Nach dem 4:0-Erfolg gegen Hertha BSC feierten die Spieler von Schalke 04 ausgelassen die Qualifikation für die Champions League
Nach dem 4:0-Erfolg gegen Hertha BSC feierten die Spieler von Schalke 04 ausgelassen die Qualifikation für die Champions League

"Königsblaue" Party

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Gelsenkirchen - So richtig hektisch wurde Huub Steven nur einmal. Es war die 90. Minute im Spiel gegen Hertha BSC, als Schalkes Trainer wild gestikulierend von seiner Mannschaft forderte, den Ball ins Aus zu spielen. Stevens wollte Ersatzkeeper Mathias Schober einwechseln - ein Dankeschön an den letzten "Eurofighter" vor dessen Karriereende. Wer sich gerade mit einem 4:0-Erfolg für die Champions League qualifiziert hat, kann sich so etwas leisten.

Adios Raul

Schalke, wie es singt und lacht. Zwei Halbzeiten lang führten die Profis Hertha BSC vor und siegten sich mit souverän in Europas "Königsklasse". Dann folgte eine komplette dritte Halbzeit - mit Jubel und Tränen, mit Freude und Wehmut, mit Pathos und Gesang und vor allem mit ganz viel königsblauem Flair. Schalke feierte auch ohne Meisterschale eine tolle Saison und einen scheidenden Superstar.



Ein letztes Mal erhob sich die ganze Arena, um dem "Señor" die Ehre zu erweisen. "Datt von Raul erzähl' ich meine Enkel", war im schönsten Ruhrpott-Deutsch auf einem Plakat zu lesen. Und der Spanier ließ sich dieses Mal nicht lange bitten. Er drehte eine Ehrenrunde mit seinen Kindern, alle stilecht gekleidet in das königsblaue Trikot mit der Nummer 7, die der Verein zu seinen Ehren nun erst einmal nicht neu vergeben will. Er verdrückte ein paar Tränen. Und er stieg hinauf auf den Zaun zu den Fans in der Nordkurve.

Da stand er nun zusammen mit Sturmpartner Klaas-Jan Huntelaar, der gerade zuvor gegen die Berliner seine Bundesligatore Nummer 26 und 27 erzielt hatte. Das ist Ligaspitze und der Holländer schielt jetzt nicht nur mit einem Auge auf die Torjägerkanone. "Ich werde auch beim letzten Spiel in Bremen alles tun, um vorne zu bleiben. Diesen Titel möchte ich unbedingt holen."

Abschied vom letzten "Eurofighter"



Dieser Tag aber gehörte vor allem dem stolzen Señor aus Spanien. Auch er hatte noch einmal eingenetzt, Tor Nummer 15 in dieser Spielzeit. Es war so etwas wie ein perfektes Abschiedsspiel für Raul, weil der Gegner auf große Gegenwehr verzichtete. Das Tor zu schießen war dem 34-Jährigen da deutlich leichter gefallen, als später inmitten blau-weißer Emotionen die passenden Sätze zu finden. "Mir fehlen die Worte, um mich bei den Fans zu bedanken."

Und doch hinterlässt der Weltstar dem Club eine Liebeserklärung: "Schalke ist ein besonderer, ein sehr spezieller Club. Es hat riesengroßen Spaß gemacht, auf Schalke gespielt zu haben. Schalke ist ein Teil meines Lebens geworden."

Ein Teil des Lebens, und zwar ein sehr großer, ist Schalke 04 auch für Mathias Schober. 1994 rückte der Torhüter in den Profikader auf, trug mit Unterbrechungen insgesamt elf Jahre das blau-weiße Trikot. Vor allem aber ist er der letzte Aktive, der beim legendären UEFA-Cup-Sieg 1997 dabei war. "Der letzte Eurofighter geht in Rente", prangte groß auf einem Plakat der Fans. Die stimmten für ihren "Schobi" in seinen letzten zwei Bundesligaminuten noch einmal das legendäre Lied der "Eurofighter" an: "Wir schlugen Roda, wir schlugen Trabzon...". Und die ganze Arena stimmte mit ein.

"Großer Schritt für den ganzen Verein"



Tränen flossen auf dem Rasen, aber auch auf der Tribüne, als Schober und Raul, dazu Hans Sarpei und Levan Kenia nach dem Spiel auf einer Bühne im Mittelkreis verabschiedet wurden. Auf dem Videowürfel liefen die schönsten Szenen und am Ende lagen sich Jung und Alt in den Armen. "Blau und Weiß, ein Leben lang" dröhnte es mit Gänsehaut-Faktor durch die Arena.

Möglich gemacht hatte die außergewöhnliche Feierstunde zuvor der glatte Sieg über Hertha BSC. "4:0 ist zwar schon sehr deutlich, aber es hätte auch höher ausgehen können", meinte ein grinsender Lewis Holtby nicht ganz unzutreffend. Mit dem Sieg hat sich Schalke endgültig Platz 3 und damit einen Startplatz in der Champions League gesichert. Das ging zwar an diesem Abend irgendwie fast unter, aber dem Kapitän war der Stolz darüber doch anzumerken. "Das ist ein großer Schritt für die Mannschaft und auch für den ganzen Verein", befand Benedikt Höwedes.

Huub Stevens - typisch Trainer - dachte derweil schon weiter. Für ihn ist das Erreichen der europäischen "Königsklasse" "schön, aber auch eine neue Herausforderung für unsere junge Mannschaft."

Aus Gelsenkirchen berichtet Dietmar Nolte