Die Mannschaft ist der Star: Nach dem historischen 6:1-Auftakterfolg der "alten Dame" gegen Eintracht Frankfurt, überschlagen sich die Berliner Gazetten geradezu vor Lobeshymnen auf die Elf von Coach Jos Luhukay
Die Mannschaft ist der Star: Nach dem historischen 6:1-Auftakterfolg der "alten Dame" gegen Eintracht Frankfurt, überschlagen sich die Berliner Gazetten geradezu vor Lobeshymnen auf die Elf von Coach Jos Luhukay

Lobeshymnen auf die Hertha

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Berlin - Am Tag nach dem grandiosen gegen Eintracht Frankfurt mussten sich bei Hertha BSC alle nochmal kneifen.

"Seit zehn Jahren kein so gutes Hertha-Spiel mehr"

War das wirklich dieselbe Hertha gewesen, die zuletzt in drei Jahren zwei Mal abgestiegen war? Es war ja nicht nur die Höhe des Sieges. Es war vor allem die Art und Weise, wie dieser zustande kam. Überlegen, souverän, taktisch klug, mit präzisen Pässen, mit schnellem Umschaltspiel.



Hertha fußballerisch auf der Höhe der Zeit - wann hatte es das zuletzt gegeben? BSC-Legende Erich "Ete" Beer stellte fest: "Ich habe seit zehn Jahren nicht mehr so ein gutes Hertha-Spiel gesehen." Der frühere Offensivspieler (83 Tore in 254 Bundesligaspielen für die Berliner) betonte in der Boulevardzeitung "Berliner Kurier": "Die Tore sind doch nicht durch Zufall und Glück entstanden, die waren sensationell gut herausgespielt."

Überhaupt: der Boulevard. In der Hauptstadt gleich mit mehrere Blättern vertreten überschlug sich die Yellow Press geradezu in Superlativen: "Hertha wie ein Hurrikan", hieß es im "Kurier", die "Blau-Weißen melden sich nach einem Jahr Abstinenz mit einem dicken, irren Ausrufezeichen im Oberhaus zurück. Hertha fegt Eintracht Frankfurt mit 6:1 (2:1) weg. Ein Ha-Ho-Herrlicher Traumstart!" (XL-Galerie: Hertha mit Rekord - die besten Aufsteiger)

Sechs "Hertha-Helden" sorgen für "Höhepunkt"



Konkurrenzblatt "B.Z". wollte nicht nachstehen und titelte: "6:1! Wahnsinn! Ihr habt ja Jos-gelegt!" Am Folgetag folgte unter dem Motto "Super-Hertha: Die Hertha-Helden, die uns so stolz machen" eine Analyse, die den "Höhepunkt" an "sechs Helden" festmachte: "Trainer Jos Luhukay (50), Manager Michael Preetz (45), Kapitän Fabian Lustenberger (25), Mittelfeld-Zauberer Alexander Baumjohann (26), Knipser Sami Allagui (27) und Japan-Granate Hajime Hosogai (27) - sechs Helden und ein Versprechen: Mit ihnen geht's mit Hertha bergauf!"

Vor allem Luhukay wird weithin als Vater des Erfolges ausgemacht. Sogar die Wochenzeitung "Die Zeit" wurde mit Blick auf den Coach pathetisch: "Die Schwererziehbaren sind jetzt erwachsen", denn: "Trainer Jos Luhukay ist seinen Spielern ein guter Freund und strenger Vater."

Für derartige Lobeshymnen hatte allerdings der Niederländer selbst noch am Spieltag grünes Licht gegeben, als er sagte: "Heute bin ich ein glücklicher Trainer. Das war ein wunderschöner Tag für Berlin, die Fans und die Mannschaft." Dem 50-Jährigen hatte besonders das Umkehrspiel seiner Mannschaft gefallen: "Da bekam ich Herzklopfen. Das war Fußball auf höchstem Niveau!"

Acht Herthaner dürfen sich international beweisen



Am Sonntag dann saß der Trainer einsam auf einer kleinen Holzbank mitten auf dem Trainingsplatz. Sehr in sich versunken wirkte der gemeinhin nicht zu Übertreibungen neigende Fußballlehrer da. War ihm dieses Wahnsinnsleistung selber nicht ganz geheuer? Oder zermartete er sich bereits den Kopf darüber, wie dem nächsten Gegner 1. FC Nürnberg zu begegnen sein würde? Luhukay verriet es nicht. Und seiner Trainingsarbeit konnte man es auch nicht entnehmen, denn der Großteil seiner Helden hatte sich inzwischen zu diversen Nationalmannschaften verabschiedet.

Gleich acht Herthaner sind diesmal nominiert worden. Nico Schulz ist erstmals für die deutsche U21-Nationalmannschaft dabei. John Anthony Brooks ist von Nationaltrainer Jürgen Klinsmann für das A-Team der USA berufen worden. Änis Ben-Hatira und Sami Allagui spielen für Tunesien, Peter Pekarik für die Slowakei: Die Youngsters Hany Mukhtar und Anthony Syhre weilen bei der deutschen U19, Robert Andrich beim Lehrgang der U20. Die, die noch da waren, lockerten lediglich ihre Muskeln auf (die A-Mannschaft) oder trainierten mit Co-Trainer Markus Gellhaus.

Doch ganz sicher hätte Luhukay "Ete" Beer nicht widersprochen, der mahnte: "Jetzt nicht abheben, nicht überheblich werden. Punkte einsammeln, denn die richtig schweren Spiele kommen erst ab Oktober."

Aus Berlin berichtet Andre Anchuelo