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Peter Neururer hatte in seiner Trainerlaufbahn nicht weniger als 14 Vereine unter seinen Fittichen
Peter Neururer hatte in seiner Trainerlaufbahn nicht weniger als 14 Vereine unter seinen Fittichen

"Man kennt seine Schäfchen..."

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Peter Neururer hat sich den Ruf des "Feuerwehrmanns" bei seinen zahlreichen Trainerstationen erarbeitet. Im Abstiegskampf gilt der 55-Jährige als absoluter Experte. Bei bundesliga.de spricht der ehemalige Coach von Bochum, Hertha BSC und Hannover, die noch allesamt um den Klassenerhalt kämpfen, über das Nervenspiel in der Bundesliga.

bundesliga.de: Herr Neururer, der Abstiegskampf ist in dieser Saison so offen wie selten. Fünf Mannschaften kämpfen noch um den Klassenerhalt, wobei Hertha BSC wohl nur noch theoretische Chancen hat. Wie beurteilen Sie die Situation nach dem 32. Spieltag?

Peter Neururer: Ich sehe es auch so, dass die Berliner kaum noch Chancen auf den Klassenerhalt haben. Mit dem Restprogramm bestehend aus Leverkusen und dem FC Bayern sowie fünf Punkten Rückstand auf den Relegationssplatz sollten sie sich nicht mehr allzu viel ausrechnen. Alles andere ist natürlich sehr eng - sowohl in Bezug auf den direkten Abstieg als auch auf den Relegationsplatz. So wie es jetzt aussieht, wird es mehrere "Endspiele" geben, beispielweise wenn Hannover 96 am letzten Spieltag beim VfL Bochum aufkreuzt.

bundesliga.de: Bochum, Nürnberg, Hannover und Berlin haben verloren an diesem Spieltag, nur Freiburg durfte jubeln. Ist die Nervenbelastung für die meisten Teams im Abstiegskampf zu groß, oder wo sehen Sie die Ursachen für die Schwäche der Abstiegskandidaten?

Neururer: Das liegt natürlich am enormen Druck, der auf den Spieler lastet - ob sich möglicherweise der Vertrag verlängert oder sie den Verein beim Abstieg verlassen müssen. Man kenn als Trainer seine Schäfchen und kann sie einteilen - in die stressresistenten und die nicht stressresistenten...

bundesliga.de: ...auf die man sich im Zweifelsfall auch in der Relegation verlassen müsste.

Neururer: Genau. Und dann kommt noch ein weiteres Problem hinzu. Falls beispielsweise Bochum oder Nürnberg auf den Relegationsplatz kommen würden, dann stecken diese Mannschaften mitten in einer Frustphase und müssen gegen einen Zweitligisten ran, der im Gegensatz dazu euphorisch an die Sache rangeht.

bundesliga.de: Also tendieren Sie dazu, dass der Zweitligist in den Relegationsspielen favorisiert ist?

Neururer: Man hat es im letzten Jahr gesehen, als Nürnberg sich klar gegen Cottbus durchgesetzt hat. Die Ausgangslage spricht - rein vom psychischen Aspekt her - für den Zweitligisten. Das wäre anders, wenn Hertha BSC den Relegationsplatz noch erreichen würde, weil sie eigentlich schon nach der Vorrunde so gut wie abgeschrieben waren. Dann hätten sie ein Ziel erreicht.

bundesliga.de: Im vergangenen Jahr genügten 31 Punkte zum Klassenerhalt - so wenige Zähler reichten sonst nie zur Rettung. Etwa diese Punktzahl dürfte auch dieses Jahr reichen. Ist das ein neuer Trend - und woran könnte das liegen?

Neururer: Mit Bochums Sportdirektor Thomas Ernst habe ich vor drei Wochen um eine Flasche Wein gewettet, dass genau diese Punktzahl, also 31 Zähler, für den Klassenerhalt genügen. Woran das liegt? Es gibt mehrere Rubriken in dieser Liga. Nehmen wir die obersten fünf Vereine, die in ihrer eigenen Welt sind. Dazu gibt es noch drei Mannschaften, die eine positive Entwicklung haben. Alle anderen Clubs spielen gegen den Abstieg und nehmen sich gegenseitig die Punkte weg. Das führt dazu, dass am Ende relativ wenige Punkte zum Klassenerhalt reichen.

bundesliga.de: Blicken wir einmal auf die einzelnen Mannschaften, die noch um den Klassenerhalt kämpfen. Da ist zunächst Ihr Ex-Team Bochum, das eigentlich den Abstiegskampf gewohnt sein sollte. Dennoch scheint dem VfL im Schlussspurt offenbar die Puste auszugehen. Wie kommt es dazu?

Neururer: Ich hänge immer noch mit dem Herzen am VfL und drücke natürlich die Daumen, dass sie es packen. Ich bin der letzte Trainer, mit dem Bochum abgestiegen ist - ich hoffe, das bleibt so. Seitdem Marcel Koller den VfL 2006 wieder in die Bundesliga geführt hat, haben sie immer den Klassenerhalt geschafft. Der VfL hat jede Saison das gleiche Ziel, von daher ist die Mannschaft darauf eingeschworen.

bundesliga.de: Diesen Eindruck hatte man in den letzten Partien allerdings nicht unbedingt...

Neururer: Das stimmt. Aber ich habe die Hoffnung, dass der Präsident Werner Altegoer ein paar reglementierende Worte spricht, was er in den vergangenen Jahren immer sehr wirkungsvoll getan hat. Damit kann er Trainer Heiko Herrlich und Sportdirektor Thomas Ernst, die im Abstiegskampf noch unerfahren sind, unterstützen.

bundesliga.de: Auch dem 1. FC Nürnberg scheinen die Nerven einen Streich zu spielen, nachdem es in der Rückrunde zunächst so aussah, als ob man die Kurve bekäme. In den vergangenen drei Spielen holte der "Club" keinen einzigen Zähler...

Neururer: Wenn ich zum Beispiel die Partie gegen den VfL Wolfsburg betrachte, die Nürnberg mit 0:2 verlor, dann haben sie dieses Spiel klar bestimmt, aber beste Chancen liegen lassen. Und dann kommen eben diese Versagensängste auf, die die Protagonisten in ihrem Spiel behindern. Das wirkt sich dann natürlich auch auf das Ergebnis und den Tabellenstand aus.

bundesliga.de: Der nächste "Problemfall" ist Hannover: In zwei Spielen musste man zehn Gegentore hinnehmen, nachdem das Team davor 4:2 gegen Schalke gewonnen hatte. Liegt es nur an der Verletzungsmisere oder warum bricht die Elf von Mirko Slomka jetzt so ein?

Neururer: Hannover war schon vorher eingebrochen und hatte ein kleines Zwischenhoch mit dem Punktgewinn in Hamburg und dem Sieg gegen Schalke, mit dem keiner gerechnet hatte. Dann kam diese "Veranstaltung" in München, als man 0:7 verlor und das 0:3 in Leverkusen, als man ordentlich gespielt hat. Dennoch ist noch nichts verloren: Es macht den Abstiegskampf aus, dass man sich auf die wesentliche Dinge konzentriert - und das sind jetzt die Spiele gegen Gladbach und Bochum.

bundesliga.de: Wohl selten zuvor würde eine so spielstarke Mannschaft wie die Berliner absteigen. Worin liegen die Gründe für die Misere der Hertha?

Neururer: Die Spielstärke hat die Mannschaft allerdings erst in der Rückrunde gezeigt, da hat Friedhelm Funkel tolle Arbeit abgeliefert. Schon alleine die Situation, dass Hertha bis zuletzt hoffen darf, ist eine großartige Leistung von Funkel. Dass sie wahrscheinlich den Klassenerhalt nicht schaffen, liegt daran, dass es eigentlich nach der Vorrunde aussichtslos war.

bundesliga.de: Dennoch hatte die Hertha auch in der Rückrunde noch genügend Chancen, das Ziel doch noch zu packen...

Neururer: Das stimmt. Und da muss man sich die Frage stellen: 'Warum geht der Ball nur an die Latte oder warum bekomme ich so oft einen Gegentreffer in der 90. Minute?' Das hat sicherlich auch etwas mit der Qualität zu tun, und die war letztlich nicht ausreichend.

bundesliga.de: Abschließende Frage: Wenn Sie einen Tipp abgeben müssten: Wer steigt ab, wer rettet sich?

Neururer: Ich habe nur die Hoffnung, dass der VfL Bochum drin bleibt. Alles andere interessiert mich ehrlich gesagt nicht.

Das Gespräch führte Johannes Fischer


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