Er hatte schon nicht mehr daran geglaubt: Mainz-Trainer Thomas Tuchel und sein Team drehten einen 0:2-Rückstand bei 1899 Hoffenheim
Er hatte schon nicht mehr daran geglaubt: Mainz-Trainer Thomas Tuchel und sein Team drehten einen 0:2-Rückstand bei 1899 Hoffenheim

Mainz weiter furios, Tuchel ratlos

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Sinsheim - Loris Karius hatte gut lachen. Der Torwart des 1. FSV Mainz 05, seit zwölf Spieltagen erst die Nummer eins im Mainzer Tor, konnte sich über mangelnde Arbeit nicht beschweren. Bis zur 67. Minute lag seine Mannschaft 0:2 bei 1899 Hoffenheim zurück, es hätte den Chancen nach auch 0:5 stehen können. Das es das nicht tat, lag vor allem an den tollen Paraden des erst 20 Jahre jungen Torwarts, alleine vier Mal rettete er in einer Art Privatduell gegen Kevin Volland in einer Eins-gegen-eins-Situation hervorragend. "Das war nett", fand Karius und lachte verschmitzt.

Tuchel glaubte nicht mehr an die Wende

Dann aber traf Maxim Choupo-Moting zum 1:2 in jener 67. Minute, die alles änderte - und innerhalb von nur acht Minuten führte Mainz plötzlich mit 3:2. Am Ende hatten die Nullfünfer dieses Spiel mit 4:2 gewonnen und Karius meinte:  "Wenn nicht alle dran glauben, dann dreht man so ein Spiel nicht."

Alle im Mainzer Lager hatten nicht mehr an einen erfolgreichen Nachmittag in Baden gedacht. Ob er die Wende hat kommen sehen, wurde der Mainzer Trainer gefragt. Thomas Tuchel schüttelte den Kopf. Er wollte nach diesem Coup nicht den Eindruck erwecken, er hätte durch "irgendwelche Kniffe" oder "irgendwelche Umstellungen" diese spektakuläre Wende herbeigeführt. und Tuchel sagte ehrlich: "Manche Spiele gewinnt man, weil man sie gewinnt." Tuchel war irgendwie ratlos, was die Analyse betraf.

Das kommt selten vor, aber war an diesem Tag auch nicht schlimm. Fast die gesamte Spielzeit war sein Team unter den eigenen Ansprüchen geblieben - und gewinnt doch. Warum also sollte man diese Partie penibel analysieren? Hoffenheim spielte bis zur 65. Minute so gut wie nie in dieser Runde, Mainz so schlecht wie nie. Dann fiel 25 Minuten vor Abpfiff ein Mainzer Tor, und dann noch eins, und noch eins und noch eins - und die Mainzer waren plötzlich die Sieger, die Hoffenheimer plötzlich bedröppelte Verlierer.

Die Mainzer sind nach einer konstanten Serie mit nur einer Niederlage aus den letzten elf Spielen auf den 5. Tabellenrang vorgerückt, die Europa-League-Teilnahme scheint möglich, selbst die Champions-League-Plätze liegen nur drei Punkte entfernt (Tabelle). Doch vom Ausrufen neuer Ziele will Tuchel nichts wissen. Noch sei die Saison zu lang, sagt der Mainzer Trainer. Tuchel wusste ganz genau, dass in Hoffenheim eine Menge Glück im Spiel war für seine Mannschaft und der hervorragende Torwart Karius mit großartigen Paraden mehrfach seine Elf im Spiel gehalten hatte.

Nein, er, so Tuchel, habe an diesem Tag nicht an eine Wende geglaubt, seine Spieler offenbar schon und das wolle er nach diesem Spielverlauf auch "nicht klein reden". Das erste Tor habe seiner Mannschaft so viel Vertrauen gegeben, dass sie wieder einmal eine ganz besondere Mentalität gezeigt habe, lobte der Trainer. Vielleicht sei diese Entschlossenheit einfach auch das Ergebnis der vielen Siege, vermutet der Trainer. Warum seine Mannschaft in Hoffenheim gewonnen hat, bleibt dennoch irgendwie rätselhaft.

Gegen Bayern? "Ganz angenehm"

Tuchel aber erklärte: "Wir versprechen nur, dass wir diese Rückrunde durchziehen wollen." Für manchen Mitbewerber um die Europapokalteilnahme muss das wie eine Drohung klingen. Nächste Woche empfangen die Mainzer den FC Bayern München, FSV-Manager Christian Heidel sagt: "Spiele gegen die Bayern sind doch Feiertage. Wir werden versuchen, gegen die Bayern was auszurichten. Wir haben es schon ein paarmal geschafft, gegen sie zu gewinnen. Das ist ganz angenehm.” 

Wobei: Den Mainzern ist ja schon in Hoffenheim ein großer Coup gelungen. Ob sie damit ihr Glück für diese Saison aufgebraucht haben, darf aber bezweifelt werden. Wer so leidenschaftlich arbeitet wie Tuchel und seine Mannschaft, hat sich dieses Glück auch mal verdient.

Aus Sinsheim berichtet Tobias Schächter