Harald Anton Schumacher aboslvierte für den 1. FC Köln, schalke 04, Bayern München und Borussia Dortmund insgesamt 464 Bundesligaspiele
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"Löw kann keinen Fehler machen"

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Robert Enke, Manuel Neuer, Rene Adler oder Tim Wiese? Im Interview mit bundesliga.de erklärt Toni Schumacher, warum er bei kommenden Spielen der DFB-Elf entspannt vor dem Fernseher sitzen wird.

Deutschland hat jede Menge Top-Torhüter, die um das Nationaltrikot mit der Nummer 1 kämpfen. Zuletzt lieferte Leverkusens Adler gegen Südafrika beim 2:0-Erfolg eine hervorragende Leistung ab. Am Mittwoch im WM-Qualifikationsspiel gegen Aserbaidschan (ab 20:30 Uhr im Live-Ticker auf bundesliga.de) wird Enke vor heimischer Kulisse in Hannover das deutsche Tor hüten.

Im Interview mit bundesliga.de erklärt Europameister und Vizeweltmeister Toni Schumacher, warum das Niveau der deutschen Bundesliga-Torhüter so hoch ist - und warum Nationaltrainer Jogi Löw auf dieser Position fast nichts falsch machen kann.

bundesliga.de: Herr Schumacher, wir würden Sie gerne einige Dinge zu den aktuellen deutschen Torhütern fragen.

Toni Schumacher: Gibt es denn da etwas Neues?

bundesliga.de: Eben nicht. Aktuell sind mindestens zwölf von 18 Stammtorhütern in der Bundesliga aus Deutschland. Warum sind sie seit Jahrzehnten so beständig gut?

Schumacher: Wir haben eine große Tradition, und wir haben gute Ausbilder. Wenn ich mich allein daran erinnere, dass ich schon 1972 mit Rolf Herings einen eigenen Torwarttrainer hatte! Ich glaube er war der allererste Torwarttrainer überhaupt im Profifußball. Und es werden immer mehr Ehemalige genommen, um diese Erfahrung weiter zu geben. Dadurch ist es eben auch in Deutschland hoch angesehen, Torwart zu sein. Die Kinder versuchen dem nachzueifern. Von daher ist es nichts Besonderes, so gute Torhüter zu haben.

bundesliga.de: Aber es ist ja schon so, dass bei den Kindern auf dem Bolzplatz erst einmal niemand ins Tor will. Woher kommt dann trotzdem die Begeisterung für diese Position?

Schumacher: Klar, mit sechs Jahren will noch niemand ins Tor, da probiert man erst einmal alle Positionen aus. Ich habe als Kind auch überall gespielt. Aber letztendlich wollte ich ins Tor, weil das eine phantastische Position ist. Man hat als Einziger ein anderes Trikot an, man darf den Ball mit der Hand nehmen, ach, da gibt es genug Gründe. Und man kann so oft der Held sein. Das sind dann die Momente, die haften bleiben, und das macht diesen Job so spannend. Aber das heißt auch, dass man als Torwart mehr Verantwortung übernehmen muss.

bundesliga.de: Es fällt auf, dass es in Deutschland viele junge Torhüter gibt, die schon sehr früh Verantwortung übernehmen, wie zum Beispiel Manuel Neuer oder Rene Adler. Haben diese Jungs einfach Charakter oder hat das auch mit der speziellen Ausbildung zu tun?

Schumacher: Das hat alles mit der Ausbildung zu tun. Die betrifft mittlerweile alle Bereiche bis hin zum Auftreten in der Kabine. Und sehr schnell denkt man: Die sind aber schon ganz schön weit! Aber da steckt viel Arbeit dahinter.

bundesliga.de: In der Nationalmannschaft herrscht aktuell eine hohe Leistungsdichte, es stehen mehrere Spieler in direkter Konkurrenz um das Trikot mit der Nummer eins. Bei all der guten Ausbildung: Macht da die Erfahrung eines Robert Enke den entscheidenden Tick mehr aus?

Schumacher: Es stimmt natürlich, dass ein 22-Jähriger nicht diese Erfahrung haben kann. Und ein Robert Enke, der schon so viel mitgemacht hat in seinem Leben, den kann man immer blind reinwerfen, da kann man völlig unaufgeregt vor dem Fernseher sitzen. Aber ehrlich gesagt: Ich würde auch unaufgeregt vor dem Fernseher sitzen, wenn Wiese, Neuer oder Adler bei der Nationalmannschaft im Tor stehen. Die Frage ist für einen Torwart nur: Wie gehe ich mit Fehlern und Niederlagen um? Wie stecke ich so etwas weg? Bin ich so selbstbewusst zu sagen: Ich habe zwar ein Tor reingekriegt, aber über die gesamten 90 Minuten mache ich mir keine Vorwürfe,das bringt mich sowieso nur auf die Negativstraße?

bundesliga.de: Würden Sie sagen, dass diesbezüglich ein Rene Adler noch etwas von Robert Enke lernen kann, wenn sie gemeinsam im Trainingslager sind?

Schumacher: Sicher. Wenn man wissbegierig ist und besser werden will, sollte man mit offenen Augen und Ohren dabei sein. Und wenn es da nur um die Gelassenheit geht, in ein Spiel reinzugehen.

bundesliga.de: Wen sehen Sie denn von den vielen jungen Torhütern im Moment vorne?

Schumacher: Das will ich jetzt noch gar nicht beantworten, denn das Wichtige ist: Als Torhüter steht man immer ganz besonders im Fokus, da achten einfach alle auf alles. Da kommt es darauf an, dass man konstant spielt und über eine lange, sehr lange Distanz wenige Fehler macht. Nur so wird man für die Nationalmannschaft nominiert.

bundesliga.de: Das heißt, für einen Torhüter sind die vermeintlich unwichtigeren Spiele wie zum Beispiel das Freundschaftsspiel gegen Südafrika besonders wichtig.

Schumacher: Unwichtige Spiele gibt es für einen Torhüter gar nicht. Nicht einmal im Training. Ein Feldspieler kann da vielleicht kurz sagen: Das mache ich jetzt eben mal mit halber Kraft. Wenn ein Torwart mit halber Kraft spielt, kriegt er einen nach dem anderen rein.

bundesliga.de: Sie machen sich keine Sorgen, wer letztlich bei der WM im Tor steht?

Schumacher: Nein, gar nicht. Da kann Jogi Löw eigentlich gar keine Fehlentscheidung treffen.

Das Gespräch führte Christoph Leischwitz