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Leon Balogun: "Man eskaliert ganz dezent"

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München - Martin Schmidt schlug nach dem Abpfiff ungläubig die Hände vors Gesicht, dabei hatte der Trainer des 1. FSV Mainz 05 schon im Vorfeld der Partie beim FC Bayern München von einem Sieg gesprochen. "Er hat gesagt, dass es eine Überzeugungssache ist", sagte Leon Balogun. Der Innenverteidiger hatte diese Worte verinnerlicht und trug seinen Teil zum sensationellen 2:1-Erfolg beim Tabellenführer bei. Im Interview erklärt der sechsmalige nigerianische Nationalspieler die beste Verteidigungsstrategie gegen Franck Ribery und blickt auf das bevorstehende Duell mit seinem Ex-Verein Darmstadt 98.

Frage: Leon Balogun, können Sie einen Einblick geben, was nach diesem Sieg in der Mainzer Kabine los war?

Leon Balogun: In der Kabine war auf jeden Fall gute Stimmung. Wir haben erst einmal ein Siegerfoto gemacht, noch mal die Tore im Fernsehen gesehen und sie noch mal bejubelt. Die einen waren schon im Entmüdungsbecken, die anderen in der Eistonne. Alle sind happy. Die Musik lief und man eskaliert ganz dezent.

"Wir haben uns etwas ausgerechnet"

Frage: Aufgrund der bisherigen Heimbilanz der Bayern haben sich bislang wenige Gegner hier viel ausgerechnet …

Balogun: Aber wir haben uns etwas ausgerechnet. Wir haben einfach an uns geglaubt. Das ist eine wichtige Geschichte, wenn man hierher fährt. Klar sind wir Mainzer nicht die Favoriten in so einem Spiel. Der Trainer hat uns unter der Woche schon gesagt, dass es eine Überzeugungssache ist. Das hat er gut auf die Mannschaft übertragen. Man kann mit diesem Glauben Berge versetzen. Wir waren einfach sehr fleißig und hatten das nötige Glück. Ich habe in den letzten Wochen immer vom Glück des Tüchtigen gesprochen - das haben wir uns erarbeitet. Von daher gehen die drei Punkte trotz der von den Bayern gewohnten Überlegenheit auch in Ordnung.

Frage: Sie haben gleich am Anfang in den Duellen mit Franck Ribery dem Franzosen signalisiert, dass es kein leichter Tag für ihn werden wird.

Balogun: Man kann sich generell auf Spieler wie ihn oder Arjen Robben nie zu 100 Prozent einstellen. Ich habe während des Spiels auch zu ihm gesagt: "Du bist ekelhaft zu verteidigen." Er macht einen Haken und noch einen - du hast zwar auch Erfolgserlebnisse, die dich pushen, aber in der nächsten Aktion kann er dich wieder komplett nass machen. Da darfst du dich nicht ausruhen. Wichtig ist, nicht auf jede Körpertäuschung einzugehen. Ich bin froh, dass es gut geklappt hat. Es hat bei jedem super geklappt. Selbst wenn die Bayern mal an einem vorbeikamen, waren wir direkt wieder dahinter. Es war unser Plan, dass einer für den anderen da ist.

"Gegen Robben oder Ribery brauchst du Erfolgserlebnisse"

Frage: Mit welchem konkreten Plan sind Sie in das Spiel gegangen?

Balogun: Wir brauchten eine gewisse Stabilität hinten, das erklärt die fünf Abwehrspieler hinten. Die beiden Außenverteidiger sollten aber schon ein bisschen höher stehen, sodass es eigentlich eine Dreierkette war. Man muss das im Spiel immer anpassen. Die Bayern reagieren auch sehr schnell, sie haben einen Weltklasse-Trainer, der vieles gleich am Anfang erkennt. Die ersten paar Minuten hat es super geklappt, dann mussten wir ein bisschen umstellen, sodass wir teilweise echt mit fünf hinten drin standen. Wir wollten dennoch mutig sein, vorne zustellen und die Bayern nach Möglichkeit zu langen Bällen zwingen, weil wir da unsere Vorteile gesehen haben. Über unser Konterspiel wollten wir gezielt Nadelstiche setzen.

Frage: Ab wann haben Sie wirklich daran geglaubt, dass etwas geht?

Balogun: Schon vor dem Spiel. Du brauchst natürlich auch im Spiel diese Erfolgserlebnisse, gelungene Zweikämpfe gegen Ribery und Robben oder Situationen, in denen du dich gut durchspielst und gut vors Tor kommst. Wir hatten nicht allzu viele davon, aber gegen die Bayern musst du dich gerade an diesen kleinen Dingen hochziehen. Das haben wir gemacht. Wir haben am Anfang eine Großchance durch Arturo Vidal zugelassen - den Schuss hält Loris Karius überragend. Danach weißt du, dass alle da sind und noch mal ein bisschen wacher sind. Das schweißt zusammen und pusht, weil du merkst, es geht was.

Frage: Von Mainzer Seite war in den vergangenen Wochen immer zu hören, dass erst nach dem Erreichen der 40 Punkte über neue Ziele nachgedacht wird. Ist bei jetzt 39 Punkten schon eine neue Zielsetzung zumindest im Hinterkopf?

Balogun: Ein Punkt fehlt wirklich noch. Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Ich glaube allerdings auch nicht daran, dass wir jetzt eine Verlustserie starten. Danach sieht es momentan überhaupt nicht aus. Das nächste Spiel ist gegen Darmstadt. Wir können uns jetzt freuen, müssen uns aber trotzdem schon darauf fokussieren. Gegen Darmstadt wird es nie einfach, ich kenne sie sehr gut. Klar ist da was im Hinterkopf. Man kann nicht vermeiden, dass über Europa gesprochen wird und man selbst ein bisschen damit liebäugelt. Es kann aber immer ganz schnell gehen im Fußball, von daher sollten wir schauen, dass wir möglichst gegen Darmstadt schon die 40-Punkte-Marke knacken - am besten noch mit einem Sieg. Ich glaube, dass man dann auch öffentlich ein paar neue Ziele definiert, wenn man sich auch intern darauf einschwört.

Aus München berichtet Maximilian Lotz