Magische Mainzer unaufhaltsam

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Mainz - Thomas Tuchel sprang mit Megaphon auf den Zaun, die grandiose Lewis-Holtby-Show riss selbst den Bundestrainer fast vom Sitz, ganz Mainz ist im Ausnahmezustand: Das unglaubliche Märchen des FSV Mainz 05 ist um ein Kapitel reicher. Der Tabellenführer stellte mit dem siebten Sieg am siebten Spieltag den Bundesliga-Startrekord von Bayern München und dem 1. FC Kaiserslautern ein.

"Was hier abläuft, ist magisch, der Wahnsinn", sagte Holtby nach dem 4:2 (1:1) gegen 1899 Hoffenheim im bundesliga.de-Interview. Der sensationell aufspielende 20-Jährige war an allen vier Toren beteiligt - eine perfekte Bewerbung für die Nationalmannschaft. Joachim Löw war begeistert. "Wie er das erste Tor vorbereitet hat, das ist absolut klasse und das Eintrittsgeld alleine wert", sagte der Bundestrainer. Holtby, das wurde noch einmal überdeutlich, ist ein kommender Nationalspieler.

Löw: "Beide werden ihren Weg machen"

Dabei wusste der kleine Ballzauberer überhaupt nichts von Löws Anwesenheit. "Ich hatte keine Ahnung, dass der Bundestrainer auf der Tribüne saß, sein Lob ehrt mich natürlich", sagte der Mittelfeld-Regisseur. Sein Debüt könnte Holtby am 17. November in Göteborg gegen Schweden feiern - wie Teamkollege Andre Schürrle. "Beide werden ihren Weg machen", sagte Löw.

Über den FSV schüttelt ganz Deutschland nur noch den Kopf. Erfolgstrainer Tuchel stand lachend auf dem Zaun und heizte den Fans mächtig ein. "Gebt mir ein Spitzenreiter!", brüllte der jüngste Trainer der Liga, tausendfach schallte es von der Tribüne zurück. Der Hype erreichte einen neuen Höhepunkt, selbst ein TV-Team aus Brasilien war vor Ort.

Doch was nun? Wer gibt den "Mainzelmännchen" eins auf die Mütze? Die Meinungen gingen weit auseinander. "Wir sind noch nicht am Ende unserer Ziele. Ich hoffe, wir werden niemals von Platz eins runtergeschubst", sagte Holtby. Torhüter Christian Wetklo dagegen glaubt nur, dass der FSV "zu 99,9 Prozent" nichts mehr mit dem Abstieg zu tun bekommen wird.

Heidel: "Wie die Stiere"

Für Trainer Tuchel kommt die Erfolgsserie nicht überraschend: "Die sieben Siege sind kein Lauf und kein Zufall, sondern das Ergebnis harter Arbeit", sagte das "Mastermind" und gab kurz Einblick in sein Seelenleben: "Ich bin ausgepowert, aber alle können sich sicher sein, dass ich mich sehr freue."

Zuvor hatte seine Mannschaft den Fans im Bruchwegstadion ein Spektakel der Extraklasse geboten. "Die Jungs sind draufgegangen wie die Stiere", beschrieb es Manager Christian Heidel bei bundesliga.de treffend. Trotz der Blitztore von Sami Allagui (2.) und Adam Szalai (47.) kurz nach dem Anpfiff und der Pause musste der FSV kräftig zittern. Erst Holtby, der Luiz Gustavo zu einem Eigentor zwang (59.), und Schürrle mit einem verwandelten Foulelfmeter (74.) sorgten für die Entscheidung. Demba Ba (41.) und der kurz zuvor eingewechselte Gylfi Sigurdsson per Freistoß (64.) das Spiel offen gehalten.

"Ich habe Gänsehaut", sagte der Ungar Szalai, als die Mainzer ihren 50. Bundesliga-Sieg feierten. Die Fans schwenkten angesichts des närrischen Triumphzuges schon Papp-Meisterschalen. "Unser Umfeld darf so viel jubeln, wie es will. Aber wir bleiben realistisch", sagte Präsident Harald Strutz.

"Keine neuen Saisonziele"

Manager Heidel wollte vor dem nächsten Heimspiel gegen den Hamburger SV, bei dem sich Mainz sogar zum alleinigen Rekordhalter aufschwingen kann, "keine neuen Saisonziele" ausgeben.

Und das ist auch gut so: Sowohl die Bayern 1995/96 als auch der FCK 2001/02 wurden nach sieben Siegen zum Start nicht Meister. In beiden Fällen durfte sich am Saisonende der Club die Schale in die Vitrine stellen, der auch in dieser Saison ganz oben mitmischt: Borussia Dortmund.