1899 Hoffenheims Förderer Dietmar Hopp sagt: "Wenn nur Tradition der Maßstab ist, dann bleibt die Bundesliga eine geschlossene Gesellschaft"
1899 Hoffenheims Förderer Dietmar Hopp sagt: "Wenn nur Tradition der Maßstab ist, dann bleibt die Bundesliga eine geschlossene Gesellschaft"

"Kein Verein kommt ohne Geldgeber aus"

xwhatsappmailcopy-link

Sportlich hat 1899 Hoffenheim im Jahr 2007/2008 den Aufstieg in die Bundesliga geschafft. Anteil daran hatte auch SAP-Gründer Dietmar Hopp, der größter Förderer des Clubs ist. Hoffenheimer Offizielle, Spieler, Fans und vor allem Hopp sehen sich seither immer wieder Anfeindungen ausgesetzt.

Im Rahmen der DFL-Vollversammlung für Fanbeauftragte in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena diskutierte Hopp mit den Fanbeauftragten über Vorwürfe, Vorurteile und Ängste - und über das Thema Tradition. Im Anschluss daran stand er für ein Interview bereit.

bundesliga.de: Herr Hopp, können Sie nachvollziehen, warum Ihre finanzielle Förderung für Missfallen sorgt?

Dietmar Hopp: Kein Verein kommt ohne Geldgeber aus. Wo ist der Unterschied zu Schalke, das viel Geld von Gazprom erhält oder zu den Bayern, die viel Geld von Audi bekommen? Den Unterschied sehe ich nicht.

bundesliga.de: Sind Fans ungerecht?

Hopp: Ja, aber dafür habe ich vollstes Verständnis. Vielleicht sollte man eher sagen, Sie sind parteiisch, weil sie einseitig sind und ihr Herz logischerweise nur für eine Mannschaft schlägt.

bundesliga.de: Überrascht Sie manchmal die Wucht und Bedeutung, die die Bundesliga ausübt?

Hopp: Das überrascht mich nicht. Die Bundesliga hat sich in alle Gesellschaftsschichten vorgearbeitet und wird ja auch medial außergewöhnlich begleitet. Da ist es normal, dass auch viel über neue Entwicklungen gesprochen wird. Wobei die Wucht der Kritik an 1899 Hoffenheim mich schon überrascht hat.

bundesliga.de: Wird Ihrer Ansicht nach das Thema Tradition überbewertet?

Hopp: Wenn nur Tradition der Maßstab ist, dann bleibt die Bundesliga eine geschlossene Gesellschaft. Das ist für mich schwer nachvollziehbar. Es muss ein Kommen und Gehen geben, sonst haben wir Verhältnisse wie in den Ligen in Amerika. In der Metropolregion Rhein-Neckar mit seinen 2,5 Millionen Menschen hat Spitzenfußball außerdem eine lange Tradition. Aber viele Traditionsvereine spielen heute im Profi-Fußball keine Rolle mehr. In meiner Jugend wurde der VfR Mannheim 1949 Deutscher Meister im Endspiel gegen Borussia Dortmund.

bundesliga.de: Bekommen Sie beim Begriff Traditionsverein Bauchschmerzen?

Hopp: Ich verstehe nicht, dass so ein Begriff heute derart hochstilisiert wird. 1899 Hoffenheim hat sich die Klassenzugehörigkeit sportlich verdient. Natürlich auch mit Hilfe von Sponsoren, aber das gilt für alle Teams in der Bundesliga.

bundesliga.de: Haben Sie Ihr Engagement bei 1899 schon manchmal bereut?

Hopp: Bereut habe ich es nie. Man erfährt ja auch viel Sympathie dafür. Aber manche Art von Kritik macht einen schon nachdenklich. Ich frage mich daher oft, wie ich die Menschen davon überzeugen kann, dass ihnen aus Hoffenheim keine Gefahr droht.

bundesliga.de: Wofür engagieren Sie sich neben dem Spitzensport?

Hopp:Die Dietmar Hopp Stiftung fördert Jugendliche in der Metropolregion Rhein-Neckar in den Sportarten Fußball, Handball, Eishockey und Golf. Nur die wenigsten Jugendlichen können später ihr Geld mit dem Sport verdienen, deshalb verfolgen wir auch ganzheitliche Ausbildungsansätze. Wir haben zum Beispiel das Projekt "Anpfiff ins Leben" realisiert, das auf den vier Säulen Sport, Schule, Beruf und Soziales basiert und mehrere Vereine darin unterstützt, ihre Jugendlichen fürs Leben fit zu machen.

Das Interview führte Stefan Kusche