Paul Le Guen ist erst seit Juli 2009 Nationaltrainer Kameruns
Paul Le Guen ist erst seit Juli 2009 Nationaltrainer Kameruns

Kamerun nach WM-Aus zerstritten

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Zerrissen, zerfleischt, zerstört: Die gezähmten "Löwen" aus Kamerun haben mit ihrem vorzeitigen WM-Aus den Schwarzen Kontinent in eine Schockstarre versetzt.

"Oh no Africa!", titelte die südafrikanische Tageszeitung City Press am Sonntag, und verlieh den schlimmsten Befürchtungen Ausdruck: "Diese Veranstaltung könnte bald nur noch dem Namen nach eine afrikanische sein."

Zerstrittenes "Löwen"-Rudel

Kamerun muss als erstes Team die Koffer packen, dem Gastgeber droht das Aus, und vier der sechs afrikanischen Teams sind in ihrer Gruppe Letzter. Die Sunday Times verspottete die "Schmusetiger" aus Kamerun und titelte: "Ghana: Afrikas letzte Hoffnung." Und Kameruns Kapitän Samuel Eto'o klagte nach der 1:2 (1:1)-Niederlage gegen die Dänen in Pretoria: "Gott hat uns verlassen."

Dabei ist der Allmächtige nun wirklich der Letzte, der für das Debakel verantworlich zu machen ist. Mit der Aneinanderreihung fast unglaublicher Fehlleistungen haben die "Löwen" sich selbst aus der WM geworfen. Ein peinlicher Auftritt beim 0:1 gegen Japan, teaminterne Zerwürfnisse mit zwei "Deutschen" im Brennpunkt, Fehler von Trainer Paul Le Guen, Chancenwucher - die Reihung ließe sich fortsetzen.

"Es gab hier Konflikte und Meinungsverschiedenheiten zwischen Spielern und dem Trainer", sagte der Nürnberger Stürmer Eric-Maxim Choupo-Moting, als es vorbei war. Wie der Schalker Joel Matip stand er im Zentrum einer internen Revolte der Stars gegen die Jungen, an deren Ende sich das Duo gegen Dänemark auf der Bank wiederfand. "Es gab Missverständnisse und eine große Aussprache. Einige haben sich entschuldigt", sagte Matip. Geholfen hat das alles nicht.

Le Guen vor Abschied

Zwar spielte das laut FIFA-Weltrangliste beste afrikanische Team der Endrunde deutlich besser. Nach dem frühen 1:0 von Eto'o (10.) und dem Ausgleich durch Nicklas Bendtner (33.) hätte der Star selbst das 2:1 machen können - doch er traf nur den Pfosten (42.). Nach dem 1:2 durch Dennis Rommedahl (61.) rannten die Löwen wilder und wilder an, doch neben Eto'o fehlte ein zweiter Vollstrecker.

"Das ist die größte Enttäuschung meiner Karriere. Ich habe die ganze Saison über nur an diese WM gedacht - und jetzt ist sie nach zwei Spielen vorbei. Das ist hart", sagte Eto'o über das fünfte Aus in der Vorrunde bei Kameruns sechster WM-Teilnahme. Ein Sündenbock war schnell ausgemacht: der Trainer. "Ich, nur ich", sagte Le Guen auf die Frage, wer Schuld sei. Zurücktreten will er aber nicht.

Dass Le Guen ab Juli noch den "Löwen"-Dompteur geben darf, kann aber wohl ausgeschlossen werden. Im letzten Gruppenspiel gegen die Niederlande am Donnerstag will er "noch einmal für die Ehre dieses Landes spielen". Und dann? "Ich arbeite hier mit Hingabe und hoffe auf Respekt. Aber ich weiß, dass die WM ein Fehlschlag war", sagte der Franzose - und klang dabei wie ein Grabredner.

"Noch viel Arbeit vor uns"

Kollege Morten Olsen war überraschenderweise noch schlechter gelaunt. Die Abwehrfehler seiner Mannschaft, allen voran der des Ex-Schalkers Christian Poulsen vor dem 0:1, hatten ihn verärgert. "Wenn wir weiterkommen wollen, haben wir noch viel Arbeit vor uns", sagte er mit Blick auf das "Endspiel" gegen Japan am Donnerstag.

Immerhin: Im 15. WM-Spiel drehten die Dänen erstmals einen Rückstand um - dank Rommedahl, der den Ausgleich vorbereitete und das Siegtor schoss. Das Ekstra Bladet, das Rommedahl nach dem 0:2 gegen die Niederlande noch arg kritisiert hatte, leistete Abbitte: "Dennis Dynamite! Wir werfen uns vor ihm in den Staub!" Berlingske Tidende ging noch weiter: "Lass mich dich küssen, Dennis Rommedahl! Verdammt nochmal, wie ist doch ganz Dänemark verliebt in dich."