das hat mir viel gebracht, dass ich schon früh für mich allein verantwortlich gewesen bin", sagt Kraft heute.

Zwei Jahre nach dem Wechsel wurde der mittlerweile 18-Jährige vom damaligen Bayern-Trainer Felix Magath zu den Profis geholt - und durfte mit seinem großen Vorbild Kahn trainieren. Der "Torwart-Titan" ahnte bereits damals, dass aus Kraft ein Großer werden könnte. "Alle spürten sofort, da ist einer, der enorm was drauf hat", sagte der dreimalige Welttorhüter über seinen Schüler.

"Fußballverrückt im positiven Sinn"

Auch seinen Jugend-Förderern fiel der Ehrgeiz und der absolute Wille bereits früh auf. Als "absolut Fußballverrückten im äußerst positiven Sinne", bezeichnet ihn sein ehemalige Trainer Stefan Hoffmann. Doch Kraft musste fernab der Heimat früh einen Rückschlag hinnehmen. Nach einem halben Jahr in München starb sein Vater. "Das war sehr hart", sagt Kraft rückblickend. Doch sein Ehrgeiz ließ ihn auch diese Zeit überwinden.

Sein persönliches Glück hat Kraft bereits gefunden. Vor zwei Jahren heiratete der mittlerweile 22-Jährige seine Freundin Denise. Denise und seine zwei Hunde, Dina und Blake, sind sein ganzer Stolz. Zu seinem persönlichen Glück kommt nun das sportliche. Kraft steht dort, wo er immer hinwollte, getreu seinem Lebensmotto: "Ohne Fleiß keinen Preis".