Otto Rehhagel ist seit 2002 als Nationaltrainer Griechenlands im Amt und wurde 2004 Europameister
Otto Rehhagel ist seit 2002 als Nationaltrainer Griechenlands im Amt und wurde 2004 Europameister

"König Otto" bläst zum Angriff

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Nachdem "Maurermeister" Otto Rehhagel mit unkontrollierter Offensive alle Kritiker überrascht hatte, genoss er den historischen Sieg in vollen Zügen.

"Dass wir nicht ohne Punkte nach Hause fahren müssen, befriedigt natürlich. Wir haben jetzt nichts mehr zu verlieren, aber alles zu gewinnen", sagte der 71-Jährige nach dem 2:1 (1:1) seiner Griechen gegen Nigeria sichtlich gelöst.

"Er hat erneut gezeigt, wie genial er sein kann"

Nach dem ersten WM-Sieg des Europameisters von 2004 ausgerechnet im 500. Länderspiel durfte "König Otto" nach der harschen Kritik der vergangenen Tage auch wieder die Huldigungen seiner Untertanen entgegennehmen. "Er hat erneut gezeigt, wie genial er sein kann", schrieb die Sportzeitung "Goal News".

Vor allem die ungewohnte totale Offensive, die Rehhagel nach dem 0:1 durch Kalu Uche (16.) und der Roten Karte gegen Sani Kaita (33.) seinem Team verordnet hatte, begeisterte die Kommentatoren. "Selbst wenn wir ausscheiden, ist es uns egal, wir haben in einem Spiel 27 Schüsse unserer Mannschaft gesehen", schrieb "Goal News" weiter, und "Exedra" ergänzte: "Das ist unser Fußball."

Doch schon am Dienstag droht ein Rückfall in Rehakles' Steinzeittaktik. Gegen den WM-Favoriten Argentinien könnte ein Punkt zum Weiterkommen reichen - wohl Grund genug, um wieder Beton anzurühren. "Das ist eine außergewöhnliche Mannschaft mit dem derzeit besten Spieler, Lionel Messi", sagte Rehhagel und fügte schnell an: "Da sind wir krasser Außenseiter."

Lob von den Spielern

Dass die Griechen, die sich 2004 zum EM-Titel mauerten, weit mehr können, als mit Mann und Maus zu verteidigen, bewiesen sie gegen die dezimierten Nigerianer eindrucksvoll. 27 Schüsse, elf davon aufs Tor, zwölf hochkarätige Torchancen, die ersten WM-Treffer durch Dimitrios Salpingidis (44.) und Vasileios Torosidis (71.) - nachdem Rehhagel seine Taktik mit drei Innenverteidigern aufgegeben hatte, zeigte die Offensive um den starken Regisseur Georgios Karagounis, dass diese Mannschaft durchaus mehr zu bieten hat.

So ist es kein Wunder, dass die Medien in Griechenland ein Ende der Ottokratie und einen offensivfreudigeren Trainer herbeisehnen. Ähnlich geht es offenbar auch einigen Spielern. "Er ist neun Jahre hier und hat Großes für Griechenland geleistet", sagte Stürmer Georgios Samaras, mit dessen Einwechselung das Offensiv-Feuerwerk begann, über Rehhagel und ergänze: "Es ist seine Entscheidung, ob er weitermacht." Auf Nachfrage, ob er denn eine weitere Zusammenarbeit mit Rehhagel befürworte, wiederholte der Angreifer von Celtic Glasgow nur: "Das ist seine Entscheidung."

Die Verdienste des früheren Meistertrainers von Werder Bremen und des 1. FC Kaiserslautern würdigte Samaras in den höchsten Tönen: "Er hat Disziplin ins Team gebracht und negative Einflüsse von außen abgeblockt." Doch es klang wie ein Abgesang auf den Volkshelden von 2004, dessen Denkmal zuletzt bröckelte.

Lagerbäck frustriert

Auf einen Rückfall der Griechen in alte Zeiten muss Nigeria hoffen. Denn der zweimalige Afrikameister hat nur noch eine Chance auf das Weiterkommen, wenn Rehhagels Mannschaft gegen Argentinien verliert. Dann würde ein Sieg am Dienstag gegen Südkorea den Einzug ins Achtelfinale bedeuten.

Doch darüber wollte Trainer Lars Lagerbäck nach der sechsten Niederlage in den letzten sieben WM-Spielen der "Super Eagles" noch nicht nachdenken, zu sehr hatte ihn der Platzverweis in Rage gebracht. "Ich bin schon lange im Geschäft. Aber es ist frustrierend zu sehen, dass wir hier vier Schiedsrichter haben, die einen Spieler vom Platz stellen, und keiner weiß warum", sagte der Schwede: "Ich wollte den Schiedsrichter fragen, aber niemand konnte mir eine Antwort geben."

Kaita hatte Torosidis an der Außenlinie zunächst leicht geschubst und dann mit den Stollen am Oberschenkel getroffen. Schiedsrichter Oscar Ruiz aus Kolumbien wertete die Aktion zu Recht als Tätlichkeit. "Man hat mir gesagt, er soll ihn am Bein getroffen haben, aber der Grieche hat sich den Kopf gehalten. Das ist alles sehr seltsam", sagte Lagerbäck. Der Rotsünder indes entschuldigte sich "beim nigerianischen Volk, den Offiziellen und meinen Mannschaftskollegen" für seinen Ausraster.