Kein Platz für Verunsicherung

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Dortmund - Aufregend unaufgeregt gibt sich der BVB nach dem 1:1-Remis gegen Stuttgart: Enttäuschung ja - Verunsicherung nein! "Wir haben vieles richtig gemacht, nur die Ruhe hat manchmal gefehlt", stellt Trainer Jürgen Klopp ganz nüchtern fest.

Wer den Dortmunder Profis unmittelbar nach dem Abpfiff ins Gesicht blickte, musste Schlimmes befürchten. Herunterhängende Mundwinkel, frustrierte Blicke und dauerhaftes Kopfschütteln ließen vermuten, der BVB habe gerade eine derbe Klatsche kassiert. Und obendrein noch die Tabellenführung verloren.

Weiterhin souveräner Tabellenführer

Beides aber ist nicht mehr als Wunschdenken der Konkurrenz. Mit dem 1:1 gegen Stuttgart haben die Dortmunder ihre Stellung als Ligaprimus souverän gehalten - und doch war es eine gefühlte Niederlage und die Enttäuschung diesmal groß. Gespeist wurde sie allerdings weniger aus der Tatsache, dass man zum dritten Mal in dieser Saison ein Heimspiel nicht gewinnen konnte. Schon gar nicht als Zeichen von Schwäche der bislang so souveränen Überflieger wollte dieses Unentschieden jemand deuten. "Wer sich von so etwas aus der Bahn werfen lässt, der war nie richtig drin", meint Jürgen Klopp.

Verunsicherung beim BVB? Fehlanzeige! "Das Remis beunruhigt uns nicht, schließlich haben wir nicht schlecht gespielt", bestätigt Jakub Blaszczykowski. Dass das Selbstvertrauen unter dem Ergebnis nicht gelitten hat, macht auch Kevin Großkreutz klar: "Wir werden nicht nervös. In der nächsten Woche hauen wir Wolfsburg weg!"

Einzig die Chancenvertwertung stimmt nicht

Verunsicherung gibt es auch deshalb nicht, "weil das ein Spiel war, was wir hätten eindeutig für uns entscheiden müssen", wie Mats Hummels meint. Anlass für die Enttäuschung war vielmehr der Ärger über die eigene Chancenverwertung. Oder um es mit den Worten von Jürgen Klopp zu sagen: "Wer nach dem Spielverlauf nicht enttäuscht ist, der hat nicht alle Tassen im Schrank."

Denn der BVB trat gegen Stuttgart wie gewohnt dominant auf und war über weite Strecken deutlich überlegen. Einzig die Chancenverwertung bewegte sich zwischen dürftig und mangelhaft. "Wir hatten sehr viele hochkarätige Chancen aber wir haben uns diesmal selbst bestraft, indem wir sie haben liegen lassen", so Marcel Schmelzer. Die Borussia machte den Sack nicht zu, weil sie zum einen nicht zielgerichtet, zum anderen zu unkonzentriert agierte. "Die Qualität der Chancen war unglaublich hoch - da muss einfach mehr als einer reingehen, wenn man konsequenter ist", ärgert sich Hummels.

21 Torschüsse, 1 Tor

Das Problem indes ist nicht neu für den BVB. Zwar erzielte kein anderes Team der Liga so viele Tore (43). Doch die Trefferquote bewegt sich gerade einmal im Bereich von rund 25 Prozent. Insgesamt 21 Torschüsse verbuchten die Dortmunder gegen Stuttgart, davon allein 15 in der 2. Halbzeit - unter dem Strich aber stand nur ein Treffer. "Manchmal wollten wir es vielleicht zu schön machen", gesteht Nuri Sahin ein.

Aber wo Schatten ist, da muss auch Licht sein. Chancen vergeben kann eben nur eine Mannschaft, die sich ihre Möglichkeiten zuvor auch erarbeitet hat. Oder wie im Falle des BVB in teilweise filigraner Art erspielt hat, wie beim Führungstor durch Mario Götze.

Abräumer Bender fehlt

Allerdings fand Jürgen Klopp auch Kritik am Offensivspiel seiner Elf. Der Trainer monierte die fehlende Ruhe und damit einhergehend zu viele einfach Ballverluste: "In manchen Situationen haben wir die Bälle zu früh in die Spitze gespielt und mussten dadurch unheimlich viel laufen."

Dass der BVB im Gegenzug defensiv einige Arbeit gegen den VfB verrichten musste und deutlich mehr Chancen zuließ als gewohnt, liegt für Hummels vor allem am Fehlen von Sven Bender. "Sahin und da Silva sind eher zwei Spielmachertypen, die nach vorne richtig viel machen und unglaubliche Pässe spielen. Aber sie sind es auch gewohnt, dass neben ihnen jemand wie Bender eher die defensive Arbeit verrichtet."

Großkreutz: "Wir werden daraus lernen"

War der BVB also zu sorglos gegen die Schwaben? "Es war ein bisschen zu viel Spielerei nach vorne mit ein bisschen zu wenig Denken nach hinten", meint Dortmunds Innenverteidiger. Wie beim Gegentreffer der Stuttgarter. "Wir fangen uns einen schnellen Konter ein bei eigener 1:0-Führung und das auch noch kurz vor Spielende. So etwas darf nicht passiert", stellt Hummels klar.

Weil aber die Enttäuschung an diesem Wochenende nicht das Selbstvertrauen verdrängt hat in Dortmund, geht der Blick von Großkreutz auch bei der Fehleranalyse schon nach vorne: "Wir dürfen uns natürlich nicht im eigenen Stadion auskontern lassen. Aber auch daraus werden wir lernen und den Fehler nicht noch einmal machen."

Vielleicht hatte Großkreutz bei diesen Worten ja auch schon das nächste Heimspiel im Kopf. Am 4. Februar. Gegen Schalke 04.

Aus Dortmund berichtet Dietmar Nolte