Jupps Endspiel: Im Finale vor der Vollendung
Berlin - Die beste Pointe kommt auch im Fußball immer zum Schluss: In seinem letzten Spiel als Trainer des FC Bayern kann Jupp Heynckes den letzten leeren Platz in seiner Trophäen-Sammlung füllen. Alle wichtigen Titel hat er gewonnen in seiner Trainer-Karriere - bis auf einen: den DFB-Pokal. Im Finale gegen den VfB Stuttgart am Samstag (ab 19:30 Uhr im Live-Ticker/Liga-Radio), seinem Abschiedsspiel als Bayern-Coach, will er diesen Makel tilgen.
Perfektionist bis zum Ende
"Wir sind alle gierig auf den Titel", betonte Heynckes auf der Pressekonferenz am Freitag: "Klar, dass ich auch persönlich den Pokal erringen möchte." 1984 scheiterte er mit Gladbach im Elfmeterschießen, 2012 kassierte er mit den Bayern eine böse 2:5-Finalpleite gegen Dortmund. "Es ist nicht so, dass es eine furchtbare Obsession ist", sagt Heynckes, fuchsen täte es ihn aber doch arg, wenn es erneut nicht hinhauen sollte. Denn selten standen die Chancen besser als in dieser Saison: Stuttgart tritt als krasser Außenseiter gegen die Über-Mannschaft aus München an, zumal Heynckes' Champions-League-Helden in Berlin noch das historische Triple schaffen können (Alles zum DFB-Pokal-Finale).
"Wenn ich wichtige Spiele verloren habe, habe ich immer große Kraft und Motivation daraus geschöpft", sagt Heynckes. So erklärt er sich das grandiose Jahr. Und so wie er seien auch seine Spieler gepolt. Selbst sechs Tage nach dem triumphalen Abend von Wembley lebt der Übungsleiter Entschlossenheit vor - und Gedanken an Wehmut verschwendet er dabei keinen einzigen. Aus der Rolle des Perfektionisten fällt er auch zum Abschied nicht.
Aber ist es denn nichts Besonderes für ihn, zum letzten Mal seine Spieler zu trainieren? Zum letzten Mal an der Seitenlinie zu stehen?
"Damit beschäftige ich mich nicht", sagt Heynckes. "Die Gedanken sind bei der Vorbereitung. Den Gegner studieren, ihn analysieren, ein Konzept entwickeln." Erst im Urlaub wolle er sich mit allem anderen befassen. Dass Heynckes sich auch über die Startelf Gedanken machen muss, dafür hat am Donnerstag der brasilianische Fußballverband gesorgt.
Telefonat mit Scolari
Dante und Luiz Gustavo mussten zur Nationalmannschaft nach Rio de Janeiro reisen, um ihre Teilnahme an der WM 2014 nicht zu gefährden.
Heynckes zeigte für die Vorgehensweise des Verbandes kein Verständnis, handelte dann aber im Sinne seiner Spieler: "Ich persönlich habe mich dafür stark gemacht, dass Sie nach Hause reisen", sagte er. Sogar den brasilianischen Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari rief er an, um die Abstellung zu verhindern, doch sie Südamerikaner blieben hart.
Für Dante und Gustavo rücken Diego Contento und Rafinha in den Kader. Daniel van Buyten wird Dante in der Startelf ersetzen.
Heynckes will sich bald zur Zukunft äußern
Ernsthafte Zweifel hegt bei den Münchnern aber niemand, dass die umgebaute Defensive dem VfB nicht standhalten könnte. Und auch für das passende Abschiedsfoto als Triple-Sieger wäre wohl gesorgt. "Wie ich den FC Bayern kenne, hat man die beiden anderen Trophäen schon mitgenommen", sagte Heynckes.
Zuletzt wurde spekuliert, dass er als Trainer von Real Madrid weitermachen werde. Angeblich soll Anatoliy Tymoshchuk das im russischen Fernsehen ausgeplaudert haben. "Ich war davon auch sehr überrascht", schmunzelte Heynckes: "Ich weiß nicht, wo Anatoliy das herhat."
Nach dem Endspiel werde er sich zu seiner Zukunft äußern - unter einer Bedingung: "Wenn ich gut aufgelegt bin. Wenn nicht, werde ich das in der ersten Juni-Woche machen."
Aus Berlin berichtet Andreas Messmer