"Keiner dreht sein eigenes Ding"
Leverkusen - Zusammen mit dem 1. FSV Mainz 05 und Hannover 96 gehört der SC Freiburg zu den großen Überraschungsteams der Hinrunde. Nach dem verdienten 2:2-Unentschieden in Leverkusen überwintern die Breisgauer mit 28 Punkten auf Platz 6.
In der BayArena war Stefan Reisinger mit einem Tor und einem Assist der herausragende Spieler des Sport-Clubs. Der 29-Jährige vertrat den gesperrten Torjäger Papiss Cisse (bislang 13 Treffer) ausgezeichnet und stand im exklusiven Interview mit bundesliga.de Rede und Antwort.
bundesliga.de: Stefan Reisinger, der SC Freiburg hat 2:2 in Leverkusen gespielt. Was ist denn schief gelaufen, dass der Sport-Club zum ersten Mal in dieser Saison Unentschieden gespielt hat?
Stefan Reisinger (lacht): Wir haben nach der 2:1-Führung versäumt, mit einem richtig guten Konter das dritte Tor zu machen. Oder wir hätten das 2:1 länger halten müssen. Dann verlieren wir im Mittelfeld unglücklich den Ball und bekommen einen Konter zum Ausgleich. Wenn das nicht passiert wäre, hätten wir auch drei Punkte mitnehmen können. Aber man muss auch sagen, das Leverkusen eine super Mannschaft hat. Wir haben es über 90 Minuten sehr gut gemacht, wenig Torchancen zugelassen. Das erste Gegentor war ein Elfmeter. Insgesamt ist uns hier ein gutes Spiel gelungen.
bundesliga.de: Der SC Freiburg hat 28 Punkte auf dem Konto und steht auf Platz 6. Müssen Sie sich manchmal kneifen, wenn Sie auf die Tabelle blicken?
Reisinger: Kneifen muss ich mich nicht. Wir schauen uns die Tabelle gerne an, keine Frage. Aber wir dürfen nicht nachlassen. Es ist immer noch alles recht eng beieinander. Wir müssen weiterhin unsere Leistungen bringen. Dann bin ich überzeugt, dass wir schnellstmöglich unser Ziel erreichen.
bundesliga.de: Das Ziel ist der Klassenerhalt. Gucken Sie in der Tabelle immer noch eher nach unten, um zu sehen, wie groß der Vorsprung auf Platz 16 ist? Oder ist auch der Blick nach oben erlaubt?
Reisinger: Bis jetzt schauen wir noch auf Platz 16. Aber je früher wir unsere Punkte zusammenheimsen, je eher schauen wir nach oben.
bundesliga.de: Was ist denn das Erfolgsgeheimnis des Sport-Clubs?
Reisinger: Unser großes Erfolgsgeheimnis ist das Team insgesamt, der Zusammenhalt, dass jeder für jeden alles gibt und jeder Gas gibt. Die Mannschaft ist charakterlich einfach top. Jeder gibt alles, keiner dreht hier sein eigenes Ding. Der Verein hat eine sehr gute Zusammenstellung gemacht. Wir werden auch vom Trainer sehr gut auf die Spiele eingestellt. Er nimmt manchmal auch während des Spiels noch kurzfristig ein, zwei Umstellungen vor, die dann meistens sehr gut fruchten. Wir haben viel Selbstvertrauen getankt und dadurch eine gewisse Sicherheit. Wir sind davon überzeugt, dass es gut läuft.
bundesliga.de: Sind die 28 Punkte, die der SC Freiburg in der Hinrunde geholt hat, das sportliche Optimum oder ist noch Luft nach oben?
Reisinger: Was heißt Optimum? Perfekt ist man nie. Es ist immer Luft nach oben. Wir stehen jetzt nicht schlecht da und müssen schauen, dass wir das in der Rückrunde bestätigen. Man träumt sicher davon, dass man sich da oben festigt.
bundesliga.de: "Nicht schlecht dastehen" ist ein nettes Understatement.
Reisinger: Es ist ja erst eine Halbserie gespielt. Jetzt ist noch keiner abgestiegen, noch keiner Meister.
bundesliga.de: Aber der Sport-Club hat jetzt schon fast so viele Punkte wie die 35 aus der letzten Saison eingefahren.
Reisinger: Aber das Punkteniveau ist in dieser Saison auch höher. Die Mannschaften unten haben auch schon 17, 18 Punkte auf dem Konto. Zehn Punkte sind schnell verspielt. Bochum hatte letzte Saison zehn Punkte Vorsprung auf uns und ist abgestiegen.
bundesliga.de: Wie sind Sie selbst mit Ihrer persönlichen Entwicklung zufrieden?
Reisinger: Ich bin mit der Saison sehr zufrieden. Nicht nur mit der Torausbeute (bislang drei Tore, die Red.), sondern auch der Vorlagenquote. Für mich ist das Problem, dass wir meistens mit einem Stürmer spielen. Papiss Cisse hat das bislang hervorragend gemacht und sehr viele Tore geschossen. Da war auch der Druck vor dem Spiel in Leverkusen schon groß. Mir blieb als Stürmer fast nichts anderes übrig, als auch zu treffen. Aber ich fühle mich sehr gut, die Mannschaft hat mich sehr gut unterstützt. Ich war froh, dass ich mit einem Tor und einer Vorlage meinen Beitrag leisten konnte.
bundesliga.de: Also ist der Sport-Club nicht von einzelnen Spielern abhängig, sondern kann das Fehlen einiger Spieler wie ja auch in der Abwehr kompensieren?
Reisinger: Genau. Johannes Flum hat das beispielsweise hervorragend gemacht auf der Position, die er zum ersten Mal gespielt hat. Das war toll, das zeichnet uns aus. Wir sind ein gutes Team.
bundesliga.de: Zum Rückrundenstart geht es nach St. Pauli, dann kommt Nürnberg.
Reisinger: Da müssen gleich wieder etwas Zählbares holen, dann kommen wir unserem Ziel näher.
bundesliga.de: Mit zwei Siegen greifen Sie dann noch einmal die Champions League-Plätze an.
Reisinger: Wenn es nach mir ginge, könnten wir auch gerne Meister werden. Aber Spaß beiseite. Wenn wir die 40 Punkte haben, schauen wir, was noch geht.
Das Interview führte Tobias Gonscherowski