Ratlosigkeit in Nürnberg: Der "Club" ist der erste Verein der Bundesliga-Historie, der eine gesamte Hinserie hindurch sieglos bleibt
Ratlosigkeit in Nürnberg: Der "Club" ist der erste Verein der Bundesliga-Historie, der eine gesamte Hinserie hindurch sieglos bleibt

Leistung lohnt(e) sich nicht

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Nürnberg - Gertjan Verbeek war nicht ausdrücklich darum gebeten worden. Und dennoch sah der Nürnberger Coach nach dem 0:0 gegen Schalke 04 die Gelegenheit gekommen, ein kleines Hinrundenfazit zu ziehen. Und wer seine Nürnberger an diesem bitterkalten Abend gesehen hatte, konnte es ihm nicht verdenken, dass das - abgesehen von den Ergebnissen - eher positiv ausfiel: "Guter Kampfgeist, gute Mentalität, gut Fußball gespielt - nur wieder keine drei Punkte", bilanzierte er. "Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen."

Aus im DFB-Pokal

Mit Schönfärberei hatte das nichts zu tun, auch die Schalker Spieler erklärten schließlich unisono, dass sie nur mit viel Glück einen Punkt aus Franken entführt hatten. Doch was nützen all die Hinweise auf das Pech, das den Franken tatsächlich in vielen der 17 Spiele hold geblieben ist, wenn man mit mickrigen elf Punkten nur dank der besseren Tordifferenz den vorletzten Tabellenplatz innehat?

Schon der Saisonstart verlief ausgesprochen holprig. Ironischerweise war das Ausscheiden im DFB-Pokal gegen Sandhausen - der Zweitligist triumphierte im Elfmeterschießen - allerdings eines der wenigen Spiele, in denen der "Club" ausgesprochen schwach spielte. Es folgten zwei Remis gegen Hoffenheim und Hertha BSC, ehe man  das erste Mal chancenlos blieb: 2:0 unterlag man in München, dort sollen dem Vernehmen nach auch andere Mannschaften bereits Federn gelassen haben. Die Alarmglocken schrillten erst, als sich der "Club" bei der Heimniederlage gegen Augsburg (0:1) und dem 1:1 in Braunschweig schlecht aus der Affäre zog, aufkeimende Kritik aber mit einem leistungsgerechten 1:1 gegen Borussia Dortmund verstummen ließ.

Aus für Wiesinger

Nach dem 3:3 in Bremen folgte der sportliche Tiefpunkt der Hinrunde: Nach einem blamablen 0:5 gegen den HSV, bei dem sich die "Club"-Defensive die meisten Gegentore selbst ins Netz gelegt hatte, musste Trainer Michael Wiesinger gehen, der mit Josip Drmic, Emanuel Pogatetz und Makoto Hasebe erfolgreich drei neue Spieler eingebaut hatte. Nach einem Spiel unter Interimscoach Roger Prinzen (1:1 in Frankfurt) übernahm Verbeek.

Der Niederländer vermied jede Kritik an seinem Vorgänger, lobte stattdessen den physischen Zustand der Mannschaft, kündigte aber Modifizierungen der Spielweise an. Man wolle künftig früher pressen, um den Weg zum gegnerischen Tor zu verkürzen und das große Manko des Saisonbeginns zu korrigieren: Der "Club" verteidigte da in der Regel durchaus diszipliniert, erarbeitete sich aber zu wenige Torchancen und überließ zu oft dem Gegner die Initiative.

Klarer Aufwärtstrend

Es bleibt ein wenig tragisch, dass die Handschrift des neuen Coaches seither immer besser zu erkennen ist, die Ergebnisse aber eine gänzlich andere Sprache sprechen: Auch unter Verbeek blieb der "Club" eben sieglos, verlor sogar die Spiele gegen Mönchengladbach und den SC Freiburg, obwohl die Franken in Gladbach mindestens ebenbürtig und bei der 0:3-Klatsche gegen Freiburg das klar bessere Team waren.

Bleibt die Hoffnung auf eine Rückrunde, in der die nötigen Punkte gegen den Abstieg geholt werden sollen - was bei lediglich drei Punkten Rückstand auf den Relegationsrang und derer vier aufs rettende Ufer auch kein Ding der Unmöglichkeit ist - zumal punktuelle Verstärkungen in der Winterpause zu erwarten sind. Und da wäre natürlich noch der mentale Faktor, die Zuversicht, die nicht nur Kapitän Raphael Schäfer nach dem Schalke-Spiel aus den zuletzt gezeigten Leistungen zieht: "Wer gesehen hat, wie wir den Gegner zum Teil an die Wand gespielt haben und dann nicht mehr an uns glaubt, der kann nicht viel von Fußball verstehen."

Tobias Schächter

TOPS

    Viel Pech im Spiel: Nürnberg scheiterte am häufigsten an Latte oder Pfosten (15 Mal).

    Starkes Vertikalspiel: Nürnberg traf starke sieben Mal nach Steilpässen - Bayern nur vier Mal.

    Laufstark: Nürnberg gehört zu den laufstärksten Teams der Liga, nur drei Mannschaften liefen durchschnittlich mehr Kilometer pro Spiel als Nürnberg (119,1 Kilometer).

    Schwer zu knacken: Nürnberg verlor nur ein Spiel mehr (sechs) als ein Topteam wie Wolfsburg (fünf Niederlagen).

    Nilsson trifft und trifft: Per Nilsson war mit seinen sechs Treffern der torgefährlichste Abwehrspieler der letzten Bundesliga-Saison. Der Schwede traf in der Hinrunde auch schon wieder drei Mal.

FLOPS

    Viel zu wenige „Hundertprozentige“: Kein Team erspielte sich weniger Großchancen als Nürnberg (elf).

    Zu wenige treffen: Für kein Team trafen weniger unterschiedliche Torschützen als für Nürnberg (sechs).

    Strafstoß - Fehlanzeige: Nürnberg bekam in dieser Saison noch keinen Strafstoß zugesprochen.

    Sehr schwache letzte halbe Stunde: Kein Team erzielte weniger Tore in den letzten 30 Minuten der Spiele als Nürnberg (vier).

    Eklatante Abwehr-Lücken: Nürnberg ließ die zweitmeisten Torschüsse zu (289; Bremen 306).