Torwart Loris Karius (r.) war beim 3:2-Sieg gegen Bremen der Matchwinner der Mainzer (© Imago)
Torwart Loris Karius (r.) war beim 3:2-Sieg gegen Bremen der Matchwinner der Mainzer (© Imago)

Karius: "Balotelli ist ein lieber Kerl"

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Bremen - Gerade mal 20 Jahre alt, zum zweiten Mal in der Bundesliga das Tor für den 1. FSV Mainz 05 gehütet - und schon ist Loris Karius nach dem über Werder Bremen der große Matchwinner. Nicht nur aufgrund der Verletztenmisere seiner Stammtorhüter kann es sich Trainer Thomas Tuchel kaum noch leisten, seinen Talisman wieder aus dem Kasten zu nehmen.

Ein wenig schien Karius die Luft anzuhalten, als er die Mixed-Zone in den Katakomben des Weserstadions betrat. Aber nicht vor Aufregung, er hatte das Trikot mit Werders Özkan Yildirim getauscht - und der ist 20 Zentimeter kleiner als er. "Wir kennen uns schon seit der U15-Nationalmannschaft", sagte Karius amüsiert über seinen hautengen Aufzug, "es ist immer schön, alte Freunde wiederzutreffen."

Jung ist er, dieser Loris Karius, aber eben doch schon einige Jahre dabei. Mit 15 Jahren verließ er den VfB Stuttgart Richtung Manchester City - schon damals galt Karius als großes Torwarttalent. Gegen Werder hatte er es untermauert, doch Karius nimmt den neuen Rummel um ihn ziemlich gelassen hin.

Frage: Herr Karius, zweimal dabei, zweimal gewonnen - an das Gefühl kann man sich gewöhnen, oder?

Loris Karius: Auf jeden Fall! Es gibt nichts Schöneres, als drei Punkte zu holen. Es gibt nichts Geileres! Nur schade natürlich, dass die Null nicht steht. Aber da muss ich heute mal drüber hinweg sehen.

Frage: Einen so erfolgreichen Torwart kann man doch eigentlich nicht mehr rausnehmen...

Karius: Das liegt ja nicht an mir. Ich kann mich nur anbieten und meine Leistung bringen. Der Rest liegt am Trainer.

Frage: Aber es scheint klar, dass Sie am Samstag gegen Dortmund wieder im Tor stehen?

Karius: Also Ansprüche stelle ich nicht. Aber wenn ich spiele, freue ich mich natürlich. Der Trainer wird schon wissen, was er macht...

Frage: Eigentlich schien die Partie nach dem 3:0 entschieden - warum wurde es am Ende doch noch spannend?

Karius: Das Ergebnis war schnell ziemlich deutlich, aber es hat sich nicht so angefühlt. Wir haben nicht so recht die Kontrolle über das Spiel bekommen. Bremen war eigentlich immer am Drücker und besonders bei Standards enorm stark. Da haben wir auch zu viele Fouls zugelassen. Wir haben gut verteidigt, aber trotzdem fiel dann fünf Minuten vor Schluss noch das Tor. Da ist es klar, dass es noch gefährlich wird.

Frage: Das war erst Ihr zweites Bundesligaspiel - waren Sie nervös?

Karius: Es ist eher Vorfreude bei mir, Nervosität spüre ich eigentlich nicht. Ich denke, es gibt nichts Schöneres: Ich bin 20 Jahre alt und mache jetzt mein drittes Spiel - das muss man einfach genießen. Ich habe gar keinen Grund, nervös zu sein.

Frage: Wie ist es mit der Unterstützung der Mannschaft? Ihre Position ist ja nicht gerade unwichtig...

Karius: Die Mitspieler versuchen mir zu helfen, und ich versuche, ihnen zu helfen. Das haben wir heute ganz gut hinbekommen. Zumindest bis zur 85. Minute (lacht).

Frage: Ihr Manager Christian Heidel sagte gerade, Sie seien jetzt der neue Talisman der Mainzer - das erhöht doch wohl jetzt ganz schön den Druck auf Sie, oder?

Karius: Nein, Druck ist das nicht - aber jetzt versuche ich natürlich, diese Serie so lange wie möglich aufrecht zu erhalten!

Frage: Ihr Trainer sagt dagegen über Sie, Sie wären ein Wettkampftyp, aber kein Trainingstyp. Was fehlt Ihnen da?

Karius: Ich habe in der Vergangenheit wohl unbewusst fünf oder zehn Prozent im Training zurückgeschraubt. Das sieht man dann. Aber gerade im letzten Monat habe ich auch im Training sehr gut gearbeitet. Das wird mir jetzt auch bewusst, dass es im Spiel dann noch besser geht, wenn man im Training Vollgas gibt. Da habe ich auf jeden Fall etwas dazu gelernt.

Frage: Sie haben ja schon einige Stationen hinter sich mit dem VfB Stuttgart und Manchester City. Wo haben Sie am meisten gelernt?

Karius: Das kann ich gar nicht so sagen, von jedem Torwarttrainer habe ich viel mitgenommen. In England wird noch mehr in Richtung Physis gearbeitet, weil es körperlich doch mehr zur Sache geht. Aber da war ich auch noch sehr jung, ich denke, dass ich erst seit einem Jahr richtig körperlich zulege. Das allein reicht aber nicht, man braucht auch das Gespür, die richtige Technik. Und die Spielpraxis hilft mir jetzt sehr, das merke ich.

Frage: Haben Sie den Schritt je bereut, so jung nach England zu gehen?

Karius: Auf keinen Fall. Ich habe für mich damals dort die bessere Perspektive gesehen. Da war der Verein auch noch nicht so riesig, wie der jetzt ist. Er wurde es erst, als ich dort war. Ich habe in der A-Jugend gespielt, bin dann hoch zu den Amateuren und wurde dritter Torwart. Bis ich mir das Kahnbein gebrochen habe, war ich immer bei den Profis dabei. Ich habe jeden Tag mit Weltklassespielern trainiert, das war schon eine tolle Erfahrung. Ich könnte das jedem nur raten.

Frage: Haben Sie noch Kontakt, zu Ihren Kollegen von damals?

Karius: Ja, gerade zu den Jüngeren wie Joe Hart, Jerome Boateng, Edin Dzeko oder Mario Balotelli. Die ganzen Jungs kenne ich gut, und wir haben noch Kontakt und tauschen uns aus.

Frage: Auch mit Balotelli? Der gilt doch als etwas verrückt...

Karius: Ab und zu ist er mal verrückt, aber wenn man ihn so als Kumpel kennt, ist es anders, als alles, was man so über ihn liest. Er ist ein lieber Kerl und mit ihm kann man auch normale Sachen unternehmen.

Aus Bremen berichtet Petra Philippsen