Knapp verpasst: Hansa Rostocks U-19-Coach unterlag mit seinem Team im Finale der Junioren-Bundesliga mit 1:3
Knapp verpasst: Hansa Rostocks U-19-Coach unterlag mit seinem Team im Finale der Junioren-Bundesliga mit 1:3

Kroos: Familiäres Umfeld ein Faustpfand

xwhatsappmailcopy-link

Rostock - Das Finale um die Deutsche Meisterschaft knapp verloren, und doch viele Sympathien gesammelt: Die A-Junioren des FC Hansa Rostock stehen trotz der Niederlage gegen den VfL Wolfsburg (1:3) sinnbildlich für die gute Ausbildung des Drittligisten. Für Trainer Roland Kroos, Vater von Bayern-Star Toni Kroos und Bremens Felix Kroos, wird es aber "immer schwerer, dieses Niveau zu halten", solange nicht auch Rostocks Profis, aktuell in der 3. Liga auf höherem Niveau spielten.

Kroos spricht mit bundesliga.de über Rostocks Erfolgskonzepte der Nachwuchsabteilung, die Schwierigkeit des Talentscoutings, 14-Jährige mit Spielerberatern und das Scheitern der U 21 in Israel.

bundesliga.de: Herr Kroos, Sie sind seit elf Jahren im Nachwuchsbereich des FC Hansa aktiv. Rostock ist bis in die 3. Liga abgerutscht, der Jugendbereich ist hingegen obenauf. Warum die Diskrepanz?

Roland Kroos: Das ist schwer zu sagen. Wir haben in den letzten Jahren erfolgreich im Nachwuchsbereich agiert. In der ersten Mannschaft fehlte es nach den Abstiegen durch Trainerwechsel und Veränderungen in der Führungsebene an Kontinuität. Es wird in Zukunft aber auch in unserer Jugendabteilung immer schwerer, das Niveau zu halten, da der Männerbereich nicht mehr in der 2. Bundesliga spielt.

bundesliga.de: Ist die Suche nach jungen Spielern durch den Absturz von Hansa zu einem Haifischbecken verkommen?

Kroos: Hansa ist im Norden nicht allein. Die Vereine um uns herum, zum Beispiel der VfL Wolfsburg oder Hertha BSC, haben ganz andere Rahmenbedingungen, um möglichst schnell talentierte Spieler zu scouten und sie dann auszubilden.

bundesliga.de: Wie überzeugen Sie dann Talente, überhaupt nach Rostock kommen zu wollen?

Kroos: Es ist mittlerweile in Deutschland bekannt, dass es bei uns hervorragende Voraussetzungen für eine fußballerische Ausbildung gibt. Dass wir es bis ins Finale geschafft haben, zeigt das ja auch. Wir haben uns einen guten Namen gemacht und hoffen dadurch, Talente für Hansa zu gewinnen. Das etwas kleinere und familiäre Umfeld ist sicherlich ein Faustpfand.

bundesliga.de: Nach welchem Leitfaden bilden Sie Talente in den A-Junioren aus?

Kroos: Jeder Spieler braucht ein gewisses Talent, um in den gut bezahlten Bereich des Fußballs zu kommen. Es gilt, die Jungs zu formen und zu entwickeln. Man muss immer wieder auf sie zugehen und mit ihnen über die Leistung oder über ihre Stärken und Schwächen reden. Wir versuchen, das Maximale aus ihnen herauszuholen. Ich muss aber anmerken, dass wir lediglich Voraussetzungen schaffen, mehr nicht. Es ist nie sicher, ob ein begabter Spieler den Sprung zu den Profis schafft.

bundesliga.de: Welche Inhalte vermitteln Sie?

Kroos: Vor allem durch gezieltes Training den Spieler individuell zu fördern und zu fordern. Das ist allerdings nicht einfach. Jedes Jahr verändert sich das Gesicht der Mannschaft, da aus der B-Jugend Nachrücker kommen und viele A-Jugendliche ihre letzte Junioren-Saison gespielt haben. Eine längere Zusammenarbeit ist nicht gegeben. Man muss sich dadurch in jedem Sommer auf Neues einstellen.

bundesliga.de: Inwieweit haben sich die Anforderungen an junge Spieler verändert? Mittlerweile verdrehen Berater schon 14-Jährigen den Kopf.

Kroos: Die Sache mit den Beratern hat sich in den letzten Jahren sicher verstärkt, ja. Aber Dinge verändern sich. Die Hauptsache ist, dass die jungen Spieler den Blick für das Wesentliche nicht verlieren und mit seriösen Agenturen zusammenarbeiten. Ein 14-Jähriger kann über allen anderen stehen und der Beste seines Jahrgangs sein. Es gibt aber nicht die Garantie, dass es so weiter geht.

bundesliga.de: Oft wird darüber diskutiert, ob ein Verein oder ein Verband von der Jugend bis zu den Profis eine deckungsgleiche Taktik vorgibt. Ist es für Sie notwendig oder macht einen talentierten Spieler vor allem die Flexibilität aus?

Kroos: Im späten Nachwuchsbereich ist es normal, zwei taktische Varianten zu beherrschen, um flexibel zu sein. Wie ich schon sagte: Durch den ständigen Spieleraustausch passt in der einen Spielzeit das System und in der nächsten vielleicht schon ein ganz anderes. Darauf müssen wir uns einstellen. Ich sage aber, dass ein guter Spieler mindestens mit zwei Varianten klarkommen muss.

bundesliga.de: Durch das Vorrundenaus der U-21-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft in Israel kam die Frage nach der Gewichtung innerhalb einer fußballerischen Ausbildung auf. Was ist wichtiger? Die Ausbildung an sich oder der Erfolg?

Kroos: Im Vordergrund muss die Ausbildung stehen, das ist die Grundvoraussetzung. Wie ich die Spieler technisch und taktisch verbessere. Wenn man erfolgreich arbeitet und ausbildet, kommt der Erfolg von ganz alleine.

Das Gespräch führte Sebastian Schramm


Nachwuchsarbeit im Fokus
Der Durchschnittsprofi: Bemben vs. Tesche | Der Durchschnittsprofi: 2003 vs. 2013 | NLZ-Chef Zietsch über Nürnbergs Leistungszentrum | Freiburgs Fußballschule: Hier hat Ginter alles gelernt | KSC-Scout Strehlau über Talentsichtung | A-Jugend-Coach Elgert über Schalkes Knappenschule | Kroos senior über die Hansa-Jugend | Große Bühne: U-19-Halbfinale in der Schalker Arena