Kevin Kuranyi (v.) und Andreas Müller bei der Pressekonferenz am Montag
Kevin Kuranyi (v.) und Andreas Müller bei der Pressekonferenz am Montag

Kuranyi: "Konnte das nicht mehr ertragen"

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Kevin Kuranyi kämpfte immer wieder gegen seine Tränen an, als er mit leiser und brüchiger Stimme um Worte für seine Nacht- und Nebelaktion rang. Der 26 Jahre alte Stürmer wirkte nach seinem Rauswurf aus der deutschen Nationalmannschaft sichtlich bewegt und nervlich angeschlagen.

"Ich glaube, ich lebe momentan in einer eigenen Welt. Es ist eine sehr, sehr schwierige Situation für mich. Das wünsche ich keinem", sagte Kuranyi zu seinem Gemütszustand. Allerdings verteidigte er am Montag bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seine Entscheidung, räumte gleichzeitig aber auch einen Fehler ein.

"Keine Worte der Wiedergutmachung"

"Es tut mit für die Mannschaft leid, dass ich einfach gegangen bin. Es war falsch. Dafür habe ich mich in einem Telefonat mit dem Bundestrainer auch entschuldigt, aber es gibt keine Worte der Wiedergutmachung. Ich habe mich in der Nationalmannschaft immer sehr wohl gefühlt", sagte Kuranyi am Montag auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz in der Schalke-Arena.

Der 52-malige Nationalspieler betonte jedoch auch, "dass ich vollkommen dahinter stehe. Ich bereue nichts. Der Zusammenbruch kam über das, was in den vergangenen drei Jahren passiert ist. Ich konnte das nicht mehr ertragen - als Spieler und als Mensch." Eine Rückkehr in die DFB-Auswahl wollte der Stürmer jedoch nicht kategorisch ausschließen: "Das ist Zukunftsmusik. Wichtig ist, dass ich Leistung bringe."

Kein Zurück unter Löw

Bundestrainer Joachim Löw machte vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Wales am Mittwoch (ab 20:30 Uhr im Live-Ticker von bundesliga.de) in Mönchengladbach aber ebenfalls noch einmal deutlich, dass es in seiner Amtszeit kein Coemback des gebürtigen Brasilianers geben werde.

"Wir haben kurz am Sonntag gesprochen. Er hat sich grundsätzlich entschuldigt und erklärt, dass seine Reaktion, die Mannschaft im Stich zu lassen, ein Fehler war. Diese Entschuldigung habe ich angenommen. Sie ändert aber nichts an meiner Entscheidung", erklärte Löw in Düsseldorf.

Kuranyi hofft nun, "dass sich alles schnell wieder beruhigt und der Alltag kommt. Ich habe noch genügend Ziele, für die ich kämpfen werde. Ich werde alles für Schalke geben und alles dafür tun, damit wir Erfolg haben".

Kein Mannschaftstraining

Am Montag trainierte der Angreifer wieder bei seinem Club Schalke 04, allerdings nicht mit der Mannschaft. Kuranyi absolvierte abgeschottet von der Öffentlichkeit eine Reha-Einheit im Kraftraum. Am Dienstag will er jedoch wieder in den normalen Trainingsbetrieb zurückkehren. Einige Schalker Fans hatten derweil am Trainingsplatz ein Plakat aufgehängt: "Kevin - wir glauben an dich" stand darauf zu lesen.

Schalkes Manager Andreas Müller ("Ich habe höchsten Respekt vor Kevins Entscheidung") erklärte: "Kevin hat einen Fehler gemacht. Aber man muss sich einmal Gedanken machen, warum so ein Junge mit 26 Jahren nicht mehr in der Nationalmannschaft spielen will, obwohl er nachweislich einer der besten Stürmer in Deutschland ist", sagte Müller.

"Bei Schalke gut aufgehoben"

"Kevin ist bei Schalke sehr gut aufgehoben. Wir werden ihn auffangen und stehen bedingungslos zu ihm", führte er weiter aus und sprach von einer "Befreiung" für Kuranyi: "Hier hat er das Vertrauen, das er in der Nationalmannschaft nicht so hatte." Löw konterte den Angriff nur kurz: "Andreas Müller soll seine Sache machen, wir machen unsere."

Kuranyi, der für die WM 2006 nicht nominiert worden war, warb am Montag fast 25 Minuten um Verständnis für seine Flucht in der Halbzeitpause des Russland-Spiels.

Kein Problem mit dem Trainer

"Keiner steckt in meinem Körper und meiner Psyche, um zu wissen, wie schlimm es ist. Es ist vieles zusammengekommen", meinte er, nachdem ihn Löw nicht für den 18er-Kader für das WM-Qualifikationsspiel gegen Russland (2:1) berücksichtigt hatte: "Diese Entscheidung hat alles durcheinander gebracht."

Persönlich mit Löw oder seinen Ex-Kollegen im DFB-Team habe seine Reaktion aber nichts zu tun, betonte der 26-Jährige: "Ich habe noch nie persönliche Probleme mit einem Trainer gehabt. Ich habe Respekt vor jedem Trainer." Auch die Mannschaft sei "sehr stark. Wir haben im Sturm Topleute, die es verdient haben, dabei zu sein. Die Nationalmannschaft kann viel erreichen".