Seit Januar 2011 ist Lucien Favre Chefcoach bei Borussia Mönchengladbach. Nach dem Klassenerhalt führte er die Fohlen zwei Mal in die Europa League
Seit Januar 2011 ist Lucien Favre Chefcoach bei Borussia Mönchengladbach. Nach dem Klassenerhalt führte er die Fohlen zwei Mal in die Europa League

Lucien Favre: "Gladbachs Zukunft liegt im Nachwuchs"

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Mönchengladbach - Lucien Favre hat Borussia Mönchengladbach vom Fast-Absteiger zum Spitzenteam geformt. Im Interview mit bundesliga.de spricht der Schweizer darüber, wie wichtig die Nachwuchsarbeit für einen Club wie die Borussia ist, er analysiert die Belastungen durch den 3-Tage-Rhythmus für Spieler, aber auch Trainer, und er macht sich Gedanken über Freundschaften im Profifußball.

„Schnelligkeit ist entscheidend“

bundesliga.de: Herr Favre, Sie arbeiten in der fünften Saison bei Borussia Mönchengladbach. Man hat das Gefühl, dass in dieser Zeit, wie bei einem Mosaik, Stück für Stück zu einem großen Ganzen zusammengesetzt wurden.

Lucien Favre: Man muss einen Plan haben und mittelfristig planen, wenn man eine gute Mannschaft aufbauen und entwickeln will. Alle bei Borussia - Vorstand, Sportdirektor, Trainerteam etc. - verfolgen eine gemeinsame Linie, denn alleine schaffst Du gar nichts. Wichtig ist, dass man vernünftig bleibt und die Vergangenheit nicht vergisst. Es wird immer wieder kleinere Rückschritte geben, etwa wenn man gute Spieler an andere Clubs verliert. Umso wichtiger ist die Nachwuchsarbeit. Borussia hat sehr, sehr gute Nachwuchsspieler, von denen einige schon nah dran sind an der ersten Mannschaft. Aber das muss auch in Zukunft der Fall sein. Denn Gladbachs Zukunft liegt vor allem im Nachwuchs.

bundesliga.de: Was erwarten Sie von einem jungen Spieler, der Profi werden will?

Favre: Schnelligkeit ist ganz entscheidend. Auf dem Rasen, aber auch im Kopf. Beidfüßigkeit ist ebenfalls sehr wichtig, aber Schnelligkeit scheint mir beinahe am Wichtigsten. Wobei wir hier nicht von Usain Bolt sprechen. Der ist wahnsinnig schnell, hat bei seinen Weltrekordsprints aber keinen Ball am Fuß. Ich spreche auch nicht von den Spielern im Zentrum, für einen Stürmer oder einen Außen aber wird es ohne diese Schnelligkeit in Zukunft wohl sehr, sehr schwer. Denn nur über Schnelligkeit lässt sich die Abwehr des Gegners destabilisieren - es sei denn man verfügt über besondere Fähigkeiten im Eins gegen Eins. Am besten aber hat man beides. Und selbstverständlich muss man auch mental gesund sein.

bundesliga.de: Noch einmal zum Bild vom Mosaik: wann wäre das für Sie vollendet?

Favre: Ich weiß nicht, ob man ein solches Mosaik im Fußball zu einem Abschluss bringen kann. Schauen Sie doch, mit welchen finanziellen Möglichkeiten sich viele Bundesliga-Clubs im Sommer verstärkt haben – und ich spreche nicht nur vom FC Bayern oder vom BVB, sondern auch von Hertha, von Leverkusen, von Wolfsburg oder vom HSV – dann wird sehr deutlich, wie schwer es für einen Club wie Borussia ist, der im Ranking der Lizenzspieleretats nur auf achter oder neunter Stelle liegt. Wenn wir einen Kevin de Bruyne ausleihen möchten, dann aber Wolfsburg auf den Plan tritt, heißt es für uns leider „Sorry und tschüss!“ Und diese Clubs werden sich im Winter erneut verstärken. Der HSV sucht bereits einen Stürmer, und auch Stuttgart wird etwas machen.

bundesliga.de: Dennoch haben Sportdirektor Max Eberl und Sie in den vergangenen Jahren hervorragende Talente und Spieler zur Borussia holen können. Haben Sie schon einmal über einen so langen Zeitraum so konstruktiv mit einem Sportdirektor zusammenarbeiten können?

Favre: Ich habe eigentlich nur ganz selten Probleme mit anderen Menschen. Wenn ich mit jemand Probleme bekomme, dann können Sie sicher sein, dass dieser „Jemand“ auch mit anderen Menschen viele Probleme hat (lacht).

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