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Am Samstag feierte Arturo Vidal mit Juventus Turin einen 2:1-Sieg bei Inter Mailand
Am Samstag feierte Arturo Vidal mit Juventus Turin einen 2:1-Sieg bei Inter Mailand

König Artur von Turin

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Turin - Endlich Schlusspfiff, wird es manchem Spieler erleichtert durch den Kopf gehen. So muss er nicht mehr ständig diesem nervtötenden Chilenen begegnen. Erst kürzlich sinnierte die "Gazzetta dello Sport" über das imposante Pensum von Arturo Vidal: "Manchmal erscheint es, als erobert er den Ball, schlägt ihn prompt nach vorne zu sich selbst und sorgt für Gefahr im gegnerischen Strafraum. Dann steht Vidal plötzlich wieder inmitten der Defensivreihe zum nächsten Ballgewinn."

"Man sah gleich, was für eine Granate er war"

"Das ist eben seit jeher mein Stil", erklärt der 25-Jährige. "Meine Mutter nenne ich Kriegerin, weil sie in harten Verhältnissen sechs Kinder groß gezogen hat - auf dem Rasen werde ich dann ebenfalls zum Krieger." Die Tifosi honorierten den Habitus rasch und tauften ihn "König Artur" und "Celia Punk" (in Anlehnung an dessen Lieblings-Sängerin Celia Cruz).



Dank seiner unermüdlichen Anstrengungen erfanden die Medien das Juventus-Attribut "Vidalität". Der Name sorgte bisweilen auch für amüsante Szenen. In Florenz fragte ein Plakat ob der neuen Haarpracht des Juve-Trainers vor kurzem: "Conte, wäschst du die Perücke mit Vidal?"

Die Heimat verließ der "Krieger" 2007 als damals historisch opulentester Transfer der chilenischen Meisterschaft für elf Millionen Dollar in Richtung Leverkusen. 2011 klopften die Bayern an, doch Vidal gab Juventus den Zuschlag und begründete: "Juve ist eine Institution und Italien liegt meinem Latino-Gemüt eben besser. Von Phänomenen wie Buffon, Pirlo oder vergangenes Jahr Del Piero zu lernen, hilft mir, ein kompletterer Spieler zu werden."

Dabei drohte Vidal in Turin anfangs die Rolle des Edel-Jokers, weil die Pläne von Trainer Antonio Conte keinen Platz in der Startformation bereithielten. "Arturo stieß wegen der Copa America als letzter zum Kader", erinnert sich der Coach. "Es ist eine Sache, Spieler auf Videos zu analysieren, eine andere, sie live zu begutachten. Man sah gleich, was für eine Granate und wichtiger Baustein er war." In Contes beabsichtigtem 4-2-4 musste der Chilene auf der Bank Platz nehmen - kurzfristig.

Verbandssperre wurde reduziert



"Das konnte ich nicht lange durchziehen. Für Arturo änderte ich die taktische Ausrichtung, denn man wäre ja wahnsinnig, einen zwischen Pirlo, Marchisio und Vidal zu ignorieren." So modifizierte der Coach das System in der Folge zunächst in ein 4-3-3, später zum 3-5-2 und erntete überzeugende Resultate. In der Serie A sucht das Mittelfeld-Trio Seinesgleichen, auch unter den letzten Acht der Champions League gehört es zweifelsohne zum elitären Kreis.

Auch die Nationalelf beugte sich seiner Unverzichtbarkeit. Ende 2011 überzogen Vidal und vier Teamkollegen den Zapfenstreich um 45 Minuten und präsentierten sich dabei angeblich vergnügt angetrunken. Vidals Version klang kaum überraschend differenzierter: "Wir waren bei der Tauffeier des Sohnes eines Teamkollegen und kamen 30 Minuten zu spät. Aber ich hatte keinen Tropfen Alkohol getrunken." Der Verband erteilte eine heftige Sperre über zehn Partien, die man im April 2012 auf fünf reduzierte. Man wäre bekanntlich wahnsinnig, "König Artur" auf lange Zeit zu ignorieren.

Heimlicher Top-Player bei Juve



Laut Ex-Juventino Paolo Rossi ist Vidal das eigentliche Geheimnis des Turiner Erfolges: "Ein kompletter Ausnahmeprofi, der kaum einen Zweikampf verliert, Bälle erobert und sich immer wieder in den Angriff einschaltet. Vidal ist der heimliche Top-Player im Team." Das unterstreichen seine überragenden Zweikampfwerte und Torquote: Der Chilene hält Regisseur Pirlo stets den Rücken frei und resümiert gleichzeitig 17 Treffer in 72 Einsätzen.

An die Bayern denkt er womöglich ungern zurück. Mit Leverkusen langte es in acht Duellen zu keinem Sieg (drei Remis, fünf Niederlagen), zudem kassierte Vidal bei seinem letzten Auftritt die höchste Pleite seiner vierjährigen Bundesliga-Karriere (1:5). Allerdings reist er am Dienstag mit anderen Trikotfarben und potenzierter Kaderqualität an. "Ich erlebe die beste Phase meiner Karriere und spiele für einen der größten Vereine der Fußballgeschichte. Angst ist ein Tabu, wenn du das Trikot von Juventus trägst." Die Bayern könnten ähnlich argumentieren.

Oliver Birkner